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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung
Autoren: Bernard Cornwell
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der Stadt, an denen es keine Mauern gab und wo gefährlich steile Pfade von den Felsen hinabführten. Einige versteckten sich, denn sie dachten, dass der Zorn der Eindringlinge bald nachlassen würde. Diejenigen, die nicht entkommen und kein Versteck finden konnten, starben.
    Fliegen schwirrten im Palast, wo die Toten in der Hitze bereits stanken. Offiziere wanderten durch die Räume und staunten über die Armseligkeit. Sie hatten erwartet, einen weiteren Prachtbau wie den Palast des Tippu Sultan und einen Schatz aus Edelsteinen, Elfenbein und Seide zu finden, doch der Radscha von Berar war nie reich gewesen. Einige entdeckten die Keller und fanden die große Waffenkammer, waren jedoch mehr an den Fässern mit Bargeld interessiert. Aber als sie sahen, dass es nur Kupfermünzen waren, spuckten sie ärgerlich darauf. Eine Kompanie Sepoys fand eine Silberplatte und zerschnitt sie mit ihren Bajonetten. Syud Sevajee fand seinen Todfeind, den Mörder seines Vaters, aber Beny Singh war bereits tot. Sevajee konnte nur noch auf Beny Singhs Leichnam spucken.
    Unterhalb des Palastes planschten Rotröcke im See und stillten ihren Durst. Einige hatten ihre roten Uniformröcke auf Bäume gehängt, und ein zerlumpter Mann, der sich unbemerkt aus dem Palast gestohlen hatte, entwendete einen der Röcke und zog ihn an, bevor er zum eroberten Torhaus humpelte. Es war ein Weißer mit schmutziger Hose und zerschlissenem Hemd, der einen weißen Rock und eine schwarze Schärpe unter einen Arm geklemmt hatte. Sein Haar war lang und strähnig, und in seinem Gesicht zuckte es krampfhaft, als er über den Pfad schlurfte. Niemand nahm Notiz von ihm, denn er sah aus wie jeder der anderen Rotröcke, der spärliche Beute gefunden hatte, und so schlurfte Obadiah Hakeswill mit einem Vermögen an Juwelen in seiner schäbigen Kleidung nordwärts. Er hoffte, dass er nur durch das Tor und zum äußeren Fort gelangen musste, und dann würde er rennen. Aber wohin? Das wusste er noch nicht. Einfach rennen. Er war jetzt reich, aber er würde immer noch ein Pferd stehlen müssen. Im Lager gab es viele Offizierspferde, und vielleicht hatte er Glück und fand das Pferd eines gefallenen Mannes, sodass der Verlust ein paar Tage nicht bemerkt werden würde. Dann würde er südwärts reiten. Nach Madras. Und in Madras konnte er die Juwelen verkaufen, sich ordentliche Kleidung kaufen und ein Gentleman werden. Obadiah Hakeswill, der Gentleman. Dann würde er heimkehren. Heim nach England und dort ein reicher Gentleman sein.
    Er ignorierte die Rotröcke. Die Scheißer hatten gesiegt, und das fand er unfair. Er hätte ein Radscha sein können, aber jetzt war er wenigstens reich wie jeder Radscha, und so schlich er sich über den staubigen Pfad davon. Das Torhaus war nicht mehr weit entfernt. Voraus stand ein Offizier mit einem schottischen Breitschwert an der Schlangengrube und starrte hinein, dann wandte er sich ab und ging auf Hakeswill zu. Der Offizier war barhäuptig und sein Gesicht war blutig.
    Obadiah gab den Pfad frei und betete, dass er nicht bemerkt werden würde. Der Offizier ging an ihm vorbei, und Hakeswill stieß ein stummes Dankgebet aus und schob sich wieder auf den Pfad. Nur wenige Männer kamen jetzt noch durch das Tor, die meisten davon zu begierig darauf, sich am Plündern zu beteiligen, um einen einzelnen Mann zu beachten, der in die andere Richtung humpelte. Hakeswill grinste und war überzeugt, davonzukommen. Er würde ein Gentleman sein.
    Dann spürte Hakeswill eine Klingenspitze am Rücken und er erstarrte.
    »Ich habe dich seit Tagen gesucht, Obadiah«, sagte eine verhasste Stimme, und Hakeswill drehte sich um. Er blickte in Sharpes Gesicht, das halb bedeckt mit Blut war. Deshalb hatte er den Offizier nicht erkannt, der neben der Schlangengrube gestanden hatte.
    »Ich war ein Gefangener«, jammerte Hakeswill, »ein Gefangener.«
    »Du bist ein verdammter Lügner.«
    »Lieber Gott, bitte hilf mir.« Obadiah tat, als hätte er Sharpe nicht erkannt und spielte das bedauernswerte Opfer, das geistigen Schaden erlitten hatte. Er zuckte und stöhnte, ließ Speichel aus seinem Mund tropfen und hob unterwürfig die Hände. »Eingesperrt«, jammerte er. »Die heidnischen Bastarde haben mich eingekerkert. Habe tagelang kein Tageslicht gesehen.«
    Sharpe neigte sich vor, packte das Bündel unter Hakeswills Arm und zog es hervor. Hakeswill versteifte sich, und Sharpe lächelte, als er es in den Augen des Sergeants zornig auffunkeln sah. »Willst du den
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