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Showman

Showman

Titel: Showman
Autoren: Jason Dark
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Schultern an, weil er sie noch auf eine gewisse Distanz halten wollte. Sehr nah waren ihre Gesichter. Sie starrten sich an, und Doris sah den heimtückischen und hinterhältigen Augenausdruck des anderen, was ihr jetzt nichts mehr ausmachte. Sie stand in seinem Bann und freute sich darauf, daß ihr diese Person so zugetan war.
    »Weißt du denn, wer ich wirklich bin?« fragte er sie und brachte jedes Wort dabei knurrend hervor.
    »Der Showman.«
    »Ja, das war ich. Ich hatte eine Gruppe mit Musikern, aber ich habe sie getötet.«
    »Das weiß ich.«
    »Es macht dir nichts aus?«
    »Nein!«
    Er lachte rauh, als er seinen rechten Arm von ihr löste und mit seinen spitzen Fingernägeln über ihr Gesicht strich, was Doris schon einmal erlebt hatte. Nur nahm sie es diesmal anders auf. Sie fürchtete sich nicht davor, sie zuckte auch nicht zurück, sie war einfach froh, daß er es getan hatte, und sie gab sich dieser Berührung einfach hin, schloß sogar die Augen, während sie der Stimme lauschte, die nicht nur an ihre Ohren drang, sondern auch in ihren Kopf hineinschallte. Zumindest glaubte sie das. Er war regelrecht ausgefüllt.
    »Ich habe ein Alter, das für Menschen nicht zu begreifen ist. Uralt bin ich, und meine Geburt liegt in den Tiefen der Vergangenheit begraben. Man kennt mich, man hat mich schon vor Jahrtausenden und auch Jahrhunderten gesehen. Man wollte mich immer töten, mich, der aus dem Schlamm der Hölle entstanden ist, aber man hat es nicht geschafft. Ich war zu stark für die Menschen und habe es immer wieder verstanden, sie auszunutzen. Es gab einige, die glaubten, mich getötet zu haben. Zuletzt dein Freund, aber er hat sich geirrt. Selbst dem Feuer bin ich entkommen, denn ich blieb als feuchter Schlammhaufen zurück und konnte mich wieder regenerieren. Es dauerte eine Zeit, aber ich habe es geschafft. Ich bin kein Schlamm mehr, ich bin so, wie ich mich gern sehe. Ich habe mir die Köpfe meiner Musiker geholt, denn ich habe ihr Leben aufgesaugt. Sie haben mir die Kraft gegeben, sie haben durch die Abgabe ihrer Seelen dafür gesorgt, daß der alte Höllenschlamm, der Jahrtausende alt ist, wieder lebte und zurück zu seinen ehemaligen Kräften fand.«
    »Ja…«
    »Verstehst du das?«
    »Ja«, hauchte sie wieder.
    »Das ist gut, Doris, denn nun bist du wichtig für mich, sehr wichtig sogar. Du bist die wichtigste Person im Moment, und du wirst es auch bleiben. Ich habe mich euch als schöner Mann gezeigt.« Er kicherte. »Ihr seid überrascht gewesen, das hat mich gefreut, denn der Höllenschlamm kann sich verändern und andere Gestalten annehmen. Das alles ist so geschehen, wie ich es haben wollte. Es war einfach wunderbar für mich, und ich bin dem Schicksal sehr dankbar. Es hätte alles perfekt sein können, wenn mich da nicht jemand gestört hätte. Die beiden Männer, die bei euch waren. Von ihnen ging etwas aus, das mich zunächst zwang, von ihnen fernzubleiben. Ich habe versucht, sie zu töten, es ist mir nicht gelungen, weil sie von gewissen Abwehrkräften umgeben waren, aber ich habe sie beeinflussen und lethargisch machen können, damit es dir gelang, das Haus zu verlassen und zu mir zu kommen.«
    »Das weiß ich.«
    »Schön, und jetzt bist du hier.« Er grinste sie noch breiter an, und Doris wich seinem Blick auch nicht aus. Ihr war klar, daß sie zu ihm gehörte, und sie wollte auch nicht mehr aus seiner Reichweite verschwinden. Sie schaffte es sogar, die Hände auf seine Schultern zu legen.
    Beide blieben ruhig.
    Aber die Frau spürte, daß etwas mit ihr geschah. Sie konnte es nicht beschreiben, und sie wehrte sich auch nicht, als sie an ihn herangezogen wurde. Für einen Moment spürte sie die Berührung seines Körpers. Es war nur ein leichter Druck, nicht mehr, und er war auch bald verschwunden. Da aber kam es der Frau vor, als würde sie schweben. Sie hatte plötzlich den Kontakt mit dem Boden verloren. Eine nicht erklärbare Kraft riß ihr die Beine weg, sie schwebte in der Luft, aber sie glitt nicht höher, sondern nur nach vorn, immer weiter nach vorn, hinein in… Ja, wohin denn?
    Sie wußte es nicht. Für Doris Carter waren die Grenzen plötzlich aufgehoben worden. Alles war anders. Sie fühlte sich frei wie ein Vögel, der immer weiter nach vorn flog, aufstieg, segelte und Grenzen überwand, hinein in unbekannte Regionen und ferne Länder.
    Weg, nur weg…
    Sie hielt die Augen offen und sah trotzdem nicht viel. Spiralen tauchten auf, sie drangen durch ihren Kopf in den Körper.
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