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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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war um ihn geschehen.
    Er spürte, wie sie sich neben ihm auf die Bank gleiten ließ; er erhaschte einen Dufthauch ihres Patschuliöls. Er öffnete die Augen, sah sie im Profil. Sie schaute hinauf in den schweren Himmel. Er beobachtete, wie ein Regentropfen über ihre Wange kullerte. Sie zuckte ein wenig zusammen, öffnete eine Flasche Mineralwasser und schluckte eine Tablette.
    »Tut dein Gesicht noch weh?«, fragte er und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    Mit geschlossenen Augen nickte sie kaum wahrnehmbar. Sie klagte nie.
    »Siehst du das kleine Mädel mit den Leuchten an den Gummistiefeln?«
    »Ja«, sagte Frances, blickte jedoch gar nicht hin.
    »Worauf sitzt sie? Auf einem Pelikan oder auf einem halbgaren Truthahn?«, fragte er, während der rosa Vogel vorbeischwebte und seinen Schal aus Rauschgold hinter sich herzog.
    Sie antwortete, ohne die Augen aufzuschlagen. »Ein Flamingo.«
    Er drückte ihre Schulter sanft, und sie lächelte.
    »Weißt du, Frankie …«
    »Nenn mich nicht Frankie«, flüsterte sie. »Ich heiße Fran.«
    »Fran, ich werde dir jetzt etwas sagen, was ich noch zu keiner anderen Frau gesagt habe.«
    Sie zog eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen hoch.
    »Gehen wir zu Marks und holen uns ein schönes Curry.«
    Frances hörte nicht zu. Sie beobachtete einen Santa Claus, der eine grell mit Alufolie beklebte Mülltonne auf Rädern schob. An den Seiten klebten Poster, die um Spenden für die Erdbebenopfer baten, und ein Rentier tanzte um einen behelfsmäßigen Squidgy McMidge, der eine goldene Trompete hielt und aus dessen Mund eine Sprechblase kam: Her mit der Knete!
    »Sieh dir das an – 76 000 Tote, und die Zahl steigt . Da klebt sogar das Bild von dem kleinen Andy, der da draußen irgendwo ohne ein Dach über dem Kopf im Freien sitzt …«
    »Die haben doch nur irgendein Gesicht herausgepickt, um dein Mitleid zu erregen, Fran, mehr ist da nicht dran«, meinte Mulholland.
    Aber Frances beachtete ihn gar nicht; sie kramte Münzen aus ihrem Portemonnaie zusammen, und die Tränen standen ihr in den Augen, während sie das Bild von Andy Ibrahim betrachtete.
    »Du gibst denen auch noch deinen letzten Penny«, sagte Mulholland, obwohl er wusste, dass er sie nicht zurückhalten würde. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Dann bezahle ich eben das Curry.«
    Detective Sergeant Costello saß unbehaglich auf dem riesigen Ledersofa in Sarah McGuires Wohnzimmer, das ganz in Beige und Cremeweiß gehalten war, und ihre Füße versanken in dem Berberteppich. Sie nippte am Tee und bemühte sich nach Kräften, das starke Earl-Grey-Aroma zu ignorieren, denn sie bevorzugte Typhoo. Es war halb eins, und jetzt, am Ende einer Vierzehn-Stunden-Schicht, wurden die Kopfschmerzen von Minute zu Minute stärker. Sarah, eine intelligente und attraktive Frau Mitte vierzig, beugte sich leicht vor, kreuzte die Beine an den Knöcheln und hörte aufmerksam zu. Sie trug schwarze Pantoletten und eine Bundfaltenhose – John Campbells Tochter gehörte eher zum Typ Immer-wie-aus-dem-Ei-gepellt. Neben ihr zeigte ihre Teenagertochter Karen die gleiche makellose Erscheinung wie die Mutter, obwohl sie Pausbacken und dunklere Haare hatte und die Uniform der Privatschule trug, von der sie der Streifenwagen abgeholt hatte. Sarah McGuires Händedruck war fest und vom diskreten Klimpern teuren Schmucks begleitet gewesen. Costello war der Streifen weißer Haut am Finger aufgefallen, wo bis vor Kurzem ein Ehering gesteckt haben musste.
    Costello schob ihr kurzes blondes Haar stramm hinter die Ohren und blickte verstohlen auf ihr Handy – bisher keine Nachricht. Sie war sauer auf Colin Anderson gewesen, als er sie vom Fall Luca Scott abgezogen hatte, und ihre Wut war noch gewachsen, als sie hörte, dass Quinn ihn dementsprechend angewiesen hatte. Sie wollte unbedingt dabei sein, wenn Lucas Mum wieder in der Lage war, einen zusammenhängenden Gedanken von sich zu geben. Der Arzt war unnachgiebig geblieben: Die Patientin sollte weiterhin Beruhigungsmittel erhalten, bis eindeutig erwiesen war, ob sie während ihres Anfalls innere Verletzungen erlitten hatte. Costello argumentierte dagegen, die Frau müsse doch eine Ahnung haben, wohin ihr Sohn in einer solchen Situation gehen würde, aber zur Antwort bekam sie nur ein verständnisvolles Schulterzucken, und die Tür schloss sich vor ihrer Nase.
    Costello blickte hinaus in den gepflegten Garten, hinüber zum elektrischen Einfahrtstor. Luca Scott hatte nichts, er lebte fast wie
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