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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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und trotzdem entgleiten sie einem immer wieder einmal. Warum alles noch schlimmer machen? Aus dem Fenster springen und darauf hoffen, dass gerade ein Matratzentransporter vorbeifährt? Warum? Höchstens, wenn es brennt.«
    Das war offenbar die richtige Antwort. Cathman strahlte wie ein Mann, der in der Tombola einen Truthahn gewonnen hat. Er sagte: »Der Grund, weshalb Sie so denken, Mr. Parker, wenn Sie gestatten, und der Grund, warum ich so denke, ist, dass wir nicht verzweifelt sind. Wir sind nicht gelangweilt und unzufrieden mit unserem Leben. Wir geben nicht jede Woche zwanzig Dollar für eine Zahlenkombination in der Staatslotterie aus, in der Hoffnung, dass wir uns damit ein neues Auto, ein neues Haus, einen neuen Job, eine neue Frau, bessere Kinder und einen robusteren Magen kaufen können. Glücksspiel verdient am Elend anderer, Mr. Parker, am Elend und an der Unzufriedenheit. Wo die Menschen zufrieden und zuversichtlich sind, floriert das Glücksspiel nicht.«
    Parker begriff allmählich, dass Cathman nicht ein Mann mit einem Job war, sondern ein Mann mit einem Anliegen. Wozu brauchte er dann aber einen Howell oder einen Parker? »Sagen Sie mir, worauf Sie hinauswollen.«
    »Lassen Sie mich Ihnen zunächst sagen, wer ich bin«, erwiderte Cathman und griff in seinen Mantel. Parker war augenblicklich auf der Hut und schaute auf den Adamsapfel, den er treffen musste, doch Cathman brachte nur ein kleines flaches Lederetui zum Vorschein. Er öffnete es und entnahm ihm eine Visitenkarte. Parker nahm sie:
     
    HILLIARD CATHMAN
     
    Hilliard Cathman & Kollegen | Stadt- und Strategieplanung
    Consultants für Ressourcenverwendung
     
    14-152 State Plaza | Suite 1100 | Albany, NY 12961
    Tel. 51 88 28-33 44 | Fax 51 88 28-33 88
     
    »Seit ich kein Beamter mehr bin«, erklärte Cathman, »kann ich meine Kontakte und meine Kenntnisse auf breiterer Basis einsetzen, und das ist auch viel befriedigender für mich. Ich bin nicht mehr auf den Staat New York beschränkt und auch nicht nur auf eine Behörde.«
    Parker wollte ihm die Karte zurückgeben, aber Cathman winkte ab: »Nein, behalten Sie sie. Sie müssen eins wissen. Ich kenne mich aus, und ich bin zuverlässig. Auf meinem Gebiet. Wie Mr. Howell es auf seinem war und Sie, wie er mir glaubhaft geschildert hat, auf Ihrem.«
    »Ich sehe trotzdem noch nicht, wohin uns das führen soll«, sagte Parker.
    Cathman schaute auf den Fluss hinaus, offenbar um seine Gedanken zu sammeln. Der Fluss war breit hier und hatte eine starke Strömung. Von hier waren es hundertsechzig Kilometer bis zum Hafen und zur Mündung.
    »Die Politiker, das muss ich leider sagen, sind vom Spielfieber befallen«, erklärte Cathman. »Sie sehen darin eine sichere Form der Besteuerung, eine Möglichkeit, Geld von den Leuten einzusammeln, ohne Unzufriedenheit oder einen Aufstand der Steuerzahler auszulösen. Das erreichen sie mit einer Lotterie, mit Pferdewetten und auch mit einem Spielcasino. Im Staat New York haben drei Urlaubsregionen die Genehmigung zum Betrieb eines Spielcasinos. Das Gebiet hier gehört nicht dazu.«
    »Dann können sie sich glücklich schätzen«, sagte Parker.
    »Ja, das können sie, aber sie wissen es nicht. Vor allem Foxwood macht sie richtig wild. Es ist so nahe, und es ist sehr lukrativ. Deshalb wurde ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, und es wird noch vor Monatsende rechtskräftig werden. Dadurch bekommt der Staat New York eine vierte Glücksspielzone.« Er streckte den Arm aus. »Den Fluss.«
    »Ein Casinoschiff?«
    »Ja. Es gibt in Amerika eine ganze Menge davon, und wenn sich die Gesetzeslage ändert, wechseln sie einfach den Standort, von einem Staat zum anderen. Das Schiff, das auf dem Hudson eingesetzt werden wird, zwischen Poughkeepsie und Albany, dampft zur Zeit die Atlantikküste herauf zu seinem neuen Einsatzgebiet und hat bis vor kurzem noch den Namen Spirit of Biloxi getragen. Es gibt aber so viele Casinos in der Gegend von Biloxi und die Konkurrenz ist derart mörderisch, dass die Eigner des Schiffs kein Problem damit hatten, es in Spirit of Hudson umzutaufen.«
    »Sehr loyal«, meinte Parker.
    »Ja, die hängen ihr Mäntelchen nach dem Wind«, stimmte Cathman zu. »Da es im Augenblick eine starke Anti-Glücksspiel-Fraktion im Parlament gibt oder besser gesagt mehrere solcher Fraktionen – die Einwände sind religiöser, praktischer oder missgünstiger Art –, wurde zunächst nur die Genehmigung für eine Probezeit von vier Monaten erteilt. Und
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