Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara II

Titel: Shannara II
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
der anderen drang verstörtes Gemurmel herüber, und einer von ihnen machte seiner Beunruhigung Luft.
    »Das ist Amberles Schuld. Ich habe von Anfang an gesagt, daß die Erwählung eines Mädchens nur Unheil bringen kann.«
    »Es sind auch schon früher Mädchen in den Kreis der Erwählten aufgenommen worden, und nie ist deswegen etwas Schlimmes geschehen«, protestierte Lauren. Er hatte Amberle immer gemocht. Sie war aufgeschlossen und entgegenkommend gewesen, auch wenn sie die Enkelin von König Eventine Elessedil gewesen war.
    »Seit fünfhundert Jahren nicht mehr, Lauren«, entgegnete der andere.
    »Hört mal, jetzt ist's genug«, mischte sich Jase ein. »Wir haben vereinbart, kein Wort über Amberle zu sagen. Das wißt ihr alle.«
    Einen Moment lang schwieg er, während das, was Lauren gesagt hatte, seine Gedanken beschäftigte. Dann zuckte er die Schultern. »Es wäre schlimm, wenn dem Baum etwas geschehen würde, schon gar, solange er unserer Pflege anvertraut ist. Aber es ist nun einmal so, daß nichts auf dieser Welt ewigen Bestand hat.«
    Lauren war zutiefst entsetzt. »Aber, Jase, wenn die Lebenskraft des Baumes nachläßt, zerreißt der Bann, und die Dämonen, die jetzt in ihm gefangen sind, werden frei sein!«
    »Glaubst du denn wirklich diese alten Märchen, Lauren?« fragte Jase lachend.
    Lauren starrte den Älteren ungläubig an.
    »Wie kannst du ein Erwählter sein und nicht glauben?«
    »Ich kann mich nicht entsinnen, daß mich jemand danach gefragt hat, was ich glaube, als ich erwählt wurde. Bist du befragt worden, Lauren?«
    Lauren schüttelte den Kopf. Denen, welche sich um die Ehre bewarben, in den Kreis der Erwählten aufgenommen zu werden, wurden niemals Fragen gestellt. Die jungen Elfen, die im verflossenen Jahr das Erwachsenenalter erreicht hatten, wurden dem Baum ganz einfach vorgestellt. In der Morgendämmerung des neuen Jahres versammelten sie sich in den Gärten des Lebens, um dann unter seinen ausladenden Ästen durchzuschreiten und von ihm angenommen zu werden. Jene, die der Baum an den Schultern streifte, wurden die neuen Erwählten, die ihm bis zum Ablauf des Jahres zu dienen hatten.
    Lauren konnte sich noch der glühenden Freude und des Stolzes erinnern, die er verspürt hatte, als ein schlanker Zweig sich zu ihm hinuntergeneigt und ihn berührt hatte. Gleichzeitig hatte er den Ruf seines Namens vernommen.
    Und er gedachte auch der Verwunderung aller Anwesenden, als Amberle gerufen worden war…
    »Das ist doch nur ein Märchen, um den Kindern Furcht einzuflößen«, sagte Jase gerade. »Tatsächlich soll der Ellcrys die Elfen nur daran erinnern, daß sie genau wie er alle Veränderungen überleben, welche die Geschichte der vier Länder geprägt haben. Der Baum ist ein Symbol der Kraft unseres Volkes, Lauren - nichts weiter.«
    Er bedeutete ihnen allen, den Weg durch die Gärten fortzusetzen, und wandte sich ab. Lauren verfiel wieder in tiefes Nachdenken. Die beiläufige Art und Weise, wie der ältere Freund die Legende von dem Baum abgetan hatte, hatte ihn betroffen gemacht. Allerdings stammte Jase ja auch aus der Stadt, und Lauren hatte beobachtet, daß die Bewohner von Arborlon alten Überlieferungen und Traditionen nicht solche Bedeutung beimaßen wie die Bewohner des kleinen Dorfes im Norden, wo seine Wiege gestanden hatte. Doch alles, was über den Ellcrys und den Bann der Verfemung berichtet wurde, war nicht einfach eine Legende - es war das Fundament all dessen, was wahrhaft elfisch war, das bedeutendste Ereignis in der Geschichte seines Volkes.
    Vor langer, langer Zeit, noch vor der Geburt der neuen Welt, hatte es sich zugetragen. Damals hatte ein gewaltiger Kampf zwischen den Mächten des Guten und des Bösen getobt, und die Elfen hatten schließlich gesiegt, indem sie den Ellcrys schufen und einen Bann der Verfemung verhängten, der die Dämonen des Bösen in zeitlose Finsternis verbannte. Und solange der Ellcrys in der Blüte seiner Kraft blieb, solange würde das Böse nicht über das Land herfallen können.
    Solange der Ellcrys gesund blieb…
    Voller Zweifel schüttelte er den Kopf. Vielleicht hatte ihm nur seine Phantasie etwas vorgegaukelt, als er gemeint hatte, Flecken auf den Blättern des Baumes zu sehen. Vielleicht hatte das Dämmerlicht ihn genarrt. Und wenn nicht, dann mußten sie eben ein Heilmittel finden. Und es gab immer ein Heilmittel.
    Wenige Augenblicke später hatte er zusammen mit den anderen den Baum erreicht. Zaudernd blickte er auf, dann stieß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher