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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht
Autoren: Peter Schulz
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unnötige Zeit zu verlieren.
    Der für diesen Einsatz verantwortliche Polizeiführer erweist sich als junger Polizeirat, der offensichtlich noch nicht lange in Amt und Würden ist. Ich schildere ihm am Telefon, dass ich die Lage derzeit noch nicht einschätzen und ihm einen Vorschlag zur Lagelösung erst machen kann, wenn ich die Situation vor Ort gesehen und mich mit dem Leiter der Verhandlungsgruppe abgestimmt habe. Immerhin rate ich ihm, die umliegenden Wohnwagen sofort räumen zu lassen, weil eine Gasexplosion, auch von einer Campinggasflasche, nicht zu unterschätzen ist. Noch während ich mit ihm telefoniere, veranlasst er das.
    Als letzter Gedanke geht mir durch den Kopf, dass es vielleicht bei diesem Sachverhalt nicht schlecht wäre, auch unseren Hundeführer mitzunehmen, vielleicht ergibt sich ja eine Situation, in der ein Hund von Vorteil sein könnte. Die SEK-Hunde haben, ähnlich wie ihre zweibeinigen Kollegen, eine Zusatzausbildung durchlaufen, aufgrund derer sie mehr Fertigkeiten und Tricks beherrschen als normale Polizeihunde.
    Unser Diensthundeführer Freddy versieht keine Rufbereitschaft, ich versuche mein Glück trotz der ungnädigen Uhrzeit, und tatsächlich habe ich ihn nach kurzer Zeit am Draht. Ich schildere ihm kurz den Sachverhalt und nenne ihm die Adresse des Campingplatzes, denn im Gegensatz zu uns verfügt Freddy über einen eigenen Dienstwagen mit eingebauter Transportbox für seinen Hund. Er kann sich also direkt auf den Weg machen.
    Unsere Anfahrt verläuft ohne weitere Zwischenfälle, wenn man von dem Umstand absieht, dass wir uns dem Campingplatz ohne die Hilfe der heute bekannten Navigationsgeräte nähern – anhand einer Karte, auf der er nicht eingezeichnet ist … Allerdings steht an der Einfahrt zum Campingplatz bereits ein Streifenwagen der örtlichen Kollegen, sodass wir den Platz nun doch finden. Über Funk gebe ich den Kollegen die Anweisung, sich sofort einsatzbereit zu machen, während ich selbst versuche, mir zunächst ein eigenes Bild der Lage zu verschaffen.
    Während also meine Kollegen sofort nach dem Abstellen der Fahrzeuge anfangen, ihre Ausrüstung anzulegen, läuft mir der Einsatzleiter der vor Ort befindlichen Streifendienstbeamten mit offenem Parka entgegen. Begleitet wird er von der Einsatzführerin der Verhandlungsgruppe, die kurz vor uns eingetroffen ist.
    »Düllen, ich bin der Dienstgruppenleiter«, stellt er sich vor und schüttelt mir die Hand. »Ich bin froh, dass ihr da seid«, sagt er weiter, und an seinem Gesichtsausdruck kann ich erkennen, dass er das ernst meint, weil ihm die Situation nicht geheuer ist. Die Leiterin der Verhandlungsgruppe kenne ich, daher brauchen wir uns nicht vorzustellen. Auch wir geben uns kurz die Hand.
    Ich schaue Düllen erwartungsvoll an, und er beginnt sogleich mit den Informationen, die er hat: »Gestern Abend, so etwa gegen 21 Uhr, hat Herr S. mit seiner Ehefrau einen Streit gehabt. Herr S. ist sogenannter Dauercamper hier auf dem Platz, und soweit wir wissen, lebt er tatsächlich ständig in seinem Wohnwagen. Das war auch nicht die erste Streiterei mit seiner Frau, aber gestern ist die Sache wohl eskaliert. Herr S. ist offenbar mitten im Streit aufgestanden, hat eine Campinggasflasche aus der Küchenzeile geholt, ein Feuerzeug daneben gelegt und seiner Frau gesagt, er würde die Sache jetzt ein für alle Mal beenden. Als er dann den Gasverschluss der Flasche betätigte, ist die Frau aus dem Wohnwagen geflüchtet, und er hat ihr noch hinterhergeschrien, wenn einer dem Wohnwagen zu nahe kommt, knallt es in jedem Fall.«
    »Großartig«, denke ich bei mir, »meine erste Lage – und gleich ein Durchgeknallter, der sich in die Luft sprengen will …«
    Ich lasse mir meine finsteren Gedanken nicht anmerken und frage: »Was war denn der Anlass für den Streit?«
    »Laut Aussagen der Ehefrau waren die Anlässe nichtig«, antwortet der DGL, »zumeist ging es aber um die allgemeine Lebenssituation, vor allem, weil Herr S. schon lange arbeitslos ist und trinkt. Auch gestern Abend hat er wohl wieder einiges an Alkohol konsumiert, wie seine Frau sagt.«
    »Ihr habt seitdem keinen Kontakt mehr zu Herrn S. gehabt, richtig?«, frage ich weiter.
    »Wir haben den Wohnwagen weiträumig abgesperrt und uns verdeckt gehalten. Wir konnten nichts feststellen, das Licht im Wohnwagen ist aus, und es bewegt sich nichts.«
    Ich wende mich an die Kollegin von der Verhandlungsgruppe: »Habt ihr den S. schon überprüfen können, ist der in der
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