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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag
Autoren: Eleanor Moran
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nicht eingestehen zu müssen, dass es die romantische Variante eines unbeholfenen Quickies war, als wir da im Dunkeln herummachten und verzweifelt daran glauben wollten, die richtige Stelle getroffen zu haben. Wir zogen völlig überstürzt zusammen und fingen sofort an, über Nichtigkeiten zu streiten wie die, ob der Pfefferstreuer auf dem Tisch oder im Gewürzregal stehen sollte, woran deutlich wurde, dass unsere Beziehung keine Überlebenschance hatte, wenn es darum ging, wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen. Ich weinte vor lauter Enttäuschung bittere Tränen an James’ Schulter, und er rückte mit dem fantastischen Vorschlag heraus, dass wir zusammenleben sollten, was wir jetzt auch schon seit achtzehn Monaten tun. Er ist Anwalt für Arbeitsrecht und verdient anders als ich locker genug, um allein wohnen zu können, aber ich denke, er schätzt es genauso wie ich, jemanden anzutreffen, wenn er nach Hause kommt.
    Inzwischen schaufelt er das Curry in seinen Mund, als gelte es, ein winzig kleines, unter dem Reis verborgenes Unfallopfer zu retten.
    »Lass mich mal einen Blick auf ihn werfen.«
    »Auf wen?«
    Ich weiß genau auf wen.
    »Ich hole dir deinen Laptop.«
    Während er ihn holen geht, versuche ich nicht über die Ungerechtigkeit nachzugrübeln, dass er nicht zu derart würdelosen Unternehmungen gezwungen ist. Er kann sich vor Frauen kaum retten, und er ist zwar kein richtiger Mistkerl, aber ganz freisprechen davon kann ich ihn auch nicht. Nehmen wir mal das Opfer vom letzten Monat (Anita? Angela? – irgendwas mit einem A am Anfang). Ich lernte sie kennen, als sie den Rest von meinem Müsli in eine Schüssel schüttete. Ich schüttelte vergeblich die leere Schachtel, woraufhin sie ihren Mund zu einem theatralischen »Oh!« formte und versprach, sie mir zu ersetzen. Sie hielt Wort und legte mir gleich am nächsten Tag den Ersatz dafür auf mein Bett, zusammen mit einer süßen Blumenpostkarte und der Nachricht, sie freue sich sehr darauf, mich besser kennenzulernen. Dazu kam es aber nicht: Sobald ich auch nur halbwegs zu ihr vorgedrungen war, hatte James schon mit ihr Schluss gemacht, weil ihm die sieben einzeln verpackten Geschenke, die sie ihm liebevoll zu seinem Geburtstag überreicht hatte, Angst machten. »Wie hat sie es aufgenommen?«, fragte ich, da ich mir nach unseren wenigen Kontakten gut vorstellen konnte, wie sauer sie sein musste. »Es war, als würde man ein Rehkitz erschießen«, sagte er, während er sein Sportzeug in einen Rucksack steckte. Und ich dankte meinem gnädigen Schicksal dafür, dass sich die Dinge zwischen uns so entwickelt hatten.
    Ich gehöre bestimmt nicht zu jenen verrückten Masochisten, die Serienmörder heiraten und fröhlich die Schreie ihrer Opfer mit dem Staubsauger übertönen: Zwischen James als Freund und James als Liebhaber liegen Welten. Er ist wahrhaftig mein bester Freund – der einzige Mensch auf dieser Welt, dem ich so nah bin wie Jules –, und bis ich jemanden kennenlerne, dem ich mich von Herzen verbunden fühle, bin ich wirklich dankbar, ihn an meiner Seite zu wissen, damit ich zu Hause nicht ganz vereinsame.
    »Möchtest du denn wirklich ausgehen?«, fragt er, als er mit meinem alten Laptop zurückkommt, der surrend hochfährt.
    Natürlich will ich das nicht, viel lieber würde ich mich aufs Sofa fläzen, mir im Fernsehen The Apprentice ansehen und mich mit der Person betrinken, mit der ich am allerliebsten zusammen sein möchte, aber weitere 365 so verbrachte Tage ergeben unterm Strich dann ein ganzes, in gähnender Langeweile verbrachtes Jahr.
    »Ja«, sage ich wenig überzeugend, »gewissermaßen schon.« Ich kämpfe angesichts seiner offenkundigen klammheimlichen Freude, ich könnte meine Pläne sausenlassen und bei ihm bleiben, dagegen an, nicht doch schwach zu werden. »Außerdem bleibt mir nichts anderes übrig.«
    »Wir haben seit Tagen nicht miteinander abgehangen«, sagt er und hält mir das Gerät hin, damit ich mich einloggen kann, wobei er mich über den Rand hinweg mit seinem Dackelblick anschaut.
    »Und an wem liegt das?«
    »Ich vermisse dich«, sagt er. »Es war eine verrückte Woche. Aber jetzt bin ich hier und tue alles für dich. Ich bin sogar bereit, loszugehen und unseren Weinvorrat aufzufüllen und dann zuzusehen, wie Sir Alan Peitschenhiebe verteilt.«
    »Du weißt doch sehr gut, dass er derjenige ist, der fürs Zuckerbrot zuständig ist«, sage ich und drehe den Computer herum, sodass er Luke beurteilen kann, einen
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