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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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freundliche Stimme. »Ich hab mir gerade eine heiße Pastete und Pommes für zu Hause gekauft. Hast du nicht Lust, mir Gesellschaft zu leisten?«
    Er schniefte und wischte sich die Nase mit dem nassen Ärmel ab. In diesem Augenblick wünschte er sich nur eines. Dass ihn jemand aufhob, ihn in den Arm nahm und ihn ins Warme brachte.
    Und ihm Pastete zu essen gab. Mit Pommes.

Mittwoch,
20. Dezember

1
     
    Detective Inspector Colin Anderson hielt sich ein Taschentuch vor die Nase, versuchte, nicht zu atmen, und betrachtete die Überreste der Erdgeschosswohnung in der 34 Lower Holburn Street. Der beißende Rauch ließ seine Augen tränen. Das Feuer war seit einer halben Stunde gelöscht, und die Luft war feucht wie im Dschungel. Zwei Feuerwehrleute in quietschenden Stiefeln traten aus der verräucherten Küche und standen einen Moment lang im halbwegs verschonten Flur. Schweißtropfen zogen weiße Adern über ihre rußbedeckten Gesichter. Der Jüngere der beiden schaute besorgt zur durchhängenden Decke hoch und seufzte. Sie waren zu spät gekommen, wenn auch nur knapp.
    Der Ältere zeigte mit dem dicken Handschuh in Richtung Küche – Anderson solle es sich selbst ansehen, wenn er wolle.
    DI Colin Anderson schlich auf Zehenspitzen vorwärts und hockte sich neben die schwarze Plastikplane, von der Woodford, der leitende Brandermittler, eine Ecke anhob. Was darunter zum Vorschein kam, hatte nur vage Ähnlichkeit mit einem Menschen. Boxerhaltung, die Gliedmaßen angezogen, geballte Fäuste, vor das Gesicht genommen – Muskelkontraktion, typische Merkmale von Leichen, die starker Hitze ausgesetzt gewesen waren. Anderson beugte sich vor, hustete sich auf den Handrücken, und Woodford zog die Plane weiter zurück. Bei dem verkohlten Toten handelte es sich um einen alten Mann, und zwar vermutlich um den sechsundsiebzigjährigen John Campbell, allerdings hätte es praktisch auch jeder andere sein können. Die Leiche war schwarz und gelb, mit getrocknetem Blut überzogen und wies keine Haare und nicht einmal Augenbrauen auf. Die Kleidung war entweder geschmolzen oder verbrannt. An den Schultern klebten kleine Flecken bunten Gewebes mit ausgefransten Fasern. Hatte er etwas aus Wolle getragen? Eine Strickjacke, vielleicht dunkelblau? Anderson sah genauer hin und entdeckte einen geschmolzenen Knopf. Sein Großvater hatte auch solche Strickjacken getragen – Fair-Isle-Muster mit Metallknöpfen wie kleine Medaillen.
    Er hob den Knopf mit der Spitze seines Kugelschreibers auf und betrachtete ihn genauer. Der aufsteigende Löwe war noch erkennbar, und seine Haltung parodierte in grausamer Manier die des Verstorbenen. Anderson ließ ihn in einen Beweismittelbeutel fallen.
    »Wann ging der Notruf ein?«
    »Ein paar Minuten nach zehn, also vor anderthalb Stunden«, antwortete Woodford. »Wir waren innerhalb weniger Minuten hier, aber zu spät ist eben zu spät. Unter ihm ist der Boden unversehrt, er lag also schon, als sich das Feuer ausbreitete.« Woodford umfasste den Raum mit einer Geste.
    »Ist das verdächtig?« Anderson hustete wieder.
    »Vermutlich nicht. Er war alt, und durch den Rauch wird er schnell bewusstlos geworden sein; vielleicht hatte er auch einen Herzinfarkt, ist zusammengebrochen, und das war möglicherweise der Grund, weshalb die Pfanne überhaupt erst angefangen hat zu brennen.« Woodford zeigte auf den Boden, wo eine offene Dose, ein verkohlter und zerbrochener Teller und die Überreste eines Messers lagen. Ein Teil der Arbeitsfläche stand noch und ragte in den Raum wie eine Landungsbrücke. Eine ovale Keksdose mit dem Bild eines grünen Bugatti auf dem Deckel sah aus, als hätten die Flammen an ihr geleckt und sie dann verschmäht. Daneben lag ein verschmorter Streifen Tabletten und ein Medikamente-Dispenser für sieben Tage, der zu einer schwarzen Blume geschmolzen war. »Anscheinend hat er Arzneien genommen.«
    »Vielleicht. Keine Hinweise darauf, dass er versucht hat, den Brand zu löschen?«, fragte Anderson.
    »Kein Feuerlöscher, keine Löschdecke, und der Rauchmelder war Schrott. Das ging schnell, die Flammen waren sofort …«
    »In Leidenschaft entbrannt?«, sagte Anderson grinsend und gab mit einem Nicken zu verstehen, dass die Leiche wieder zugedeckt werden könnte; seine Augen tränten, er konnte daher sowieso keine Einzelheiten erkennen, und zusätzlich sprang jetzt mit ohrenbetäubendem Lärm der Generator an. Er trat zurück und sah die Feuerwehrleute an, die in die Küche kamen und den
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