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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht
Autoren: Peter Schulz
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Binsenweisheit, dass es erst zu einem einschneidenden Ereignis kommen muss, bevor sich die Dinge grundlegend ändern, war die eigentliche Geburtshilfe für die Gründung des KSK die Unfähigkeit der Bundeswehr, gefährdete deutsche Staatsbürger aus dem im Jahre 1994 vom Völkermord erschütterten Ruanda zu evakuieren. Diese Aufgabe musste damals vom kleinen NATO-Partner Belgien und dessen schlagkräftigen Para-Commandos übernommen werden. Heute gehört das KSK sicherlich zu den besten Spezialeinheiten weltweit – und das, obwohl der Personalkörper an »aktiven« Kommandosoldaten sehr klein, der »logistische Überbau« jedoch sehr groß ist …
    Bei einer entsprechenden Gefährdungslage im Inneren dürfte nicht das KSK, sondern würden polizeiliche Spezialeinheiten alarmiert werden. Die Antiterroreinheit der Bundespolizei ist die GSG 9, die 1973, durch Erlass des damaligen Innenministers Genscher, gegründet wurde. Darüber hinaus verfügt jede Landespolizei über mindestens ein Spezialeinsatzkommando (SEK) und auch über Mobile Einsatzkommandos (MEK), deren Aufbau durch einen Beschluss der Innenministerkonferenz im Jahre 1974 veranlasst wurde.
    Auch wenn aufgrund politischer Vorgaben die Einsatzgebiete des KSK und der SEKs säuberlich voneinander getrennt sind, so weiß ich doch aus eigener Erfahrung, dass zwischen den meisten SEK’s und dem KSK ein traditionell sehr gutes und enges Verhältnis besteht. Meine Einheit hat früher mit dem KSK Erfahrungen ausgetauscht und häufiger auch gemeinsam trainiert, allerdings immer mehr oder weniger »inoffiziell«, um bloß keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Die Hauptaufgabe der SEKs liegt in der Durchführung von Zugriffsmaßnahmen gegen bewaffnete, als besonders gewalttätig oder gefährlich eingestufte Personen, wohingegen die MEKs eher der Kriminalpolizei zugeordnet sind und in erster Linie mit Observationsaufgaben betraut werden. In der Öffentlichkeit treten SEK-Beamte vor allem bei spektakulären Geiselnahmen in Erscheinung; sie sind jedoch weitaus häufiger im Einsatz als weithin vermutet. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass nahezu jede Festnahme eines als bewaffnet oder sehr gewalttätig eingestuften Straftäters von SEK-Beamten vorgenommen wird.
    Häufig hinzu kommen Einsätze bei eskalierenden Familienstreitigkeiten, wenn etwa Frauen und Kinder von einem gewalttätigen Vater bedroht oder attackiert werden. Wegen der zumeist unkalkulierbaren Emotionen, die in diesen Situationen vorherrschen, sind solche Einsätze besonders heikel, und tatsächlich kommen bei derartigen Dramen mehr Personen zu Schaden oder verlieren gar ihr Leben als bei spektakulären Geiselnahmen. Weitere Einsatzanlässe sind militante Demonstrationen, die Begleitung von besonders gefährlichen oder ausbruchsverdächtigen Inhaftierten bei Gefangenentransporten oder auch der Schutz von hochrangigen Staatsgästen. Zahlreiche Ereignisse also, zu denen SEKs gerufen werden können – und das bei einer vergleichsweise geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden Beamten.
    Dies liegt zunächst sicherlich an dem sehr rigiden Auswahlverfahren, dem sich ein potenzieller SEK-Bewerber stellen muss. Grundvoraussetzung ist natürlich, die »normale« Polizeiausbildung durchlaufen und anschließend auch bereits eine gewisse Zeit im Wach- und Wechseldienst bzw. in einer Einsatzhundertschaft absolviert zu haben. Erst dann besteht die Möglichkeit, sich für den Dienst in einem SEK zu bewerben. Wer akzeptiert wird, dem steht eine etwa ein Jahr dauernde Einführungsfortbildung bevor, in der die grundlegenden taktischen Kompetenzen vermittelt werden.
    Dabei werden hohe Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit gestellt und wird ferner die Bereitschaft verlangt, sich bis hin zur totalen Erschöpfung zu verausgaben. Die Möglichkeit, jederzeit zu versagen und den Lehrgang verlassen zu müssen, erzeugt bei den Bewerbern zusätzlichen (gewollten) Stress. Denn neben den körperlichen Fähigkeiten, die ein potenzieller SEK-Beamter mitbringen muss, ist die Stressstabilität in emotionalen Ausnahmesituationen ein ganz entscheidender Faktor, um in diesem Job bestehen zu können. Diese Fähigkeit ist allerdings nach meiner Erfahrung nur äußerst bedingt trainierbar, sondern in den meisten Fällen entweder einfach vorhanden oder eben nicht.
    Einige wesentliche taktische Inhalte der SEK-Einführungsfortbildung sind:
der Umgang mit den Standardwaffen, also mit Pistole, Maschinenpistole,
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