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Serial

Serial

Titel: Serial
Autoren: J Kilborn , Blake Crouch
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hatte sich diese Situation bereits hunderte Male durch den Kopf gehen lassen, aber jetzt, als es tatsächlich losgehen sollte, fand sie alles lustig und unwirklich. Ihr Körper kribbelte so, wie er immer in der Nähe Bobby Cockrells gekribbelt hatte. Bobby Cockrell war ihre erste Liebe in der Highschool gewesen.
    » Du bist da jetzt schon eine ganze Weile drin«, fuhr Mark fort. » Alles okay?«
    Sie antwortete nicht.
    » Lucy, ich muss zurück zur Konferenz.«
    Stille. Lucy lächelte.
    » Ich öffne jetzt die Tür, okay? Bist du… Äh, bist du angezogen?«
    Sie beobachtete den Türknauf, der sich langsam zu drehen begann. Dann öffnete sich die Tür.
    Marks Kopf erschien.
    » Lucy?«
    Sie hockte direkt neben ihm und hätte ihn sogar berühren können, aber er bemerkte sie nicht, sondern starrte zur Toilette und dann zur Dusche. Seine Miene verriet, dass er versuchte, sich auszumalen, wie dieses Mädchen einfach so verschwinden konnte.
    Lucy streckte den Arm aus und zog die Klinge des Zwilling-J. A.-Henckels-Rasiermessers ihres toten Vaters durch seine Luftröhre. Es war eine rasche, filigrane Bewegung, und das Blut aus seiner Halsschlagader sprühte durch das Badezimmer und landete auf ihrem Gesicht. Lucy kreischte vor Vergnügen, als Mark sich an die Kehle griff und sie entsetzt anstarrte.
    Er wankte zum Waschbecken und betrachtete sich im Spiegel. Das Blut wurde mit jedem Herzschlag aus seiner offenen Halsschlagader gepumpt und floss jetzt über sein weißes Hemd. Lucy musste kichern, als Mark sich erneut an die Kehle fasste und versuchte, die klaffende Wunde zuzuhalten und den Blutfluss zu stoppen. Aber das Blut quoll weiterhin gnadenlos und rhythmisch aus seinem Hals. Schließlich gab er auf und drehte sich zu ihr. In seinen Augen war irrsinnige Panik zu erkennen. Er trat einen Schritt auf sie zu, aber der Boden war so glitschig, dass er ausrutschte.
    Mark stürzte mit dem Rücken zuerst auf den Boden, und sein Schädel knallte auf die harten Fliesen.
    Lucy richtete sich auf und ging vorsichtig um die vielen Blutlachen auf Mark zu. Eine rote Lache bildete sich um seinen Kopf, und sie sah, wie seine Augen glasig wurden und die Hände schlaff neben ihm lagen.
    Sie stand über ihn gebeugt und wartete, bis er verblutet war und zu zucken und zu blinzeln aufhörte. Dann legte sie das Rasiermesser auf das Waschbecken. Bei ihrer letzten Untersuchung hatte Lucy einundvierzig Kilo gewogen, und sie schätzte, dass Mark mindestens fünfzig mehr als sie auf die Waage brachte. Doch bis zur Dusche war es nicht weit. Aber dort musste sie ihn über einen fünf Zentimeter hohen Rand zerren. Gott sei Dank würde das Blut die Reibung verringern und ihr die Arbeit erleichtern.
    Als sie ihn erfolgreich in die Dusche gepackt hatte, schloss sie die Kabine und betrachtete das Badezimmer.
    Überall war Blut. Lachen auf dem Boden und Spritzer und Schlieren am Spiegel, an den Wänden und sogar an der Decke.
    Ein totales Chaos.
    Ein wunderschönes Chaos.
    Sie kniete sich hin, um sich flach auf den Boden zu legen und in den Blutlachen zu wälzen. Es war klebrig und kühl, und das Blut verbreitete einen metallenen Geruch, der Lucy an ein heranziehendes Gewitter erinnerte.
    Schließlich stand sie wieder auf und betrachtete sich eine Weile im Spiegel. Sie fand, dass ihr Ebenbild die perfekteste Körperkunst darstellte, die man sich vorstellen konnte. Sie wollte nackt durch die Empfangshalle des Hotels schreiten– so wie sie war– und die Blicke der Anwesenden in sich aufsaugen. Was würde Andrew Thomas wohl denken, wenn er sie so sehen würde? Sie vermutete, dass er sich auf der Stelle in sie verlieben würde.
    Das Blut wurde kälter und begann Krusten auf ihrer Haut zu bilden. Sie öffnete die Tür der Duschkabine und trat ein. Dann beugte sie sich hinab, schob Mark gegen die Wand, legte sich neben ihn und drückte den Rücken gegen seine Brust. Sie zog seinen Arm um sich, schloss die Augen und schlief ein.
    Lucy wachte mitten in der Nacht auf. Sie zitterte vor Kälte. Sie drehte den Hahn auf, ließ das heiße Wasser über ihren Körper strömen und wusch sich das Blut aus Haaren und Gesicht. Sie streckte sich nach dem Handtuch aus, das ihre Kleider bedeckte, und zog es beiseite– kein einziger Tropfen Blut, alles war sauber geblieben. Schließlich schnappte sie sich den Bademantel, der an der Rückseite der Tür hing, zog ihn über und schlüpfte aus dem Badezimmer.
    Marks Brieftasche lag auf dem Fernseher. Sie untersuchte sie und nahm
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