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Shannara II

Titel: Shannara II
Autoren: Terry Brooks
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nicht wahr? Aber diesmal lasse ich mich nicht bereden. Ich weiß, was Ihr getan habt.«
    »Dann mußt du auch wissen, was ich nicht getan habe«, gab Allanon leise zurück. Er beugte sich vor. »Die letzte Entscheidung lag allein bei ihr, Talbewohner. Ich hatte nichts damit zu tun. Es war nie meine Aufgabe, für sie zu entscheiden; meine Aufgabe bestand allein darin, ihr die Gelegenheit zu geben, selbst die Entscheidung zu treffen. Das habe ich getan, und nicht mehr.«
    »Nicht mehr? Ihr habt doch dafür gesorgt, daß sie die Entscheidung so traf, wie Ihr sie Euch wünschtet. Und das nennt Ihr nichts?«
    »Ich habe dafür gesorgt, daß sie begriff, welche Folgen ihre Entscheidung jeweils haben würde. Das ist etwas ganz anderes…«
    »Folgen!« Wil fuhr vom Kissen hoch, und sein kurzes Lachen troff von Ironie. »Was wißt denn Ihr schon von Folgen, Allanon?« Seine Stimme brach. »Wißt Ihr, was sie mir bedeutet hat? Wißt Ihr das?«
    Tränen strömten ihm über das Gesicht. Er legte sich wieder hin, fühlte sich seltsam beschämt. Alle Bitterkeit war von ihm abgefallen, und die Leere, die geblieben war, schmerzte. Befangen wandte er den Blick von Allanon, und beide schwiegen sie. In der Dunkelheit des Zimmers berührte der Kerzenschein sie mit sanftem Licht.
    Lange Zeit verging, ehe Wil Ohmsford den Druiden wieder anblickte.
    »Nun, jetzt ist es vorbei. Sie ist nicht mehr.« Er schluckte krampfhaft. »Wollt Ihr mir wenigstens erklären, warum es so kommen mußte?«
    Einen Moment lang sagte der Druide nichts, sondern saß stumm in die Schatten seiner Gewänder gehüllt. Als er dann schließlich sprach, war seine Stimme beinahe ein Flüstern.
    »Dann hör mir zu, Talbewohner. Er ist ein herrliches Geschöpf - dieser Baum, der Ellcrys -, lebendiger Zauber, durch die Verschmelzung von menschlichem Leben mit Erdenfeuer geschaffen. Vor den Großen Kriegen wurde er gemacht. Die Zauberer der Elfen erschufen ihn, als die Dämonen endlich in die Enge getrieben waren und ein Mittel gefunden werden mußte, sie daran zu hindern, das Land der Elfen je wieder zu bedrohen. Die Elfen, das weißt du wohl, waren kein gewalttätiges Volk. Der Erhaltung des Lebens galt ihr Sinnen und Streben und ihr Schaffen. Selbst bei Geschöpfen, die so zerstörerisch und böse waren wie die Dämonen, kam absichtliche Vernichtung der Gattung für sie nicht in Betracht. Die Verbannung von der Erde schien ihnen die annehmbarste Möglichkeit, aber sie wußten, es mußte ein Fluch von solcher Kraft über die Bösen verhängt werden, daß seine Gesetze auch nach Tausenden von Jahren noch wirken würden. Und die Dämonen würden an einen Ort verbannt werden müssen, wo sie anderen keinen Schaden tun konnten. Da bedienten sich die Zauberer der Elfen ihrer mächtigsten Magie, jener, die das größte Opfer von allen verlangte, die freiwillige Gabe des Lebens. Dank dieser Gabe konnte der Ellcrys geschaffen und die Bannmauer der Verfemung errichtet werden.«
    Er schwieg einen Moment.
    »Du mußt die Einstellung der Elfen zum Leben verstehen, das Gesetz, das ihre Lebensweise bestimmt, um würdigen zu können, wofür der Ellcrys steht und warum Amberle sich entschied, zu diesem Baum zu werden. Die Elfen glauben, daß sie bei der Erde in Schuld stehen, denn die Erde ist die Schöpferin und Erhalterin allen Lebens. Ihr Leben wird ihnen gegeben; daher müssen sie Leben zurückgeben. Dies tun sie, indem sie sich dem Dienst an der Erde verschreiben, indem jeder auf seine eigene Weise dafür sorgt, daß das Land erhalten bleibt. Der Ellcrys ist nichts als eine Ausweitung dieses Dienstes an der Erde. Er ist die Verkörperung der Überzeugung, daß die Erde und die Elfen gegenseitig aufeinander angewiesen sind. Der Ellcrys ist eine Verschmelzung der Erde mit elfischem Leben, geschaffen dazu, gegen das Böse zu schützen, das beide zu zerstören trachtet. Dies begriff Amberle schließlich. Sie sah ein, daß das Westland und ihr Volk nur durch ihr Opfer gerettet werden konnten, durch ihre Bereitschaft, der Ellcrys zu werden. Sie erkannte, daß das Samenkorn, das sie bei sich trug, nur zum Leben erwachen konnte, wenn sie sich selbst aufgab und opferte.«
    Er machte eine Pause und beugte sich mit einer bedächtigen Bewegung weiter vor, so daß der Schatten seiner dunklen Gestalt über Wil fiel.
    »Auch der erste Ellcrys war eine Frau, Talbewohner. Der Ellcrys muß immer eine Frau sein, denn nur eine Frau kann andere ihrer Art hervorbringen. Die Zauberer sahen diese
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