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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht
Autoren: Peter Schulz
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sprengen.«
    »Nicht gut«, denke ich sofort. Die verheerende Wirkung von Gasexplosionen ist sogar Laien nicht unbekannt, gehen doch gelegentlich Bilder von dadurch zerstörten Häusern durch die Medien. Ich bin allerdings kein Laie und weiß daher, dass die Explosion einer durchschnittlichen Campinggasflasche in einem so kleinen Gehäuse wie einem Wohnwagen unabsehbare Folgen für alle haben kann, die sich dort aufhalten. Und wenn wir der Person habhaft werden wollen, dann müssen meine Kollegen und ich uns wohl zweifelsohne in dieses Gehäuse vorarbeiten …
    Aber so weit ist es ja noch nicht.
    »Ok«, sage ich knapp und versuche zu überlegen, welche Informationen mir jetzt noch von Nutzen sein können.
    »Ist jemand von der Familie vor Ort?«, frage ich den Kollegen.
    »Soweit ich bisher weiß, ist die Ehefrau, mit der sich der Mann gestritten hat, noch auf dem Campingplatz, aber das kläre ich noch ab.«
    »Gut«, höre ich mich sagen, »ich brauche eine Verhandlungsgruppe vor Ort, und die Kollegen auf dem Campingplatz sollen die Ehefrau in jedem Fall festhalten, bis wir eingetroffen sind, ich möchte sie selbst befragen. Gib bitte weiter, dass niemand – ich betone: niemand – versuchen soll, mit der Person in dem Wohnwagen Kontakt aufzunehmen, bis wir eingetroffen sind. Das gilt auch für die Verhandlungsgruppe, falls die früher da sind als wir. Bitte alarmiere meine Einsatzgruppe, die sollen zur Dienststelle kommen, ich mach mich jetzt auch auf den Weg. Wenn ich dort bin, melde ich mich.«
    »Alles klar«, antwortet der erfahrene Kollege von der Leitstelle und legt auf. In Windeseile ziehe ich meine vorbereiteten Klamotten an, schnappe meine Mappe und springe ins Auto. Da mein Wohnort etwa 90 Kilometer von meiner Dienststelle entfernt liegt, habe ich auf der nun folgenden Autofahrt genügend Gelegenheit, die Situation zu durchdenken.
    Vielleicht sollte ich dem geneigten Leser an dieser Stelle kurz die Illusion rauben, dass bei einem solchen Alarm den zur Dienststelle eilenden SEK-Beamten ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stünde. Mitnichten. Jeder SEK-Beamte musste und muss auch heute noch in so einem Fall auf sein eigenes Fahrzeug zurückgreifen, was in vielerlei Hinsicht problematisch ist. Als Polizeibeamter im Einsatz ist er grundsätzlich berechtigt, Sonderrechte gem. §35 StVO in Anspruch zu nehmen. Er darf also zum Beispiel Geschwindigkeitsbeschränkungen missachten oder auch über rote Ampeln fahren. Allerdings ist er mit seinem Privat-Pkw wegen fehlenden Blaulichts und Signalhorns nicht in der Lage, andere Verkehrsteilnehmer zu warnen. Folglich ist die Wahrnehmung seiner Sonderrechte ein sehr theoretisches Unterfangen. Stellen Sie sich doch einmal vor, dass hinter Ihnen ein wild blinkendes, hupendes Zivilfahrzeug auftaucht, das versucht, Sie um jeden Preis zu überholen. Würden Sie dabei an ein Einsatzfahrzeug der Polizei denken?
    Aber die Sache wird sogar noch besser. Falls der SEK-Beamte während der Alarmierungsfahrt einen Verkehrsunfall verursacht, läuft er Gefahr, seinen Unfallschutz zu verlieren, da eine normale Kfz-Versicherung solche Schäden nicht abdeckt. Und eine pauschale Versicherung für solche Fälle hat der Dienstherr, trotz vielerlei Anmahnungen, bis heute nicht abgeschlossen!
    Viel besser und aus einsatztaktischer Sicht günstiger wäre es natürlich, wenn die Rufbereitschaft versehenden SEK-Beamten mit Dienstwagen ausgerüstet wären. Sie könnten dann von zu Hause aus, ohne Umweg über die Dienststelle, direkt zum Einsatzort fahren, da ihre Ausrüstung bereits im Fahrzeug verstaut wäre, und sie könnten sich per Blaulicht und Signalhorn ungehindert Vorfahrt verschaffen. Doch eine durch und durch sinnvolle Lösung heißt in Kreisen der Polizei noch lange nicht, dass sie auch zur Anwendung kommt. In diesem Fall stehen die Bedenken des Ministeriums entgegen, dass die Nutzung von Dienst-Kfz durch SEK-Beamte für eine Fahrt nach Hause im Rahmen des Rufbereitschaftsdienstes möglicherweise zu »Missbrauch«, d.h. privater Nutzung führen könnte oder sich die Fahrzeuge am jeweiligen Wohnort nicht sicher unterstellen ließen. Nun ja, jedem Spitzenpolitiker steht jederzeit eine Staatskarosse zur Verfügung, auch wenn das nur in den seltensten Fällen durch eine Situation gerechtfertigt ist, in der im wahrsten Sinne über Leben und Tod entschieden werden muss. Ich will darüber weiter gar nicht richten, aber dieses Missverhältnis sagt viel darüber aus, was Politik und höhere
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