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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III
Autoren: K. H. Scheer
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Ba­by­ge­sicht, das wie ei­ne Put­ten­phy­sio­gno­mie wir­ken wür­de, wenn es nicht ne­ben­bei noch mit blau­ge­äder­ten Hän­ge ba­cken ver­se­hen wä­re, ist der Herr der Hen­der­won Is­land Se­cu­ri ty Ad­mi­nis­tra­ti­on, na­he­zu un­um­schränk­ter Herr­scher über na­he­zu 20.000 Mann, de­ren Auf­ga­be es ist, die­sen wich­tigs­ten Stütz­punkt der Ge­hei­men-Wis­sen­schaft­li­chen-Ab­wehr ge­gen frem­de Ein­dring­lin­ge zu schüt­zen.
    Tor­pentouf ist mit sei­ner Um­schau zu­frie­den. Die Meß­ge­rä­te zei­gen die rich­ti­gen Wer­te, die Räu­me se­hen aus, wie sie aus­se­hen sol­len, und im ge­hei­men Trieb­werk­prüf­stand, den seit zehn Ta­gen kein Mensch mehr be­tre­ten hat, läuft wei­ter­hin der Dau­er­test ei­nes neu­en Plas­ma-Trieb­werk­pro­to­typs.
    Mi­ke Tor­pentouf führt sol­che Prü­fun­gen spo­ra­disch durch. Sie fal­len mit in sei­nen Auf­ga­ben­be­reich, und ob­wohl dem Com­pu­ter nach­ge­sagt wird, daß er die un­ter­ir­di­schen Räum­lich­kei­ten mit ei­ner Zu­ver­läs­sig­keit von 0,9999999 ge­gen je­den un­be­fug­ten Zu­tritt schützt, nimmt Tor­pentouf die­se Ab­stie­ge in die Un­ter­welt durch­aus ernst. Er ist in die­sem Me­tier groß­ge­wor­den, und er weiß, daß der Geg­ner stän­dig auf der Lau­er liegt. Er hat die Prü­fun­gen nicht zu ei­ner Rou­ti­ne ent­wi­ckelt. Er be­nützt ein Re­chen­pro­gramm, das wahl­los Num­mern er­zeugt, und er­mit­telt mit ih­rer Hil­fe die Zei­ten, zu de­nen er un­ter die Er­de fährt: un­vor­her­seh­bar, selbst für Mi­ke Tor­pentouf.
    Jetzt steht er auf und ver­läßt den Raum. Auf dem Rück­weg muß er sich den­sel­ben Prü­fun­gen un­ter­zie­hen wie beim Ein­tritt, denn: der Mann, der das Kon­troll­zen­trum ver­läßt, muß nicht not­wen­di­ger­wei­se der­sel­be sein, der es vor we­ni­gen Mi­nu­ten be­tre­ten hat. Ge­ne­ral­ma­jor Tor­pentouf be­tritt die klei­ne Kam­mer, die all­täg­li­chen Bü­ro­be­darf ent­hält, und fährt mit ihr wie­der in die Hö­he. Um 0928 ist er wie­der in sei­nem Bü­ro. Es sind in­zwi­schen kei­ne An­ru­fe für ihn ge­kom­men. Wenn es wel­che ge­ge­ben hat, hat McNaird sie ab­ge­fan­gen.
    Tor­pentouf be­ginnt mit der all­täg­li­chen Rou­ti­ne. Aus dem Plat­ten­spei­cher des Com­pu­ters ruft er die jüngs­ten Tä­tig­keits­be­rich­te sei­ner Stabs­of­fi­zie­re ab und läßt sie auf einen Da­ten­bild­schirm über­spie­len. Um 1003 summt der Mel­der des RA­DA-Emp­fän­gers (Ran­dom Ad­dress Dia­led Ac­cess). Tor­pentouf schal­tet das Ge­rät ein und er­kennt auf der Bild­flä­che vol­ler Er­stau­nen nicht das Ge­sicht der ge­setz­ten, ein we­nig ält­li­chen, je­den­falls aber bes­ten Krei­sen ent­stam­men­den Da­me, die sein Vor­zim­mer be­herrscht, son­dern die be­sorg­te Mie­ne sei­ner Frau, ei­ner jun­gen, hüb­schen Frau, die gar nicht so aus­sieht, als ge­hö­re sie zu dem be­leib­ten, kränk­lich wir­ken­den Mi­ke Tor­pentouf.
    Er sieht ihr an, daß sie Sor­gen hat. Ihr Ge­sicht ver­rät es, und zu­dem ver­mei­det sie es sonst, ihn wäh­rend der Dienst­stun­den an­zu­ru­fen.
    »Was gibt es, Jan­nie?«
    Sie heißt Ja­ni­ne. Den Ko­sen­a­men hat sie von ih­ren El­tern mit­be­kom­men.
    »Ein Brief für dich, Mi­ke«, ant­wor­tet sie.
    »Ein Brief?« Ver­blüff­tes Stau­nen auf Tor­pentoufs Sei­te. Wer schreibt heut­zu­ta­ge noch Brie­fe? »Von wem?«
    »Steht nicht drauf.«
    »Hast du ihn nicht ge­öff­net?«
    »Nein. Er ist an dich adres­siert, und die Vor­der­sei­te trägt den Ver­merk: Un­be­dingt nur vom na­ment­lich be­zeich­ne­ten Emp­fän­ger selbst zu öff­nen. Ge­hei­me Ver­trau­ens­sa­che von größ­ter Wich­tig­keit.«
    Mi­ke Tor­pentouf will die Sa­che als be­lang­los bei­sei­te­schie­ben, als einen dum­men Scherz, den sich ir­gend­ein Narr aus­ge­dacht hat. Aber er sieht die Angst in Ja­ni­nes Ge­sicht und be­schließt, sie nicht im Stich zu las­sen.
    »Ich kom­me, Lieb­ling«, ver­si­chert er ihr.
     
    McNaird ist nicht we­nig er­staunt, als ihm so früh am Mor­gen schon das Kom­man­do über­tra­gen wird. Aber Tor­pentouf ist ver­schlos­sen, will nichts sa­gen. Er scheint es ei­lig zu ha­ben.
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