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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition)
Autoren: Lauren Beukes
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auf die Seite einer Holzpritsche. Der Aufprall schleudert ihn seitwärts an die Kante eines selbstgebauten Ofens, wo er mit dem Brustkorb auftrifft, sodass es ihm den Atem aus den Lungen presst. Es fühlt sich an, als hätte er einen glatten Durchschuss am Knöchel, aber er hat keinen Schuss gehört. Er kann nicht einatmen, um zu schreien, und er geht in der Ölplane unter, die halb auf ihn gefallen ist.
    Dort entdecken sie ihn, wie er gegen die Plane kämpft und diesen Hurensohn verflucht, dem das Material oder das Geschick gefehlt hat, um einen ordentlichen Schuppen zu bauen. Die Männer versammeln sich am Rand des Unterschlupfs, bedrohliche Silhouetten hinter dem grellen Strahl ihrer Taschenlampen.
    «Du kannst nicht hierherkommen und einfach machen, was dir gerade einfällt», sagt Klayton mit Sonntagspredigerstimme. Harper kann endlich wieder atmen. Aber jedes Einatmen brennt wie ein Messerstich in seiner Seite. Er hat sich garantiert eine Rippe gebrochen, und am Fuß hat er sich noch schwerer verletzt.
    «Du musst deinen Nachbarn respektieren, und dein Nachbar muss dich respektieren», fährt Klayton fort. Harper hat ihn diesen Satz bei den Gemeindeversammlungen sagen hören, als er darüber redete, dass sie unbedingt versuchen müssten, mit den Ladenbesitzern auf der anderen Seite der Straße klarzukommen – denen, die ihnen die Behörden auf den Hals hetzten, damit Warnschilder an jedes Zelt und jede Hütte gehängt wurden, die die Bewohner der Hooverville anwiesen, innerhalb von sieben Tagen das Gelände zu räumen.
    «Schwer, jemanden zu respektieren, wenn man tot ist.» Harper lacht, auch wenn es sich mehr wie ein Keuchen anhört und sich sein Magen dabei vor Schmerzen zusammenzieht. Er denkt, dass sie Schrotflinten dabeihaben könnten, aber das ist unwahrscheinlich, und erst als der Strahl einer Taschenlampe von seinem Gesicht wegschwenkt, erkennt er, dass sie mit Rohren und Hämmern bewaffnet sind. Wieder verkrampft sich sein Magen.
    «Ihr solltet mich dem Gesetz übergeben», sagt er hoffnungsvoll.
    «Nee!», gibt Klayton zurück. «Die Cops haben hier nichts zu suchen.» Er wedelt mit seiner Taschenlampe. «Zieht ihn raus, Jungs. Bevor noch unser Chinamann Eng zu seinem Loch zurückkommt und diesen dreckigen Abschaum dort drin sitzen sieht.»
    Und jetzt folgt das nächste Zeichen, so klar wie die Morgendämmerung, die hinter der Brücke langsam über den Horizont kriecht. Bevor Klaytons Schläger herunterklettern können, fängt es an zu regnen, schneidende Tropfen, kalt und hart. Und von der anderen Seite des Lagers ruft jemand: «Polizei! Das ist eine Razzia!»
    Klayton dreht sich um und verhandelt mit seinen Männern. Sie klingen wie Affen mit ihrem Geschnatter und den wedelnden Armen, aber dann jagt ein Flammenstoß durch den Regen, leuchtet bis weit hinauf in den Himmel und setzt ihrer Unterhaltung ein Ende.
    «Hey, lassen Sie das …» Ein Schrei hallt von der Randolph Street herüber. Gefolgt von einem weiteren. «Sie haben Petroleum!», brüllt jemand.
    «Auf was wartet ihr noch?», fragt Harper ruhig in den trommelnden Regen und den Aufruhr.
    «Du bleibst, wo du bist.» Klayton richtet sein Rohr auf ihn, während sich die Silhouetten zurückziehen. «Wir sind noch nicht fertig mit dir.»
    Ohne auf das kratzende Geräusch zu achten, das seine Rippen machen, stützt sich Harper auf den Ellbogen zum Sitzen hoch. Er beugt sich vor, greift nach der Plane, die an einer Seite immer noch oben an ihren Nägeln hängt, und zieht daran, fordert das Unvermeidliche heraus. Aber die Plane hält.
    Über sich hört er den herrischen Ton des Majors, dessen Stimme sich schrill über den Konflikt erhebt, als er irgendwelche Leute anschreit. «Haben Sie für das hier einen Gerichtsbeschluss? Denken Sie wirklich, dass Sie einfach so hierherkommen und die Häuser der Leute niederbrennen können, nachdem wir schon einmal alles verloren haben?»
    Harper packt eine dicke Falte der Plane, stemmt sich mit dem unverletzten Fuß an dem umgestürzten Ofen hoch und zieht sich nach oben. Sein Knöchel schlägt gegen die Erdwand, und ein greller Schmerzblitz, so klar wie Gott selbst, blendet ihn. Er würgt, hustet eine klebrige Mischung aus Spucke und rot durchsetztem Schleim heraus. Er klammert sich an die Plane und blinzelt heftig gegen die schwarzen Löcher, die in seinem Sichtfeld aufblühen, bis er wieder sehen kann.
    Die Rufe verschwinden im trommelnden Regen. Er muss sich beeilen. Er zieht sich eine Handbreit nach
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