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Shannara II

Titel: Shannara II
Autoren: Terry Brooks
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Eine Zuneigung hatte zwischen ihnen bestanden, die verlorengegangen, aber wiedergefunden worden war. Und jetzt? Immer noch war die Wandlung, die Amberle durchgemacht hatte, unbegreiflich. Stets mußte er sich von neuem daran erinnern, daß sie Wirklichkeit war, nicht Einbildung. Noch jetzt konnte er den kleinen Himmelsreiter, Perk, vor sich sehen, als dieser ihm berichtete, was er miterlebt hatte. Das Kindergesicht war voller Ehrfurcht, aber auch voller Angst gewesen, und dazu voll von einem tiefen Ernst, der keine Zweifel gestattete.
    Sein Kopf sank zurück und seine Augen schlossen sich. Wenige erst kannten die Wahrheit. Er war sich noch immer nicht schlüssig darüber, ob es so bleiben sollte oder nicht.
    »Andor.«
    Er zuckte hoch. Die durchdringenden blauen Augen seines Vaters blickten ihn an. Er war einen Moment lang so erstaunt, daß er nur stumm auf den alten Mann hinuntersah.
    »Andor - was ist geschehen?«
    Die Stimme des Elfenkönigs war dünn und rauh. Rasch kniete Andor an seiner Seite nieder.
    »Es ist vorbei«, antwortete er leise. »Wir haben gesiegt. Die Dämonen sind wieder durch den Fluch der Verfemung gebannt. Der Ellcrys…«
    Er konnte nicht zu Ende sprechen. Ihm fehlten die Worte. Die Hand seines Vaters glitt unter den Decken hervor und suchte die seine.
    »Und Amberle?«
    Andor holte tief Atem. Tränen standen in seinen Augen. Er zwang sich, dem Blick seines Vaters zu begegnen.
    »Es geht ihr gut«, flüsterte er. »Sie ruht sich jetzt aus.«
    Darauf folgte eine lange Pause. Der Schatten eines Lächelns huschte über die Züge des alten Königs.
    Dann fielen seine Augen zu. Er war tot.
     
    Allanon blieb noch mehrere Minuten in den Schatten stehen, ehe er vortrat.
    »Andor!« rief er leise.
    Der Elfenprinz stand auf, ließ die Hand seines Vaters los.
    »Er ist tot, Allanon.«
    »Und Ihr seid jetzt König. Seid der König, den er sich gewünscht hat.«
    Andor wandte sich um und betrachtete den Druiden mit forschendem Blick.
    »Wußtet Ihr es, Allanon? Oft habe ich mir seit Baen Draw diese Frage gestellt. Wußtet Ihr, daß all dies geschehen würde, daß ich König werden würde?«
    Das Gesicht des Druiden schien sich zu verschließen, verlor allen Ausdruck.
    »Ich hätte das, was geschah, nicht verhindern können, Elfenprinz«, antwortete er. »Ich konnte nur versuchen, Euch auf das Kommende vorzubereiten.«
    »Dann habt Ihr es gewußt?«
    Allanon nickte. »Ich habe es gewußt. Ich bin ein Druide.«
    Andor holte tief Atem.
    »Ich werde mein Bestes geben, Allanon.«
    »Dann werdet Ihr es gut machen, Andor Elessedil.«
    Er sah dem Elfenprinz nach, als dieser wieder an das Lager seines Vaters trat und den alten König zudeckte wie ein Kind, um dann wieder niederzuknien.
    Geräuschlos wandte sich Allanon um und glitt aus dem Zimmer, aus dem Herrenhaus, aus der Stadt, aus dem Land. Niemand sah ihn gehen.
     
    Es war früher Morgen, als jemand Wil Ohmsford sanft wachschüttelte. Silbergraues Licht fiel durch die verhangenen Fenster, die weichende Dunkelheit ganz zu vertreiben. Langsam schlug Wil die Augen auf und sah den kleinen Perk an seinem Bett stehen.
    »Wil?« Das Gesicht des kleinen Himmelsreiters war ernst.
    »Hallo, Perk.«
    »Wie geht es Euch?«
    »Etwas besser, glaube ich.«
    »Gut.« Ein flüchtiges Lächeln flog über Perks Gesicht. »Ich hatte richtig Angst.«
    Wil erwiderte das Lächeln.
    »Ich auch.«
    Perk setzte sich auf den Bettrand.
    »Es tut mir leid, daß ich Euch geweckt habe, aber ich wollte nicht abreisen, ohne Euch Lebewohl gesagt zu haben.«
    »Du verläßt uns?«
    Der Junge nickte. »Ich hätte schon gestern abend losfliegen müssen, aber ich wollte Genewen noch etwas Ruhe gönnen. Sie war müde nach dem langen Flug. Aber jetzt muß ich wirklich aufbrechen. Ich hätte ja schon vor zwei Tagen im Rockhort zurücksein müssen. Man sucht wahrscheinlich schon nach mir.« Er schwieg einen Moment. »Aber sie werden es schon verstehen, wenn ich erzähle, was passiert ist. Dann sind sie bestimmt nicht böse.«
    »Hoffentlich nicht. Das wäre mir arg.«
    »Mein Onkel Dayn hat gesagt, er würde es ihnen auch erklären. Wußtet Ihr, daß mein Onkel Dayn hier war, Wil? Mein Großvater schickte ihn. Onkel Dayn sagte, ich hätte mich wie ein echter Himmelsreiter verhalten. Er sagte, was Genewen und ich getan haben, sei von großer Bedeutung gewesen.«
    Wil stützte sich auf.
    »Das war es wirklich, Perk. Von sehr großer Bedeutung.«
    »Ich konnte Euch doch nicht einfach im Stich lassen.
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