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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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Werden Sie mich auch heute operieren?«
    Dr. Bruckner schüttelte lachend den Kopf. »So schnell schießen nicht einmal die Preußen! Auch bei einem kleinen Eingriff brauchen wir ja eine gewisse Vorbereitung. Ich schlage folgendes vor: Sie fahren jetzt nach Hause und holen sich alles Notwendige für einen Klinikaufenthalt. Dann nehmen wir Sie auf, und ich werde den Eingriff für morgen früh ansetzen. Würde Ihnen das so passen?«
    Sartorius überlegte. »Jetzt kommt alles wirklich sehr überraschend. Daß ich heute schon aufgenommen werden könnte, damit habe ich nicht gerechnet. Aber ich glaube, es ist so das beste.«
    »Also gut –«, Bruckner wandte sich an Schwester Angelika, die hinter den Schreibtisch getreten war, »Herr Sartorius wird heute aufgenommen. Wann können Sie hier sein?«
    »Wenn ich gleich nach Hause fahre und meine Sachen packe, noch alles andere erledige, könnte ich am späten Nachmittag zur Aufnahme kommen. Wäre das recht?«
    »Ausgezeichnet! Sie brauchen nichts weiter mitzubringen als Ihr Toilettenzeug. Alles andere bekommen Sie hier.« Er reichte Peter Sartorius die Hand. »Also – bis heute Abend. Ich muß gestehen, daß ich mächtigen Hunger habe. Sie gestatten also, daß Herr Heidmann und ich uns jetzt zurückziehen.«
    »Es tut mir leid, daß ich Sie so lange vom Essen abgehalten habe.«
    »Ein bißchen hungern dann und wann tut ganz gut!« Bruckner wollte zur Tür gehen; Schwester Angelika hielt ihn zurück. Sie deutete auf den Tisch. »Jetzt habe ich den Kaffee wohl doch vergeblich gekocht?«
    Dr. Bruckner kam lächelnd zurück. Er nahm eine Tasse auf, tat etwas Zucker und Milch hinzu, rührte um und trank sie in kleinen Schlucken leer. »Zufrieden?« fragte er Schwester Angelika.
    »Natürlich! Nur bereitet man ja ungern etwas vor, wenn es nachher sinnlos war. Bitte sehr …« Sie deutete auf einen Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand, und nickte Peter Sartorius zu. »Nehmen Sie bitte Platz!«
    »Ich kann den Kaffee auch im Stehen trinken!«
    »Es geht hier nicht allein ums Kaffeetrinken. Ich muß Ihre Personalien für die Verwaltung haben. Solange Sie hier nicht eingetragen sind«, Schwester Angelika klopfte mit der Hand auf das Aufnahmebuch, »existieren Sie für uns nicht.«
    Sie setzte eine Brille auf, griff nach einem Kugelschreiber und schaute ihr Gegenüber fragend an: »Name?«
    »Peter …«, der Patient zögerte einen Augenblick. Es sah aus, als müsse er sich überlegen, wie er heiße. »Sartorius«, beantwortete er schließlich die Frage der Schwester.

2
    Peter Sartorius ging zum Parkplatz und setzte sich in seinen Wagen. Er wußte nicht recht, ob er sich freuen sollte, daß er morgen operiert wurde, oder ob das Ganze nicht ein wenig übereilt war. Eigentlich hatte er noch die Operation hinauszögern wollen, aber es hatte sich plötzlich eine Gelegenheit ergeben, die er ausnutzen wollte.
    Seine Freundin Bärbel Linke mußte dienstlich nach Paris fahren. Das war die beste Gelegenheit, die Operation durchführen zu lassen. Wenn sie zurückkam, war alles überstanden. Er würde jünger aussehen; der äußere Unterschied, der ihm so oft Ärger bereitet hatte, würde endlich verringert werden.
    Er ließ den Motor an, fuhr den Wagen vom Parkplatz und bog in die Hauptstraße ein. Der Verkehr war um diese Zeit ziemlich stark. Er kam nur langsam vorwärts. Es dauerte lange, bis er endlich sein Haus erreicht hatte.
    Gegenüber seinem Haus war ein Parkplatz frei. Er fuhr in die Parklücke, stellte den Motor ab und verließ den Wagen. Als er die Straße überquerte, wäre er beinahe überfahren worden. Er schaute nicht nach rechts und nicht nach links, sondern stürmte nur auf das Haus zu. Der Autofahrer, der ihn beinahe angefahren hatte, bremste und kurbelte das Fenster herunter. »Immer dieser Ärger mit den alten Leuten«, schimpfte ein junger Mann der am Steuer saß.
    Die Bemerkung ›alte Leute‹ kränkte Peter Sartorius. Wenn er mit Bärbel ausging, sprach man immer von seiner Tochter. Das ärgerte ihn – und amüsierte sie! Sie hatte ihm oft genug gesagt, daß es ihr nichts ausmache, wie alt er sei. Sie wolle von ihm ja nichts weiter als ein kameradschaftliches Verhältnis. Und das könne sie mit einem Jüngeren nicht in dem gleicher Maße haben.
    Er schloß die Tür seiner Wohnung auf, trat ein, legte seinen Mantel ab und ging ins Schlafzimmer. Auf dem Schrank hatte er den Koffer stehen, den er für kleinere Reisen brauchte. Er nahm ihn herunter, öffnete den
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