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Septimus Heap 04 - Queste

Titel: Septimus Heap 04 - Queste
Autoren: Angie Sage
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große hagere Frau mit ausgreifenden Schritten und dem Pferdeschwanz eines Seemanns, hätte sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt, dass sie eines Tages ihr Ruderboot an der Schlangenhelling festmachen und zum Palasttor marschieren würde. Doch an diesem kühlen, grauen Frühlingstag tat sie genau dies, und ihr war mehr als nur ein bisschen mulmig zumute.
    Ein paar Minuten später schaute Unterzauberin Hildegard, die heute im Palast den Türdienst versah, von ihrem Aufsatz zu dem Thema »Grundlagen, Praxis und Möglichkeiten der Transformation« auf, den sie für die Abendschule schreiben musste. Sie sah Jannit zögernd über die breite Bohlenbrücke kommen, die sich über den Zierwassergraben spannte und zum Palasttor führte. Froh über die Unterbrechung sprang Hildegard auf und grüßte lächelnd: »Guten Morgen, Miss Maarten. Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Sie wissen, wie ich heiße?«, fragte Jannit erstaunt.
    Hildegard sagte Jannit nicht, dass sie sich vorgenommen hatte, alle Leute mit Namen zu kennen. Stattdessen antwortete sie: »Aber natürlich, Miss Maarten. Meine Schwester hat letztes Jahr auf Ihrer Werft ihr Boot reparieren lassen. Sie war mit der Arbeit sehr zufrieden.«
    Jannit hatte keine Ahnung, wer die Schwester dieser Unterzauberin war, aber sie fragte sich unwillkürlich, um welches Boot es sich wohl handeln mochte. Für Boote hatte sie nämlich ein gutes Gedächtnis. Sie lächelte verlegen und nahm ihren zerbeulten Strohhut ab, den sie eigens für den Besuch im Palast aufgesetzt hatte. Der Strohhut war für Jannit, was für andere ein Ballkleid oder ein Diadem war.
    »Damen dürfen ihre Hüte gern aufbehalten«, sagte Hildegard.
    »Ach?«, erwiderte Jannit und fragte sich, was das mit ihr zu tun hatte. Sie hielt sich nicht für eine Dame.
    »Wünschen Sie jemanden zu sprechen?«, fragte Hildegard, die Besucher gewohnt war, die keinen Ton herausbrachten.
    Jannit drehte den Strohhut in den Händen. »Sarah Heap«, antwortete sie. »Wenn es recht ist.«
    »Ich schicke einen Boten. Dürfte ich den Grund Ihres Besuchs erfahren?«
    Nach einer langen Pause antwortete Jannit: »Nicko Heap.« Und starrte auf ihren Hut.
    »Oh. Wenn Sie bitte einen Augenblick Platz nehmen würden, Miss Maarten. Ich hole jemanden, der Sie gleich zu ihr bringt.«
    Zehn Minuten später saß Sarah Heap, die dünner als früher war, aber noch im Vollbesitz ihrer strohblonden Locken, an dem kleinen Tisch in ihrem Salon und sah mit ihren grünen Augen sorgenvoll Jannit Maarten an.
    Jannit saß ihr gegenüber auf einem großen Sofa. Sie fühlte sich unbehaglich, aber das war nicht der Grund, warum sie nur auf der Sofakante saß. Sie saß deshalb auf der Kante, weil auf dem Sofa nicht mehr Platz war – der Rest war von dem Plunder belegt, der Sarah Heap überallhin zu verfolgen schien. Ein paar Topfpflanzen pikten sie in den Rücken, und ein schwankender Stapel Handtücher hatte sich gemütlich an sie gelehnt, und so saß sie stocksteif da und wäre fast vom Sofa gefallen, als plötzlich hinter einem Wäscheberg neben dem Kamin ein leises Schnattern hervortönte und eine rosahäutige, stoppelige Ente erschien, die ein buntes Jäckchen trug. Die Ente kam zu ihr herübergewatschelt und hockte sich vor ihre Füße.
    Sarah schnippte mit den Fingern. »Komm her, Ethel.« Sofort stand die Ente wieder auf und wackelte hinüber zu Sarah, die sie hochhob und auf den Schoß nahm. »Einer von Jennas kleinen Lieblingen«, erklärte Sarah mit einem Lächeln. »Früher hat sie sich nie etwas aus Haustieren gemacht, und plötzlich hat sie zwei. Merkwürdig. Ich weiß nicht, wo sie die herhat.«
    Jannit lächelte höflich, noch unschlüssig, wie sie mit dem, was sie zu sagen hatte, beginnen sollte. Verlegenes Schweigen trat ein, und nach einer Weile sagte sie: »Äh ... eine große Wohnung haben Sie.«
    »Oh ja, sehr groß«, erwiderte Sarah.
    »Wunderbar für eine große Familie«, fügte Jannit hinzu und bereute es schon im nächsten Augenblick.
    »Ja, wenn die Kinder bei einem wohnen wollen«, erwiderte Sarah bitter. »Aber nicht, wenn vier von ihnen lieber im Wald bei einem Hexenzirkel leben und nicht einmal auf einen Besuch nach Hause kommen. Gar nicht zu reden von Simon. Ich weiß, dass er etwas Unrechtes getan hat, aber er ist immer noch mein erstes Baby. Er fehlt mir sehr. Ich hätte ihn gerne hier bei mir. Es wird Zeit, dass er sich häuslich niederlässt. Er hätte es viel schlimmer treffen können als mit Lucy Gringe,
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