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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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starrte nachdenklich aus dem Fenster in den ewigen Regen. Ihr hübsches Gesicht regte sich nicht.
    »Scheißkerl«, sagte sie leise.

3
     
    Vik Mulholland saß auf einer der Bänke vor Marks and Spencer und zwängte seine Finger geistesabwesend in Lederhandschuhe. Er schaute den Kindern zu, die mitten auf der Sauchiehall Street, der berühmten Fußgängerzone von Glasgow, Karussell fuhren. Frances war wie immer spät dran. Ein Blick die Straße hinauf und hinunter: In den Massen der Weihnachtseinkäufer konnte er sie nirgends entdecken. Vik beobachtete wieder das Karussell; jedes der Tiere trug eine Glitzergirlande. Auf ihren Ohren oder auf ihrem Geweih steckte jeweils ein Squidgy McMidge.
    Er holte eine Tube Lippencreme aus der Tasche, zog die Handschuhe aus und schmierte sich die Lippen dünn ein, schloss die Tube und zog die Handschuhe wieder an. Erneut suchte er die Straße ab. Nichts von ihr zu sehen.
    Ein Mann in einem feinen Wollmantel kniete vor seiner zappeligen Tochter und fummelte an deren roten Gummistiefeln mit gelber Blumenbordüre herum. Das blonde Mädchen stieß schließlich die Absätze auf den Boden und freute sich über die blinkenden Lichter, die rot an den Seiten der Schuhe entlangliefen. Mulholland war beeindruckt; davon könnte er für seine kleine Cousine ein Paar besorgen. Der Mann hob seine Tochter auf einen beängstigend rosafarbenen Vogel, trat zurück und machte sich bereit, sie zu fotografieren, sobald sich das Karussell wieder in Bewegung setzte. So rechte festliche Stimmung wollte allerdings nicht aufkommen, was vielleicht an der Musik lag – »Tulpen aus Amsterdam«.
    Mulholland seufzte, sein Atem bildete ein Wölkchen, und er schaute zu, wie der große rosa Vogel vorbeischwebte. Das Mädchen lachte vor Freude und streckte die Beine aus, an deren Ende die roten Gummistiefel blinkten.
    Fehlanzeige, was Frances betraf; jetzt war sie zwanzig Minuten überfällig. Er wunderte sich, weil ihn das gar nicht so sehr störte. In Kürze würde sie auftauchen, über die Sauchiehall Street stolzieren und die bewundernden Blicke der Männer ignorieren. Und Vik würde wie elektrisiert sein, weil er ihr Ziel war.
    Er lehnte sich zurück und ließ sich ein paar Regentropfen ins Gesicht fallen, während er sich daran erinnerte, wann er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Sie hatte auf dem Bürgersteig gestanden und die Arme um einen kleinen Jungen geschlungen. Es war ein kleiner Verkehrsunfall passiert – ein alter Jaguar war im Schneematsch ins Schleudern geraten und gegen einen Honda gerutscht, und zwischen den Fahrern war Streit ausgebrochen. Vik Mulholland war nicht der Typ, der sich außerhalb der Dienstzeit in solche Angelegenheiten einmischte, aber als er die langhaarige Schönheit sah, die sich wie ein Schutzengel um das kleine Kind kümmerte, hatte er am Haken gehangen. Keiner der Fahrer war verletzt, und zu seiner Überraschung fand er heraus, dass die Frau in keinem der beiden Fahrzeuge gesessen hatte. Sie hatte zu ihm aufgeschaut, ihr dunkles Haar war zu einer Seite gefallen, und er hatte sprachlos dagestanden. Sie war so unglaublich schön gewesen.
    Immerhin hatte er noch die Geistesgegenwart aufgebracht, sie nach ihrem Namen zu fragen.
    »Coia«, sagte sie, »Frances Coia.« Sie sprach leise und mit leicht rauchiger Stimme. Augen wie ihre hatte er noch nie gesehen, riesig und braun, ihre Iris waren golden gesprenkelt, und ihre Haut leuchtete wie Elfenbein oder wie Porzellan. Sie hatte älter gewirkt als auf den ersten Blick. Er hatte sie gebeten, die Adresse zu wiederholen, obwohl er sie schon verstanden hatte, aber er hatte ihre Stimme noch einmal hören wollen. Beaumont Place war eine kleine Sackgasse, gleich um die Ecke der Wache, wo einst prächtige, inzwischen jedoch abgewohnte Häuser standen.
    Am nächsten Tag hatte er sie gleich wieder gesehen, wie sie das Oxfam-Antiquariat auf der Byres Road betrat. Er war aus dem BMW gestiegen und hatte sich an sie herangeschlichen, während sie vertieft in einem zerknickten Comic blätterte. Vik war als Kind ein großer Fan von Oor Wullie gewesen und konnte nicht genug von den Abenteuern bekommen.
    Er hatte Hallo gesagt, aber sie hatte durch ihn hindurchgestarrt. Da hatte er ihr einfach erzählt, dass es dem kleinen Jungen aus dem Honda gutgehe und die Mutter sich gern bedanken wollte.
    Sie lächelte, und er lud sie zu einem Kaffee bei Peckham’s ein. Am Ende teilten sie sich einen Karottenkuchen. Und dann ein Bett im Grosvenor Hotel.
    Es
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