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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung
Autoren: Ann Westphal
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der regelmäßigen Bewegung im Wasser war er wieder bei bester Gesundheit und sah nicht zuletzt wegen seiner sonnenunempfindlichen, gebräunten Haut blendend aus. Sein Haar war inzwischen von vielen grauen Strähnen durchzogen, und in seinem Gesicht fanden sich etliche Linien, die auf eine glückliche Vergangenheit schließen ließen und ihn immer noch attraktiv machten. Mittlerweile trug er einen Bart und benötigte eine Brille zum Lesen. Es war nicht seine Art, sich in der neuen Umgebung aufgrund seines Alters zur Ruhe zu setzen. Ebenso wie ihre Eltern bereits Jahre vor ihrer Geburt schon einmal erfolgreich einen Neuanfang gewagt hatten, war es ihnen gelungen, hier wieder Fuß zu fassen. Lenis Vater hatte seine Tätigkeit als Justiziar in einer Maschinenfabrik mit dem Weggang aus der alten Heimat beendet. Gleichzeitig war er dort beratend in parteipolitischen Angelegenheiten aktiv gewesen. Diese Arbeit setzte er in Form von regelmäßigen Veröffentlichungen und Beratungsschreiben fort, was einen regen Schriftverkehr erforderte. Gelegentlich referierte er als Gastdozent an einer Fakultät für Rechtswissenschaften. Lenis Mutter Elli hatte über die Jahre ebenfalls nichts an Schönheit eingebüßt. Sie war immer noch schlank, ihre weiblichen Rundungen waren zur Freude ihres Mannes ein wenig üppiger und weicher geworden. Ihre Haut war immer noch sehr hell und zart - sie hatte die Sonne stets gemieden. Ihr Gesicht erschien nicht mehr wie früher unschuldig kindlich, sondern reifer und erfahrener, aber nichtsdestotrotz noch immer überaus anziehend. Und in ihren Augen lag wie früher ein Leuchten, das nichts von der leidenschaftlichen Kraft von damals verloren hatte. Sie hatte sich neben der geschäftlichen Korrespondenz ihres Mannes in den letzten Jahren verstärkt um Lenis Erziehung und Ausbildung gekümmert. Vor allem hatte sie ihre Tochter mit der neuen Sprache vertraut gemacht und ihr über den Verlust ihrer Freunde, die sie in der alten Heimat zurücklassen musste, hinweggeholfen. Inzwischen war Leni mit dem Leben hier vertrauter als sie es jemals in der alten Heimat gewesen war. Sie hatte die höhere Schule besucht, Freunde gefunden, und die Sprache war ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie gar nicht mehr wusste, wie es jemals hätte anders sein können. Nun studierte sie und kam in den Semesterferien für mehrere Wochen zu Besuch. Ihre Eltern hatten sie darin bestärkt, diesen Weg zu gehen. Sie waren sich einig, dass zu einem freien Leben auch ein freier Geist gehörte und wollten ihrer Tochter alle Möglichkeiten offen halten.
    Auch ihr Patenonkel Jakob, den ein früherer Schicksalsschlag besonders eng mit ihrem Vater verband, hatte immer wieder betont, wie wichtig Bildung für die weitere Lebensperspektive sei. Er selbst hatte von den Anstrengungen ihrer Eltern, seine Ausbildung zu unterstützen, für sein weiteres Leben profitiert. Seine Aussichten als Kind aus einfachen Verhältnissen waren naturgemäß nicht die besten gewesen, und es hatte durchaus die Gefahr für ihn bestanden, auf die schiefe Bahn zu geraten. Da sich Lenis Eltern seiner angenommen hatten, konnte er regelmäßig die Schule besuchen, schließlich auch die höhere Schullaufbahn einschlagen und ein Studium der Rechtswissenschaften erfolgreich absolvieren. Er war seinem Vorbild - ihrem Vater - nachgeeifert, was sich nur zu seinem Vorteil ausgewirkt hatte. Bei Lenis Geburt war er kaum älter als sie heute gewesen. Inzwischen war er dreiundvierzig und glücklich verheiratet mit einer anmutigen Frau, die ihm zwei Kinder geschenkt hatte - einen aufgeweckten Jungen und ein blitzgescheites kleines Mädchen. Leni fragte sich, was er wohl zu der Neuigkeit ihrer Hochzeitspläne sagen würde. Vermutlich würde er ihr nahelegen, keinesfalls ihre Ausbildung zu vernachlässigen - Hochzeitspläne hin oder her. Sie würde ihn beruhigen können, denn sie plante nicht, ihren eingeschlagenen Weg abzubrechen, gleichgültig wie groß die Liebe war. Leni freute sich auf den baldigen Besuch ihres Patenonkels und seiner Familie. Wie jeden Sommer stand seine Ankunft zusammen mit seinerFrau und den beiden Kinder kurz bevor. Sie verbrachten ihren Sommerurlaub bereits seit Jahren bei Leni und ihren Eltern - im Haus war ohnehin genug Platz, und Gäste waren jederzeit willkommen. 
     
    Als Leni dreizehn Jahre alt war, hatten es ihre Eltern für angemessen gehalten, sie mit der geheimnisvollen Welt der körperlichen Liebe vertraut zu machen. Was sie zuvor
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