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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder
Autoren: Paul Grote
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Bram van Buyten leise und giftig.
    »…   ich bin der Geschäftsführer dieses Hotels.« Horowitz’ Räuspern war seiner Aufgeregtheit geschuldet und machte die Spannung bedrohlicher. »Statt Sie herzlich zu begrüßen,wie Sie es verdient hätten, habe ich eine schreckliche Pflicht. Ich muss Ihnen eine   … entsetzliche Nachricht   … äh   … überbringen. Der von uns allen   … hochgeschätzte Mister Alan Amber, ein Wein   … experte von   … äh   … internationalem Ruf und   … äh   … Ansehen, ein großer Mann, eine Persönlichkeit von Weltruf, wurde heute Morgen tot in seiner Suite   ….«
    Da brach der Tumult los.
    Tisch dreizehn, dachte Henry, verflucht, und dann noch dreizehn Flaschen, so ein Dreck. Es musste so kommen, sie werden ihn umgebracht haben, an Herzschlag ist er sicher nicht gestorben. Und er wunderte sich, dass sein Entsetzen sich in Grenzen hielt. Statt schockiert zu sein, erinnerte Henry sich an den Moment, als Frank Gatow heimlich das Foto von Amber am Spieltisch gemacht hatte. Er hatte ihn vor Augen, als man ihm die Jetons zum Weiterspielen zusteckte, er sah nur die Hände dessen, der sie ihm zugeschoben hatte, er sah Hände, dann ein Tablett, darauf die Flasche Spätburgunder mit dem Glas   – es wird sein letzter gewesen sein, dachte Henry und hörte wieder das helle Klicken der Jetons auf dem grünen Filz   …

1
Hecklers Kettenhund
    »Nimm das nicht auf die leichte Schulter!«
    »Ach was. Man darf derartigen Unsinn nicht überbewerten. Da spielt sich jemand auf.«
    »Schon möglich, aber in diesem Fall glaube ich das nicht. Für mich hört sich das nach einer sehr konkreten Drohung an. Da meint es jemand ernst. Der Name des Absenders sagt dir nichts?«
    »Welcher?«
    »Na, der Absender dieser E-Mail . Wieso fragst du?«
    Als Isabella zögerte, kam Henry ein Verdacht. Er blickte sich um, die Sonne war längst untergegangen, und er war der einzige Gast auf der Terrasse des »Parador« von Granada. Trotzdem drückte er sein Mobiltelefon fester ans Ohr und sprach leiser: »Gibt es mehr als diese eine Mail?«
    Isabella schwieg einen Moment zu lang, um seinen Verdacht zu zerstreuen. Ihre Antwort kam ein wenig kleinlaut.
    »Ja   … die gibt es.«
    »Wie viele?«
    »Es ist wirklich erst die zweite, Henry. Ich weiß, ich hätte dir besser nichts davon erzählt. Mach bitte keine große Story daraus. Dahinter ist nichts, wirklich!«
    Henry war zu besorgt, um sich zu ärgern, dass Isabella ihm die erste Drohung verschwiegen hatte. »Wie lange ist das her? Wann kam die erste?« Er spürte, dass er die Fragezu hart und auch zu barsch gestellt hatte, sofort tat es ihm leid. Ob Isabella die Sache wirklich so leicht nahm?
    »Eine Woche erst   …«
    »Und   – diese erste Nachricht   – hatte denselben Inhalt?«
    »So in etwa.«
    »Was heißt das, so in etwa?«
    »
Bueno
, es ging auch darum, dass ich aufhören soll, mich in diese Sachen einzumischen.«
    »Und das tust du einfach so ab? Diese Leute sind gefährlich, Isabella. Wer war als Absender angegeben?«
    »Beim ersten oder zweiten Mal?«
    »Bitte,
por favor
, stell dich nicht an, du bist doch sonst nicht schwer von Begriff. Nimmst du das wirklich nicht ernst, oder überspielst du deine   …« Henry hatte »Angst« sagen wollen, aber er wusste nicht, ob Isabella wirklich Angst hatte, und wenn dem so war, würde sie sich weiter sperren. Er jedenfalls nahm die Drohung ernst. Wenn es um die Exhumierung der Leichen des Franco-Regimes ging, kannten beide Seiten kein Pardon, weder Isabella noch ihre Gegner. Er empfand es als grotesk, dass sich sogar noch siebzig oder mehr Jahre nach den grauenhaften Ereignissen zwischen den Gräbern die alten Gräben des spanischen Bürgerkriegs auftaten, die alten Feindschaften aufflammten und die Angehörigen der Opfer mehr Angst hatten, offen darüber zu reden, als die Nachkommen der Täter von einst.
    »Wie heißt denn nun der verdammte Absender?«
    »Es war ein Komitee, ich habe den Namen bereits im Internet überprüft   …«
    »Im Internet steht auch nicht alles«, unterbrach er sie.
    »…   ich finde nichts dazu. Niemand kennt die ADP   – Associación para la Dignidad de la Patria   – den Verband für die Würde des Vaterlandes. Es ist unglaublich, mit welcher Frechheit die auftreten. Wir sprechen über Europa, und die reden übers Vaterland. Aber das sind die letzten Zuckungen des Faschismus.«
    »Solche Zuckungen können sehr schmerzhaft sein, Isabella, Sterbende
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