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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim
Autoren: Kathrin Lange
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Abstand zwischen mir und dem Irrsinn dort unten zu haben. Leider zeigte der alte Türmer keinerlei Neigung, mir seine Wohnung zu überlassen. Also musste ich ihn aus dem Weg räumen. Aber sein Gehilfe, obwohl er noch so jung war, stellte Fragen. Zum Glück wusste ich, dass er gern einmal in den Gärten auf der Schüdt räubern ging. So musste ich mich um ihn nicht selbst kümmern. Nicht direkt jedenfalls.«
    Zeuner riss die Augen auf. Im Grunde seines Herzens, das wurde ihm nun klar, hatte er die ganze Zeit gewusst, dass der Mann im Dunkel eine Bestie war. Er hatte es nur nicht wahrhaben wollen. Seine Hand fuhr an den Gürtel, wo in seiner Geldkatze ein Teil der vielen wunderbaren Golddukaten klimperte, der er für seine Dienste erhalten hatte. »Warum das alles?«, ächzte er. »Pömer ...«
    Die heisere Stimme über seinem Kopf lachte. »O ja! Pömer! Er war ein Glücksfall für mich. Ich fand ihn in seiner Höhle unter dem Burgberg, und ich stellte fest, dass er meinen Zielen nützlich sein konnte. Also beobachtete ich ihn. Dann aber kamen die Inquisitoren in die Stadt, und ich hatte das Gefühl, dass sie ihm auf die Spur gekommen waren. Was ich auf keinen Fall gebrauchen konnte, war eine Gruppe neugieriger Mönche, die Pömers Arbeit störten. Also gab ich ihm den Befehl, diese Männer aus dem Weg zu räumen. Es war eine gute Gelegenheit, so dachten wir beide, Pömers Gift auszuprobieren.«
    Zeuners Hände begannen zu zittern. »Ihr habt Pömer dazu gebracht, die Inquisitoren zu ermorden?«
    »Oh, nicht nur die! Dass einer der Kerle allerdings den Wein in den Brunnen gekippt hat, war Pech. Von diesem Augenblick an ging alles schief, sodass ich mich an dich wenden musste, um mir zu helfen.«
    Zeuners Blicke huschten umher, suchten nach einem Ausweg, aber er konnte sich nicht bewegen. Es schien, als habe der Mann auf der Treppe ihn mit einem unheiligen Fluch an Ort und Stelle gebannt.
    Rede! , befahl er sich. Solange du redest, wird er sich in Sicherheit wiegen! »Das Gift hat den Wahn, der in ihm schlummerte, zum Ausbruch gebracht.«
    »Genau. Und er tötete diesen Röhrenmeister, der noch dazu ausgerechnet Katharinas Bruder war. Pech. Und noch größeres Pech, dass jener der Inquisitoren, der den Anschlag überlebte, ausgerechnet derjenige war, der den Hexenhammer gelesen hatte – und der gewillt war, die neuen Erkenntnisse darin an Katharina auszuprobieren.«
    »Darum gabt Ihr mir den Befehl, Katharina irgendwie zum Rabenberg zu holen. Ihr wolltet sie tatsächlich befreien!« Zeuner kam ein Gedanke. »Das heißt: Ihr wusstet von dem Wahn, der die Leute am Rabenberg befallen würde?«
    Wieder dieses Lachen, heiser und hohl. Unheimlich. »Natürlich. Ich war es ja, der Pömer den Befehl gab, den Brunnen zu vergiften.«
    Das Entsetzen wuchs mit jedem Wort, das Zeuner hörte. Nicht nur seine Hände zitterten jetzt, sondern inzwischen auch seine Knie.
    »Dass du Katharina gegenüber so getan hast, als liebtest du sie, nehme ich dir übel, weißt du das? Aber egal, irgendwie musstest du ja dein ungewöhnliches Interesse an ihr erklären. Nun, es hat funktioniert. Und mein Rettungsplan hätte auch funktioniert, wenn mir nicht dieser elende Sterner dazwischen gekommen wäre. Zum Glück hatte ich eine Alternative: Hoger.«
    »Ihr habt Hoger ...«
    »Natürlich nicht! Pömer war ganz begierig darauf, es für mich zu tun.«
    Zeuner wurde schlecht. Er tastete nach dem Schwert.
    »Lass das!«, befahl der Mann. »Wir plaudern doch gerade so nett, da willst du doch nicht so dumm sein und dich mit mir anlegen!«
    Zeuner riss sich zusammen. Plötzlich war er sich gar nicht mehr so sicher, ob er mit dem Schwert etwas würde ausrichten können. Was, wenn der Kerl ihn verhext hatte?
    »Übrigens«, plauderte der weiter, mit einer Stimme so ruhig und fröhlich, als befänden sie sich auf einem angenehmen Sonntagsausflug,»wie klug es von mir war, Hoger töten zu lassen, stellte sich kurz darauf heraus, als der dämliche Inquisitor erwachte und sich gleich auf Katharinas Spur setzte.«
    »Faro?« Inzwischen konnte Zeuner nur noch krächzen.
    »Er hatte Pömer gesehen, als dieser Matthias tötete. Er war ebenfalls eine Gefahr, besonders, als er begann, seinen Verstand zurückzuerlangen.«
    Zeuner wischte sich über die Stirn, auf der in den letzten Minuten Schweißperlen erschienen waren. »Von all dem hatte ich keine Ahnung!« Er machte sich etwas vor, dachte er. Wenn er nicht so begierig auf die Dukaten gewesen, wenn die
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