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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
Autoren: Sophie McKenzie
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Versuch mehr willst?«
    Die Sonne im Taxifenster steht tief über dem Regent’s Park. Eine vollkommene, brennend orangefarbene Scheibe am klaren, marineblauen, nun wieder wolkenlosen Himmel. Seine Augen funkeln im warmen Licht, und mein Herz macht vor lauter Liebe zu ihm einen Sprung. So rücksichtslos er im Geschäftlichen sein kann, ist Art im Grunde der liebenswürdigste Mensch, den ich kenne.
    »Das mit dem Termin tut mir leid«, sage ich. »Ich weiß, das war nicht richtig …« Ich bringe den Satz nicht zu Ende. Wäre ich nur nicht so durcheinander.
    »Du bist schon ganz schön verrückt, weißt du?«, meint Art liebevoll.
    Wir starren uns einen Augenblick lang an; dann beugt sich Art vor. »Kannst du mir wenigstens erklären, was dir solche Sorgen macht, Gen? Weil ich will doch nur … ich meine, das alles, das tue ich doch nur für dich, das weißt du doch. Ich will es doch nur verstehen, weil ich einfach nicht begreife, was daran falsch sein soll, es noch einmal zu versuchen.«
    Ich nicke und suche nach den richtigen Worten. Aber wie soll ich erklären, was sich schon in meinem eigenen Kopf so konfus und labil anfühlt.
    »Beth zu ›ersetzen‹ ist mir schon als Gedanke unmöglich«, sage ich.
    Ihren Namen zu sagen schmerzt. Aber wenn ich ihn nicht ausspreche, dann leugne ich ihre Existenz, und das ist noch schlimmer. Mir krampft sich der Magen zusammen.
    »Ich meinte doch gar nicht ersetzen«, verwirft Art achselzuckend das Wort, das er benutzt hatte. Er sitzt nun kerzengerade. » Selbstverständlich können wir sie nicht ersetzen. Aber wir können doch trotzdem noch einmal Eltern werden, oder nicht?«
    »Ich weiß nicht.«
    Art fasst sich an den Kragen und tastet nach dem verborgenen Loch im Stoff. »Dann lass es mich doch wissen, für uns beide.«
    »Und was ist mit den Kosten?«, wende ich ein. »Wir haben schon so viel dafür ausgegeben.«
    Art winkt ab. »Das ist wirklich unser kleinstes Problem.«
    Das ist wahr, ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, wie viel Art verdient. Dabei haben wir schon vorher keine Geldsorgen gehabt. Loxley Benson floriert nun schon eine ganze Weile, aber seit diesem Jahr läuft es einfach phänomenal. Kaum eine andere kleine Firma in England wächst im Augenblick so schnell.
    »Es geht mir auch gar nicht um die Menge«, sage ich. »Aber die Vorstellung, dass man gutes Geld dem schlechten hinterherwirft und …«
    »Lieber Gott, Gen, so viel ist es ja nicht. Ein paar Tausend vielleicht. Durch Die Verhandlung kriege ich praktisch täglich neue Aufträge. Ich hatte neulich ein Kundengespräch mit einer Frau aus irgendeinem Regierungsprogramm; bei der Tagung morgen in Brüssel will sie mit mir darüber reden, wie sie mich dort mit hineinholen kann. Es läuft wirklich fantastisch, Gen, genau wie ich es vorhergesagt habe. Wir sind dabei, gewaltig groß zu werden.«
    »Aber …« Ich breche ab, kann nicht aussprechen, was mich wirklich bedrückt, nämlich dass ich mir seit seinem beruflichen Senkrechtstart völlig unzulänglich vorkomme. Das ist natürlich ungerecht, wo er sich doch so für uns abrackert. Als Schwangere habe ich mich ihm ebenbürtig gefühlt. Als leistete ich endlich auch einmal einen angemessenen Beitrag zu unserer Ehe. Aber jetzt, wo er das Geld mit vollen Händen heranschafft, wird umso mehr deutlich, wie sehr ich bei meinem Teil der unausgesprochenen Abmachung versagt habe.
    »Du musst das einfach wollen, Gen. Wir schaffen das. Ich werde dafür sorgen.«
    Seine Worte, die Entschlossenheit um seine Mundwinkel, sein ganzer Körper … alles so überzeugend. Und, wie ich aus Erfahrung weiß, praktisch unwiderstehlich.
    »Du willst es tatsächlich noch einmal versuchen, nicht?«
    Er zuckt mit den Achseln. »Was ist die Alternative? Adoption?«
    Ich schüttele den Kopf. Darin zumindest waren wir uns immer einig. Wenn wir ein Kind kriegen, dann muss es schon unser eigenes sein.
    »Eben.« Er lehnt sich nach vorn. »Ich möchte das wirklich, Gen.« Er verstummt und seine Lippen beben. »Aber nur, wenn du es auch willst.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde sieht er verletzlich aus, wie ein kleiner Junge, und ich sehe, wie sehr er fürchtet, ich käme nicht über Beths Tod hinweg und dass unsere Liebe darüber verloren gehen könnte … weil ich eines Tages entweder Beth loslassen muss – oder Art.
    »Ich möchte das mit dir zusammen tun, Gen«, flüstert er. »Bitte begreif das doch.«
    Das Taxi kommt vor der Ampel zwischen Camden High Street und Kentish
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