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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
Autoren: Sophie McKenzie
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sich an Mr. Tam. »Sagen Sie’s ihr doch bitte auch. Sie ist nicht zu alt.«
    Mr. Tam holt tief Luft. Seine Züge bleiben entspannt und geschäftsmäßig, aber sicherlich fragt er sich, warum ich bei all meinen Bedenken überhaupt hergekommen bin. »Sie haben natürlich völlig recht, Mrs. Loxley. Es gibt keine Erfolgsgarantie. Aber sie sind schon einmal schwanger geworden, und das ist ein gutes Zeichen. Und vierzig ist für eine IVF wirklich kein Alter.«
    Ich starre ihn an, ihn und sein gütiges, beruhigendes Lächeln.
    »Ich glaube nicht …« Meine Stimme bebt. »Ich weiß nicht, ob ich das … ob ich das alles noch mal durchstehe …« Mir versagt die Stimme, und ich blicke auf den Teppichboden. Er hat einen braunen Fleck in Form einer Kidneybohne, neben dem hinteren Tischbein.
    Warum fällt es mir so schwer auszusprechen, was ich will? Wie mir zumute ist?
    Leise dringt mir Arts Stimme ins Ohr, eindringlicher denn je. »Gen, wir müssen es weiter versuchen. Begreifst du das nicht? Wenn du möchtest, mache ich für dich eine komplette Risikobewertung anhand der ICSI -Statistik, versprochen! Die Chancen lassen sich ja berechnen, und wenn’s gut aussieht, dann kriegen wir das zusammen hin, so wie wir alles zusammen hinkriegen.«
    Ich sehe auf. Mr. Tam ist zur Sprechanlage gegangen, beim Vorhang, der einen Bereich abteilt. Er spricht leise. Und gibt Art und mir damit Gelegenheit, uns zusammenzuraufen.
    Ich sehe Art an. In seinen Augen tanzt diese neue Hoffnung. Ich hasse mich, weil ich nicht ebenso empfinde.
    »Ich weiß, wie schwer das für dich ist, mit den Medikamenten und Arztterminen und allem«, fährt er fort. »Und ich weiß, dass wir das schon fünfmal durchgemacht haben …«
    »Sechsmal«, verbessere ich.
    »… aber es wäre doch noch einen Versuch wert«, drängt er. »Findest du nicht auch, dass es noch einen Versuch wert wäre?«
    Ich schüttele den Kopf. Früher hatte ich das auch gedacht, vielleicht auch noch bei den ersten Versuchen nach Beth. Aber der immer wiederkehrende Schmerz nach einem weiteren fehlgeschlagenen Versuch, der war es eindeutig nicht wert.
    Art runzelt die Stirn. »Ich verstehe nicht, warum du’s nicht noch einmal versuchen willst«, meint er. Er möchte verständnisvoll klingen, aber im Unterton schwingt Ungeduld mit. »Wenn die Chancen vernünftig stehen, meine ich.«
    Ich atme tief ein und wieder aus. »Es ist nicht wegen der Chancen und der Risikofaktoren und der Medikamente.« Ich sehe ihm in die Augen in der Hoffnung, Verständnis aus ihnen lesen zu können. Ich flüstere. Noch immer fällt es mir unendlich schwer, ihren Namen laut auszusprechen. »Es ist wegen Beth.«
    Er scheint verwirrt. »Du meinst, es schmälert ihr Andenken, wenn wir es noch einmal versuchen?«
    »Nicht direkt …«
    »Oh, Gen. Wir ehren ihr Andenken doch trotzdem. Es ist ja geradezu der Beweis, wie sehr wir sie geliebt haben … dass wir sie unbedingt … ersetzen wollen.«
    Ersetzen wollen?
    Mr. Tam sitzt wieder am Schreibtisch und legt die Fingerspitzen aneinander.
    Arts Worte klingen mir in den Ohren. Ich starre wieder auf den bohnenförmigen Fleck, und das Blut pocht in meinen Schläfen.
    »Ich glaube, wir müssen noch einmal darüber nachdenken«, sagt Art schließlich. Es klingt gedämpft, wie in weiter Ferne.
    »Natürlich.« Mr. Tam lächelt. Ich höre es am Tonfall und starre weiter auf den Fleck. »Das ist ja bislang nur ein Vorschlag. Da sollten wir wirklich nichts übereilen.«
    Ich sehe auf. »Das ist eine gute Idee.«
    Art legt mir den Arm um die Schulter. »Unbedingt.«
    Ein paar Minuten später sind wir draußen und fahren mit dem Taxi nach Hause. Für Art die einzige Transportweise. Er könnte sich leicht einen Chauffeur leisten, jetzt wo Loxley Benson boomt, aber er hasst alles Elitäre. Wenn ich einwende, Taxis seien ebenso elitär, dann entgegnet er, sie seien im Vergleich zu den langsamen Bussen und Bahnen praktischer, und seine Zeit sei eben Geld.
    Wir sagen nichts. Ich bin noch immer aufgewühlt. Plötzlich merke ich, dass er mit mir redet.
    »Entschuldige?«
    »Das musste doch nicht sein.« Er nimmt meine Hand und legt sie zwischen die seinen.
    Ich sehe nach unten. Der Nagel an meinem Zeigefinger ist ganz abgekaut, die Nagelhaut fast blutig. Ich rolle ihn ein, damit er nicht zu sehen ist. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass ich ihn im Mund hatte.
    Arts Hände üben sanften Druck aus. »Warum hast du mich den Termin machen lassen, wenn du dir so sicher warst, dass du keinen
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