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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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der Zeit, als das terranische Imperium sich unter den Sternen ausbreitete – das Schiff ausgeschickt hat. Ich weiß, wie viele Jahre seitdem auf Darkover vergangen sind. Doch selbst der genaueste Historiker vermag die beiden Daten nicht miteinander in Einklang zu bringen. Ich hatte den Versuch längst aufgegeben.
    Auch bin ich nicht der Einzige mit einer tief im DNA meiner Zellen eingebrannten, hoffnungslos zerrissenen Loyalität. Meine Mutter ist auf der Erde unter diesem unmöglich blauen Himmel und diesem farblosen Mond geboren worden, und doch hat sie Darkover geliebt, meinen darkovanischen Vater geheiratet und ihm Söhne geboren, und endlich wurde sie in den Kilghardbergen auf Darkover in einem nicht gekennzeichneten Grab zur Ruhe gebettet.
    Und ich wünschte, ich läge neben ihr …
    Einen Augenblick war ich mir nicht sicher, ob dieser Gedanke nicht doch mein eigener sei. Dann schloss ich ihn wütend aus. Mein Vater und ich waren einander zu nahe … nicht in der normalen Verbundenheit einer telepathischen Comyn-Familie (obwohl schon das den Terranern um uns recht eigentümlich vorgekommen wäre), sondern in einer Verstrickung von gemeinsamen Ängsten und gemeinsamen Verlusten … geteilten Erfahrungen und Schmerzen. Ich werde von der Kaste meines Vaters als Bastard betrachtet, weil meine Mutter Halb-Terranerin war, und mein Vater hat endlose Mühen auf sich genommen, damit ich als Comyn-Erbe anerkannt wurde. Bis heute weiß ich nicht, ob er es meinet- oder seinetwegen tat. Mein vergebliches Aufbegehren hatte uns alle in die fehlgeschlagene Rebellion unter den Aldarans verwickelt und Sharra …
    Sharra. In meinem Geist brennendes Feuer … Bild einer Frau aus Flammen, in Ketten, ruhelos, flatterndes Flammenhaar, das ein Feuersturm hebt … steigend, verzehrend … Marjorie, vom Feuer ergriffen, schreit, stirbt …
    Nein! Gnädige Avarra, nein …
    Dunkelheit, Schwärze. Alles ausschließen. Ich schließe die Augen und senke meinen Kopf, gehe fort, da ist nichts, gar nichts …
    Schmerz. Flammende Qual in meiner Hand …
    »Ist es so schlimm, Lew?« Ich spürte die beruhigenden Gedanken meines Vaters hinter mir. Ich nickte, biss die Zähne zusammen, schlug den schmerzenden Stumpf meiner linken Hand gegen das Geländer, ließ mich von der fremden Kälte der weißen Mondsichel überfluten.
    »Verdammt noch mal, mir fehlt nichts. Hör auf …« Ich suchte nach dem richtigen Wort, und mir fiel nichts ein als: »Hör auf, ständig teilzunehmen.«
    »Was soll ich denn sonst tun? Ich kann es nicht ausschließen«, antwortete er ruhig. »Du hast – wie soll ich sagen? – mit voller Kraft gesendet. Sobald du deine Gedanken für dich behalten kannst, werde ich dich mit ihnen allein lassen. Im Namen aller Götter, Lew, ich bin zehn Jahre lang Techniker im Arilinn-Turm gewesen!«
    Er ging nicht in Einzelheiten. Das brauchte er auch nicht. Drei Jahre lang, vielleicht die glücklichsten Jahre meines Lebens, war auch ich Matrix-Mechaniker im Arilinn-Turm gewesen und hatte mit den komplizierten Matrix-Kristallen gearbeitet, die die Gedanken von Telepathen zusammenschließen, um unsere an Metallen und Maschinen arme Welt mit einem Kommunikationsnetz und Technologie zu versorgen. In Arilinn hatte ich gelernt, was es bedeutet, Telepath zu sein, Comyn unserer Kaste mit dem ererbten Geschenk oder Fluch, den eigenen Geist mit dem anderer verbinden zu können und hypersensitiv auf die gedanklichen Ausstrahlungen um mich zu reagieren. Man lernte, andere nicht zu belauschen, man lernte, anderen die eigenen Gedanken nicht aufzudrängen, nicht verletzt zu werden durch die Schmerzen, die Not anderer, von äußerster Empfänglichkeit zu bleiben und gleichzeitig zu leben, ohne sich aufzudrängen oder zu fordern.
    Auch ich hatte das alles gelernt. Aber meine Kontrolle war von der Matrix der neunten Ebene ausgebrannt worden, die ich wahnsinnigerweise mit einem Kreis halb ausgebildeter Telepathen zu handhaben versucht hatte. Vergeblich war unsere Hoffnung gewesen, die alte, hoch entwickelte darkovanische Technologie wieder zu erwecken, wie sie uns als Legende aus dem Zeitalter des Chaos überliefert ist. Und dabei hätten wir es beinahe geschafft, indem wir mit den alten Künsten experimentierten. Vom gewöhnlichen Volk auf Darkover werden sie Zauberei und Magie genannt, doch wir wussten, dass es sich dabei in Wahrheit um eine komplizierte Wissenschaft handelt. Mit ihr hätte sich praktisch alles erreichen lassen – auch die Erzeugung von
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