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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition)
Autoren: Martin Mandler
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verloren, weil sie von anderen Bildern überschattet werden.
    Es wird keiner mehr, jetzt nicht und auch in den nächsten Jahren werden die Menschen nicht mehr unvoreingenommen und gedankenlos hinnehmen, dass diese großen Bilder sie knebeln.
    Ich habe ihnen, nein, sie haben, wir alle haben den Bildern ihre Zerstörungskraft genommen und sie klein gemacht. Wir haben ihre Macht aus ihnen herausgeschossen, herausgeprügelt und herausgesprengt. Sie sind keine Vorbilder mehr. Schreckensbilder sind sie geworden. Es gibt keine Idole mehr. Keine Images. Bloß noch Opfer und Bilder von Opfern und von bestürzten Fans, die zu multimedialen Mahnmahlen geworden sind.
    Nein. Mahnmale sind es nicht. Aber sie sind schwach, diese Bilder. Sie können ihre Macht nicht mehr entfalten. Wir drängen sie zurück. Wir nehmen ihnen ihre suggestive Zerstörungskraft, wir weigern uns, indem wir die Bilder totschießen, verprügeln und sie aus unseren Köpfen hinaustreiben, weigern wir uns, dass uns diese Bilder weiterhin auf ihre unmerkliche aber umso perfidere und effizientere Art versklaven.
    Die Bildzeitung titelt mit
REVOLUTION!
Ich habe sie mir an der Tankstelle gekauft und einen kleinen Kaffee, den ich gemeinsam mit der Zeitung vor die Türe mitgenommen habe. Draußen lese ich die Namen derer, die gestorben sind. Sie ist lang geworden, die Liste dieser Namen. Ich habe nur ein paar zu ihr beigetragen. Er ist nicht mehr wesentlich, der Teil, den ich geleistet habe. Aber vielleicht, denke ich, vielleicht waren die Namen, die ich der Liste hinzugefügt habe, die wichtigsten. Waren sie entscheidend. Weil sie all das erst in Gang gesetzt haben.
    Ich überfliege die anderen Listen, die in ganz Europa aufgetaucht sind und die man in der Bildzeitung abdruckt. Es sind die Namen derer, die noch sterben werden. Nein, die sterben könnten.
    Im Radio berichten sie, dass die Werbeausgaben um 90 Prozent zurückgegangen sind. Dass Tageszeitungen und Magazine keine Anzeigenkunden mehr gewinnen können. Dass der Konsum am Boden liegt. Dass die Menschen bloß noch Lebensmittel kaufen. Dass Geschäfte geschlossen sind und geschlossen bleiben werden. Auf unbestimmte Zeit. Dass auch die Medien, Fernsehsender, Onlineredaktionen und Zeitungen alle Hände voll damit zu tun haben, überhaupt noch erscheinen zu können. Weil die Menschen nicht mehr aus dem Haus gehen, es zumindest, immer wenn sie es können, vermeiden, kauft auch niemand mehr Magazine und Zeitungen. Aber die Zugriffsraten auf Onlinemedien, so berichtet die Bild, wachsen täglich um mehrere Prozent. Es ist der endgültige Durchbruch der neuen Medien, denke ich. Wenigstens vorübergehend schaffen sie es, die alten Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Magazine beinahe vollständig vom Markt zu drängen. Nur dass der Markt kaum noch existiert. Weil Werbeeinblendungen auch online kaum noch eine Rolle spielen. Niemand wirbt, wenn die Geschäfte geschlossen sind und wenn Onlinehändler nicht mehr in der Lage sind, die Waren an die Käufer zu liefern. Es macht einfach keinen Sinn, die Menschen zum Kauf animieren zu wollen, wenn es keinen Ort mehr gibt, an dem sie ihre von außen in sie hineinanimierten Konsumbedürfnisse befriedigen können.
    PRO 7, sagen sie, wird das Programm praktisch einstellen. Wird nur mehr Traueranzeigen ausstrahlen. Mit den Bildern derer, die ermordet wurden. Und das, denke ich, ist genau was ich will. Sie verbreiten den Schrecken und die Angst nur weiter. Sie blasen sie auf. Die negativen Bilder werden beherrschend. Sie sind es, die jetzt überlebensgroß die Welt der Medien regieren. Und damit, dass Bild, Süddeutsche, Spiegel und all die anderen diese Bilder aufblasen, werden sie zu meinen Erfüllungsgehilfen, bringen sie die Bilder, die ich zu bekämpfen begonnen habe, zum Zerplatzen.
    Obama spricht. Sie berichten davon, dass auch er sich gegen diese Revolution gestellt hat. Dass er verkündet hat, alles in seiner Macht Stehende gegen diese Verbrecher zu unternehmen.
    Er lässt seine Hunde los. Jetzt auch offiziell. Und bin erstaunt, wie schnell die Panik auf die USA übergegriffen hat.
    Sie erzählen, dass jemand in Bel Air drei Villen überfallen hat. Mit automatischen Gewehren sind sie eingedrungen und haben wild um sich geschossen. Haben fünf oder sechs Menschen getötet.
    Inoffiziellen Berichten zufolge hat man auch Bruce erschossen. Nicht in Bel Air sondern in New York, im East Village. Und ich muss daran denken, dass er dort vor ein paar Jahren in ein Lokal investiert
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