Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
Vom Netzwerk:
sich nicht dort, wo man das Ding drehen wird, nicht einmal irgendwo in der Nähe. Und man trifft sich nicht dort, wo man eine Bleibe, einen toten Briefkasten, einen Kontakt oder ein Zuhause hat. Vor drei Tagen, gleich nach seinem Gespräch mit Claire, hatte Parker angefangen, Anrufe zu tätigen, und als er die beiden Männer erreichte, die er dabeihaben wollte, beschränkte er den Smalltalk auf ein Minimum und sagte dann beide Male das gleiche: »Ich hab neulich Edward Lynch getroffen. Erinnerst du dich an ihn?« Beide sagten, ja, sie erinnerten sich an Edward Lynch, was er denn inzwischen so treibe. »Vertreter, bereist das ganze Land. Hat gesagt, er fährt nach Denver und trifft sich dort am Donnerstag mit Bill Brown, dann immer weiter. Reisen, nichts als Reisen, mir würde so ein Leben auf den Keks gehen.« Beide stimmten zu, dass Edward Lynch ein schweres Leben habe, dann redeten sie noch ein bisschen Unsinn und legten auf, und jetzt war Donnerstag, und Parker war hier als Edward Lynch und hatte zwei Nachrichten in seiner Tasche.
    Von dem Zimmer hatte man einen Ausblick über Denver, eine Stadt, die flach und breit daliegt. Von so hoch obenwirkte sie hellbraun, starr, reglos, eine Wüste, die früher einmal von Menschen bewohnt war.
    Nachdem Parker sich kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt und seine Tasche ausgepackt hatte, legte er die beiden Nachrichten auf den Tisch neben das Telefon. Beide enthielten Nummern hier im Hotel. Die eine war von Jack Strongarm, die andere von Chuck Michaels. Jack Strongarm musste Dan Wycza sein, ein großer, stämmiger Kerl, von dem man wusste, dass er in schlechten Zeiten als professioneller Wrestler arbeitete; den Namen Strongarm benutzte er im Ring. Chuck Michaels konnte nur Mike Carlow sein, ein Fahrer, der auch professionelle Rennen fuhr; ein Verrückter auf der Rennbahn, aber ansonsten solide, zuverlässig und vertrauenswürdig.
    Parker hatte noch keine Ahnung, ob die Sache mit dem Schiff sich realisieren ließ, aber falls ja, dann brauchte er tüchtige Profis, um das Ding durchzuziehen. Er hatte sowohl mit Wycza als auch mit Carlow schon mehrmals gearbeitet, und das beste war, dass die letzten beiden Male mit einem von ihnen jeder einen Profit gemacht hatte. Wycza und Carlow hatten Parker also bestimmt in guter Erinnerung und würden gern wieder mit ihm arbeiten.
    Er rief die beiden Nummern an, und beide Male meldete sich eine vorsichtige Stimme. »Ist da vier zweiundneunzig?« fragte er beide Male, weil er die Zimmernummer 924 hatte, und beide verneinten. Er entschuldigte sich zweimal, legte auf, trug den Eimer weg, um Eis zu holen, und als er zurückkam, sah er Mike Carlow aus der anderen Richtung kommen: ein schmaler, grobknochiger Mann in den Vierzigern, nicht ganz mittelgroß – gut, wenn man in einen Rennwagen passen musste. Er hatte das ledrige Gesicht und die hellen Augen eines Mannes, der sich viel im Freien aufhält. Seine Nase war lang und schmal, die Lippen dünn, der Adamsapfelvorspringend. Er erreichte Zimmer 924 vor Parker, und als Parker ankam, nickte er und sagte: »Hallo, Parker. Lange her seit Tyler.« Das war der Ort gewesen, an dem sie das letztemal zusammengearbeitet hatten. Sie waren in Tyler alle gut weggekommen, mehr als fünfundzwanzigtausend Dollar pro Mann. Die Erinnerung glomm in Carlows hellen Augen.
    Parker schloss auf, und sie gingen hinein. »Da stehen Gläser und die Flasche, und hier ist Eis.«
    Carlow sah die Gläser und sagte: »Sind wir zu dritt?«
    »Dan Wycza.«
    »Fürs Grobe. Gut.« Wycza war in Tyler ebenfalls dabeigewesen.
    Carlow tat einen Eiswürfel in ein Glas, goss soviel Whiskey darüber, dass er schwamm, schaute dann zu Parker hinüber, hielt die Flasche hoch und fragte: »Auch einen?«
    »Das gleiche«, sagte Parker. Es klopfte zweimal an die Tür. »Mach zwei draus«, sagte er und ging an die Tür.
    Dan Wycza war ein riesiger, kahlköpfiger Mann mit einem hübschen, übermütigen Gesicht und schweren Schultern, die er automatisch schräg stellte, wenn er durch eine Tür ging. Er betrachtete die Welt mit amüsiertem Misstrauen, als sei jeder, den er sah, ein Gegner im Ring, bei dem man sich nicht darauf verlassen konnte, dass er sich an die Regeln halten würde. Eine Zeitlang machte das Gerücht die Runde, er sei tot, doch dann tauchte er wieder auf. Er war außerdem ein Gesundheitsfreak, was ihn aber nicht davon abhalten würde, ein Glas Bourbon zu akzeptieren. Er kam herein, straffte seine Schultern, nickte Parker zur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher