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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb
Autoren: Jonathan Kellerman
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Anstalten, mich aufzuhalten.
    Nachdem das Tor wieder ins Schloss gefallen war, deutete ich auf den armseligen Chevrolet und fragte verschwörerisch: »Der braune Kombi da - wissen Sie eigentlich, wem der gehört?«
    Er kam ganz nah ans schmiedeeiserne Torgitter heran:
    »Nein. Wem?«
    »Er gehört dem reichsten Mann auf dieser Party. Behandeln Sie den Wagen gut, der Eigentümer ist dafür bekannt, dass er dicke Trinkgelder gibt.«
    Sein Kopf zuckte herum, und er starrte den Kombi an. Ich ging los. Als ich mich umsah, hatte er angefangen, die Wagen herumzumanövrieren, um einen Freiraum für den Chevrolet zu schaffen.
    Hundert Meter hinter dem Tor hörte der Eukalyptuswald auf und wurde von einem englischen Rasen abgelöst, der bis auf Stoppeln gestutzt war und sich golfplatzartig in die Ferne erstreckte. Er war von kerzengeraden, kurz geschnittenen italienischen Zypressen und Beeten mit mehrjährigen Pflanzen gesäumt. Die ferneren Bereiche des Geländes hatte man mit dem Bulldozer zu Hügeln und Tälern geformt. Die höchsten dieser Erhebungen lagen dort, wo das Anwesen den Horizont berührte. Einsame schwarze Kiefern und kalifornischer Wacholder ragten empor; sie waren so beschnitten, dass sie vom Wind zerzaust wirkten.
    Ich erreichte den höchsten Punkt der Fischschuppen-Einfahrt. Herüber wehte Musik - Streicher, die ein Stück aus der Barockzeit spielten. Als ich mich der Kuppe näherte, sah ich einen großen alten Mann in einer Butlerlivree auf mich zukommen.
    »Dr. Delaware, Sir?« Sein Akzent lag irgendwo zwischen London und Boston; seine Gesichtszüge waren weich und edelmütig, Tränensäcke wölbten sich unter seinen Augen. Die lose herabhängende Haut schimmerte lachsfarben. Auf seinem sonnengebräunten Schädel standen Büschel, die wie Korngrannen wirkten. Eine weiße Nelke schmückte seine Kleidung.
    Hervorragende Besetzung.
    »Ja?«
    »Ich bin Ramey, Dr. Delaware, komme gerade, um Sie abzuholen. Bitte entschuldigen Sie die Ungelegenheiten, Sir.«
    »Kein Problem. Ich schätze, die Diener sind an den Umgang mit Fußgängern nicht gewöhnt.«
    Wir schritten über die Anhöhe hinweg. Mein Blick ging zum Horizont zu einem Dutzend Türmchen und Spitzen eines grünen Kupferplattendaches, einem Erdgeschoss und zwei Stockwerken aus weißem Stuck und grünen Fensterläden, Säulengängen, geschmückten Balkonen, Torbogen und Türen mit fächerförmigen Oberlichtern - alles in allem eine monumentale Hochzeitstorte, umgeben von ein paar Hektar grünem Zuckerguss.
    Vor dem Palais erstreckten sich französische Gärten: Kieswege, wiederum Zypressen, ein Labyrinth aus Buchsbaumhecken, Brunnen aus Kalkstein, spiegelnden Teichen und anderen Wasserbecken sowie Hunderten von Rosenbeeten, so strahlend, dass sie zu fluoreszieren schienen. Partygäste, die langstielige Gläser umklammert hielten, wanderten die Pfade entlang und bewunderten die Pflanzen, bewunderten sich selbst in der spiegelnden Wasserfläche der Teiche.
    Der Butler und ich gingen schweigend dahin. Kies spritzte von unseren Schuhspitzen und Hacken, die Sonne brannte erbarmungslos herunter, dick und warm wie schmelzende Butter.
    Im Schatten der größten Fontäne saß eine Schar grimmiger schwarz gekleideter Musiker - etwa von der Größe eines Symphonieorchesters. Ihr Dirigent, ein junger, langhaariger Asiate, hob den Taktstock, und die Spieler begannen ihren pflichtgemäßen Bach.
    Die Streichinstrumente wurden durch Gläsergeklingel und einen Grundbass der Konversation bereichert. Links von den Gärten lag ein riesiger, mit Platten ausgelegter Innenhof, der angefüllt war mit runden weißen Tischen, die im Schatten gelber Sonnenschirme standen. Auf der Mitte eines jeden Tisches fand sich ein Blumenarrangement aus Tigerlilien, purpurnen Schwertlilien und weißen Nelken. Ein gelbweiß gestreiftes Zelt, groß genug für einen Zirkus, enthielt eine lange weißlackierte Bar, in der ein Dutzend Barkeeper Schwerstarbeit verrichteten. Etwa dreihundert Gäste saßen an den Tischen und tranken. Rund hundertfünfzig drängten sich vor der Bar. Kellner kreisten mit Tabletts voll Drinks und Appetithäppchen.
    »Kann ich Ihnen einen Drink besorgen, Sir?«
    »Sodawasser wäre fein.«
    »Entschuldigen Sie mich, Sir.« Ramey verschwand im Bargetümmel und tauchte Augenblicke später mit einem frostbeschlagenen Glas und einer gelben Leinenserviette wieder auf. Er überreichte mir das Ganze, gerade als ich den Innenhof erreichte.
    »Hier, bitte, Sir. Bitte nochmals um
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