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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht
Autoren: Peter Schulz
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Beamtenschaft von den Spezialeinheiten halten.
    Auf unserer Dienststelle eingetroffen, rufe ich die zuständige Einsatzleitstelle in W. an, um mir neueste Informationen einzuholen. Allerdings hat sich seit meiner Alarmierung nichts Neues ergeben. Die Kollegen des Streifendienstes, die sich vor Ort auf dem Campingplatz befinden und in sicherer Entfernung den Wohnwagen unserer Zielperson beobachten, haben nichts feststellen können und sich auch an meine Anweisung gehalten, keinen Kontakt zu der Person aufzubauen.
    Ob das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist, vermag ich beim besten Willen nicht einzuschätzen, wir werden es erleben, denke ich bei mir. Inzwischen sind alle Kollegen meiner Rufbereitschaftsgruppe eingetroffen und versammeln sich um mich, um zu erfahren, was genau los ist. Zwar hat Wilhelm – der Beamte der Leitstelle, der die Alarmierung durchgeführt hat – sie alle über den Grund grob informiert, aber genauere Informationen erwarten meine Kollegen jetzt von mir. Aber sonderlich mehr habe ich auch nicht zu bieten. Ich weise sie in die mir bekannte Lage ein und ergänze dann: »Wir fahren im Overall, offen, mit kolorierten Fahrzeugen, da wir uns auf dem Campingplatz wahrscheinlich über das Gelände an den Wohnwagen annähern müssen.« Übersetzt heißt dieses Fachchinesisch einfach, dass wir, im Gegensatz zu den allermeisten Fällen, in denen eine Rufbereitschaftsgruppe des SEK ausrückt, uns nicht in ziviler Kleidung und ebensolchen Fahrzeugen auf den Weg machen werden, sondern mit ebenfalls in unserem Bestand befindlichen Streifenwagen und bekleidet mit dem für Spezialeinheiten typischen graublauen Einsatzoverall, der ebenfalls bei der GSG 9 und einigen SEKs anderer Bundesländer getragen wird.
    Ich teile die Fahrzeugbesatzungen ein. Neben unseren Streifenwagen führen wir noch einen in unserem Jargon als »Besteckwagen« bezeichneten zivilen Lieferwagen mit, in dem Utensilien gelagert sind, die bei einem SEK-Einsatz häufig benötigt werden. Dort finden sich neben Rammen in verschiedenen Ausführungen zum gewaltsamen Öffnen von Türen auch Brechwerkzeuge, ein ballistischer Schutzschild zum Schutz vor Beschuss aus Faustfeuerwaffen und einige Dinge mehr, die bei einem gewaltsamen Eindringen in Räumlichkeiten, unserem Hauptaufgabenbereich, von Nutzen sein können.
    Ich richte meinen Blick auf einen mittelgroßen, stämmigen Kollegen und sage: »Bert, du nimmst dein Gewehr mit.«
    Standardmäßig arbeiten wir in unserem Kommando im Einsatz mit einer Doppelbewaffnung. Als Hauptwaffe benutzen wir die Maschinenpistole MP 5 im Kaliber 9 mm von Heckler & Koch, mit der jeder Kollege ausgestattet ist. Als Zweitwaffe verfügen wir alle über die Pistole P226 von SIG Sauer, ebenfalls im Kaliber 9 mm.
    Bert ist als Präzisionsschütze 2 darüber hinaus mit einem persönlich zugewiesenen HK PSG1 ausgestattet. Bert würde uns im Bedarfsfall, so denke ich es mir zumindest, vor allem in der Annäherung an den Wohnwagen mit seinem Scharfschützengewehr absichern können.
    »So, gibt’s noch was, an das wir denken müssen?« Meine Frage ist durchaus keine Phrase, die Kollegen meiner Gruppe sind durchweg erfahrene SEK-Beamte, die die Handlungsroutinen und Gepflogenheiten teilweise viel besser kennen als ich, der ich erst einen knappen Monat in diesem Kommando Dienst tue. Ich will in jedem Fall klarmachen, dass wir alle an einem Strang ziehen und jeder seine Meinung kundtun kann, auch wenn ich letztlich die Verantwortung trage.
    Alle schütteln ihre Köpfe. »Ok, dann umziehen und los geht’s, ich versuche noch den Polizeiführer zu erreichen und mit ihm unsere Möglichkeiten zu besprechen …«
    Sofern man den »Apparat Polizei« nicht kennt, könnte man der Meinung sein, dass beim Einsatz einer Spezialeinheit wie dem SEK die Entscheidung über Art und Umfang des Einsatzes grundsätzlich dem Führer dieser Einheit obliegt. Dies ist aber nicht der Fall. Jeder Einsatz eines SEK wird im Rahmen einer »besonderen Aufbauorganisation« abgearbeitet und von einem Beamten des höheren Dienstes als »Polizeiführer« geführt. Dieser Beamte hat in aller Regel keine besondere SEK-Ausbildung. Er ist, für eine sinnvolle Beurteilung der Möglichkeiten der eingesetzten Spezialeinheit, sehr stark von der Beratung durch den Führer dieser Einheit abhängig. Daher ist es mir wichtig, so früh wie möglich mit diesem höheren Beamten Kontakt aufzunehmen, um bei der Absprache der geplanten Vorgehensweise keine
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