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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar
Autoren: Bernard Cornwell
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nahe beim Haus. Er hatte bemerkt, dass die leere Sänfte durch einen engen und dunklen Durchgang neben dem Gebäude zu einem Hof hinter dem Haus getragen worden war und man sich von dort aus Nana Rao von hinten nähern konnte. Aber jeder der Bettler, der es wagte, sich dem Durchgang zu nähern, wurde von den Leibwächtern mit Prügeln vertrieben. Die Bittsteller durften in kleinen Gruppen die Treppe hinaufgehen, doch die Bettler mussten warten, bis das Hauptgeschäft des Abends abgewickelt war.
    Sharpe nahm an, dass es eine lange Nacht werden würde. Er zog die Kapuze des Mantels tiefer über den Kopf, um sein Gesicht zu verbergen, hockte sich an die Wand und wartete auf eine Gelegenheit, in den Durchgang neben dem Haus zu schlüpfen.
    Ein Diener, der das äußere Tor bewacht hatte, schob sich jetzt durch die Menge und flüsterte etwas in Panjits Ohr. Für einen Moment wirkte der Händler alarmiert, und Stille senkte sich über den Hof, dann flüsterte er etwas zu Nana Rao, der daraufhin mit den Schultern zuckte. Panjit klatschte in die Hände und rief nach den Leibwächtern, die daraufhin energisch die Bittsteller so zurückdrängten, dass sie eine Gasse zwischen dem Tor und der Treppe bildeten.
    Jemand näherte sich dem Haus, und Nana Rao trat nervös in den tiefen Schatten hinten auf der Veranda zurück.
    Der Weg in den Durchgang neben dem Haus wäre jetzt für Sharpe frei gewesen, doch die Neugier ließ ihn verharren.
    In der Gasse entstand Lärm. Es klang wie das Stimmengewirr und Gedränge, das stets einen Trupp Polizisten begleitete, der durch die engen Straßen von London marschierte. Dann wurde das äußere Tor ganz aufgeschoben, und Sharpe starrte erstaunt hin.
    Eine Gruppe britischer Seeleute stand in dem Tor, angeführt von einem Captain, tadellos gekleidet mit Zweispitz, blauem Gehrock, Seidenhose und Strümpfen, Schuhen mit Silberschnallen und einem Degen. Die goldenen Litzen glitzerten auf seinen Epauletten. Er nahm seinen Zweispitz ab und enthüllte dichtes blondes Haar, lächelte und verneigte sich.
    »Habe ich die Ehre, das Haus von Panjit Lashti zu besuchen?«, fragte er.
    Panjit nickte vorsichtig. »Dies ist das Haus«, antwortete er auf Englisch.
    Der Captain setzte seinen Zweispitz auf. »Ich bin wegen Nana Rao gekommen«, erklärte er freundlich und mit unverkennbarem Devonshire-Akzent.
    »Er ist nicht hier«, sagte Panjit.
    Der Captain blickte zu der Gestalt im roten Gewand im Schatten der Veranda. »Sein Geist reicht schon.«
    »Ich habe Ihnen geantwortet«, sagte Panjit, und seine Stimme klang jetzt wütend. »Er ist nicht hier. Er ist tot.«
    Der Captain lächelte. »Mein Name ist Chase«, stellte er sich höflich vor, »Captain Joel Chase von der Marine Seiner britannischen Majestät, und ich wäre Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie Nana Rao bitten würden, mit mir zu kommen.«
    »Seine Leiche ist verbrannt und die Asche im Fluss verstreut. Warum suchen Sie ihn nicht dort?«
    »Er ist so wenig tot wie Sie und ich«, sagte Chase, und dann winkte er seinen Männern. Er hatte ein Dutzend Matrosen mitgebracht, alle identisch gekleidet mit weißer Leinenhose und Hemd und Strohhüten mit roten und weißen Bändern. Sie hatten lange Zöpfe und trugen dicke Stöcke, die Sharpe für Belegnägel hielt. Ihr Anführer war ein Hüne, auf dessen nackten Unterarmen Tätowierungen zu sehen waren. Neben ihm stand ein Neger, genauso groß, der seinen Belegnagel hielt, als sei er ein Zauberstab. »Nana Rao ...«, Chase gab nicht mehr vor, zu glauben, dass der Händler tot war, »... Sie schulden mir eine Menge Geld, und ich bin gekommen, um es zu kassieren.«
    »Mit welcher Befugnis sind Sie hier?«, fragte Panjit.
    Die Menge - die meisten der Männer verstanden kein Englisch - beobachtete nervös die Matrosen, aber Panjits Leibwächter, Chases Männern zahlenmäßig überlegen und ebenso gut bewaffnet, schienen begierig darauf zu sein, auf die Matrosen losgelassen zu werden.
    »Meine Befugnis«, sagte Chase lässig, »ist meine leere Brieftasche.« Er lächelte. »Sicherlich wollen Sie nicht, dass ich Gewalt einsetze.«
    »Setzen Sie nur Gewalt ein, Captain Chase«, erwiderte Panjit ebenso lässig, »und im Morgengrauen werden Sie vor einem Richter stehen.«
    »Ich werde freudig vor Gericht erscheinen«, sagte Chase, »wenn ich Nana Rao neben mir habe.«
    Panjit gestikulierte, als wolle er Chase und seine Männer von seinem Hof scheuchen. »Sie werden jetzt gehen, Captain. Verlassen Sie mein
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