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Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Shadowblade: Dunkle Fesseln: Roman (Knaur HC) (German Edition)
Autoren: Diana Pharaoh Francis
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lagen tot am Boden. Die Übrigen knurrten und kläfften, stießen und schubsten sich gegenseitig und traktierten einander mit ihren gekrümmten Klauen und orangefarbenen Zähnen. Einer knabberte an einem Menschenarm wie an einem Hähnchenschenkel. Andere hatten sich mit den Eingeweiden der vier Ermordeten auf der Auffahrt behängt.
    Max musste all ihre Willenskraft aufbieten, um die kleinen Monster nicht mit ihrer Schrotflinte wegzupusten. Sie wollte es – oh, wie sehr sie ihnen weh tun wollte! Sie ballte die Hände zu Fäusten. Aber hier ging es um mehr als nur einen Mord. Es wäre absolut dämlich, einfach loszustürmen, ohne genau darüber Bescheid zu wissen. Sie biss die Zähne zusammen und öffnete die Lippen zu einem lautlosen Knurren, während sie erneut die Szenerie beobachtete.
    Im Innern des Zauberkreises lag etwas Menschengroßes, doch zwischen den umherwirbelnden Geschöpfen hindurch konnte Max die Gestalt nicht richtig erkennen. Sie war sich lediglich sicher, dass die bösartigen kleinen Redcaps dem Unheimlichen angehörten und dass das, was sich in dem Kreis befand, Göttlich war.
    Sie musste näher heran. Stück für Stück kam sie hinter dem Gebüsch hervor und eilte dann hinten um die Garage herum. Sie hielt sich gebückt, um nicht gesehen zu werden, als sie an der Hecke entlanglief, die den Obsthain vom Hof trennte. Die Hecke traf auf den verwitterten Holzzaun, hinter dem sich der große Swimmingpool verbarg. Lautlos sprang Max über den anderthalb Meter hohen Zaun und landete in der Hocke zwischen den intensiv duftenden Kamelien und Geranien auf der anderen Seite.
    Der Pool lag wie ein tintenschwarzes Rechteck da, inmitten einer terrassenartigen Umrandung. Hier regte sich nichts. Max trat auf den breiten Weg. Schnell rannte sie zum anderen Ende, wobei sie darauf achtete, nicht gegen die Tische und Stühle am Becken zu stoßen. Der Zauberkreis war auf der anderen Seite des Tors. Vorsichtig öffnete sie den Riegel und ließ das Tor ein paar Zentimeter aufschwingen.
    Die Redcaps und ihre Beute befanden sich nur zehn Meter entfernt unter den weit gefächerten Ästen einer Eiche. Jetzt konnte Max das Innere des Kreises sehen. Am Boden kauerte eine knochige alte Frau. Nein, keine Frau. Eine Wintergreisin. Ihr schmales, kantiges Gesicht war beinahe kobaltblau und ihr langes Haar so weiß wie das Gras, das in Dunkelheit wuchs. Sie war in Lumpen gekleidet, und darunter stachen ihre langen, dünnen Gliedmaßen in spitzen Winkeln heraus. Sie weinte schwarze Tränen. Aus ihrem Mund drang ein Geräusch wie von mehreren gleichzeitig flüsternden Wesen, während sie die fauchenden Redcaps musterte.
    Max runzelte die Stirn und kramte in ihrem Gedächtnis. Was wusste sie über Wintergreisinnen? Es gab einige von ihnen, die auf der ganzen Welt verteilt lebten. Mit ihrem blauen Gesicht und dem weißen Haar musste es sich bei dieser um … In Gedanken blätterte Max die zahlreichen Bücher über Feenkunde durch, die sie studiert hatte. Ja. Cailleach Bheur – eine Blaue Wintergreisin aus dem schottischen Hochland. Aber was wollten die Redcaps mit ihr? Von ihrem Göttlichen Blut konnten sie sich nicht ernähren, und Redcaps waren nichts als Mägen auf Beinen.
    Eines der kleinen Biester rief etwas und warf eine Handvoll Pulver auf die Wintergreisin. Eine Wolke hüllte sie ein, und sie fing erneut an zu schreien. Rücklings drückte Max sich an den Zaun und hielt sich, so gut es ging, die Ohren zu. Der Schrei wollte einfach nicht aufhören. Er bohrte sich in ihre Knochen wie die beißende Kälte im Winter. Blut tropfte aus ihrer Nase, und rasch kniff sie sie zu. Ihr ging die Zeit aus. Bald würde man sie riechen.
    Plötzlich brach der Schrei ab. Max senkte die Hände und umklammerte die Schrotflinte fester, als sie durch den Torspalt hinausspähte. Die Wintergreisin lag flach am Boden. Sie atmete kaum noch. Ihre Haut war wund und sah aus, als hätte man sie ausgepeitscht. Der Redcap, der sie mit dem Pulver beworfen hatte, knurrte die Wintergreisin an und schüttelte seinen Stahlspeer in ihre Richtung. Doch sie reagierte gar nicht.
    Max runzelte die Stirn. Die wichtigste Regel im Krieg lautete, sich nicht einzumischen, bevor man nicht wusste, wer für welche Seite kämpfte. Aber manchmal fehlte die Zeit, um Däumchen drehend danebenzustehen und darauf zu warten, dass die Antworten sich von selbst zeigten. Wenigstens wusste sie sicher, dass die Redcaps die Leute in der Auffahrt ermordet hatten. In ihren Augen war das
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