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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg
Autoren: Mary Bard
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mit zusammengebissenen Zähnen.
    Jetzt ging wieder die Tür, und Maggie
rief von unten: »Mary, mein Schatz, darf ich ‘raufkommen?« Dann erschien sie,
die sanfte Südstaatenschönheit, in einem schwarzen Samtkostüm. »Was für
schreckliche Kerle sind die Ärzte! Ich habe keine Ahnung, wann Pete, das Ekel,
hier auftauchen wird — wenn er überhaupt zu erscheinen geruht!« Sie musterte
ihre bezaubernden Züge im Spiegel. »Ich schwöre, ich sehe aus wie ein Gespenst
— seit aller Herrgottsfrühe habe ich gebügelt, und alle paar Minuten hat das
Bügeleisen gefunkt. Da mein Herr Gemahl es repariert hat, muß ich dem Himmel
danken, daß ich noch am Leben bin.« Sie verließ den Spiegel. »Hoffentlich ist
Ihr Mann nicht Geburtshelfer, Mrs. Young. Pete hat eine Patientin, die schon
seit ewigen Zeiten in den Wehen liegt!«
    Helen Young erwiderte lachend: »Nein,
mein Mann ist Brustchirurg, aber das ist ungefähr ebenso schlimm.«
    Das Telefon klingelte. »Ist Doktor
Stokes da?«
    »Nein. Aber er wird jeden Augenblick
erwartet. Soll er anrufen?«
    »Hier spricht der Ärztedienst. Bitte,
sagen Sie ihm, er soll uns sofort anrufen.«
    Wir gingen hinunter. Das Kaminfeuer
schwelte. Dr. Young betrachtete es mit mißtrauischen Blicken und hatte offenbar
Angst, man würde ihn bitten, es in Gang zu bringen. Dr. Young war ein dicker
kleiner Herr von pompösem Aussehen. Er hatte die Gewohnheit, bedächtig den Mund
zu spitzen, bevor er zu reden anfing. »Leider verstehe ich mehr von Chirurgie
als vom Feuermachen. In Südkalifornien heizen wir nur selten. Uns wärmt die
Sonne.« Er schürzte die Lippen und blickte hilflos auf die schwelende Glut
hinunter.
    Maggie fixierte ihn mit ihren großen,
blauen Augen. »Ach, Sie bringen es sicher fertig, ein Feuer zu schüren, daß es
wie ein Waldbrand knattert! Wenn Pete nicht zu Hause ist, spiele ich das
Mädchen mit den Schwefelhölzern — ich nehme Streichhölzer und zünde so lange
Papier an, bis mir warm wird.« Lester Young kniete nieder, begann mit
ungeschickten Händen die Holzscheite aufzuschichten und blies Asche durchs
Zimmer. Helen sagte ermunternd: »Soviel ich weiß, ist es das erstemal, daß
Lester Feuer macht. Es wird interessant sein zu sehen, ob es ihm glückt!«
    »Unsinn, meine Liebe, Unsinn!« Er
lächelte läppisch zu Maggie empor. »Ais junge habe ich immerzu Feuer gemacht.
Pfadfinder!«
    »Auch Pete war bei den Pfadfindern —
als Junge«, murmelte Maggie und blinzelte mir zu.
    Das Telefon klingelte. »Ist Dr. Roberts
da?«
    Ich erwiderte, er sei zum Krankenhaus
unterwegs. »Zu welchen» Krankenhaus, bitte? Hier spricht der Ärztedienst.« Ich
wandte mich an Maggie. »Ist Pete auf dem Weg zur Frauenklinik?«
    »Mhm — eigentlich müßte er schon dort
sein. Geben Sie ihnen die Nummer der Klinik — sonst machen sie Sie verrückt.«
Mit einem Seufzer wandte sie sich an Helen Young. »Es ist schon soweit, daß ich
bei jedem Anruf frage: ›In welchen Abständen kommen die Wehen?‹ Der Gasmann ist
dann immer ganz erschrocken, aber das macht nichts, ich sage ihm nachher
Bescheid.«
    Die Türklingel läutete.
    »Guten Abend, Mary! Mein Name ist Ed
Stokes. Ist Edith schon hier? Ich hätte sie abholen sollen, aber ich hab’s
vergessen. Hat jemand angerufen?« Er reichte der diensteifrigen Yuri seinen
Mantel. »Bin ich wie gewöhnlich der letzte?«
    »Der Ärztedienst hat Sie gesucht.«
    »Vielen Dank!« Er rief an, sagte: »Ich komme
gleich!« und wandte sich zu mir: »Entschuldigen Sie, Mary. Ich muß wieder in
die Poliklinik. Ich komme so schnell wie möglich zurück.« Und weg war er.
    Ich machte die Eingangstür hinter ihm
zu. Dieser einsame Stafettenlauf von der Tür zum Telefon und dann wieder zur
Tür ließ mir keine Gelegenheit, meinen Gästen, wenn ich an ihnen vorübertrabte,
Faszinierenderes zu bieten als einen kalten Luftzug. Und wie sollte ich es
anstellen, die Herren Doktoren mit geistreichen medizinischen Fragen zu
bombardieren, wenn sie durch Abwesenheit glänzten? Yuri rief mich hinaus. »Die
belegten Brote für die Cocktailparty sind fertig.« Als ich das zu hören bekam,
war ich platt und folgte ihr in die Küche. Sie hatte Millionen belegter Brote
hergerichtet — wann und wie, war mir ein Rätsel. »Ich helfe oft bei
Cocktailparties, ich weiß, wie man sie macht.« Reihen von Ananasringen,
Streichkäse, Erdnußbutter und Tomaten — alles wunderschön anzusehen und völlig
ohne Geschmack. Es würde dasselbe sein, als äße man eine Flickendecke,
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