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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Caro Ramsay
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so leise sprach. Also war noch ein guter Mann krank. »Vielleicht geht es schneller, wenn Sie mir eine Liste schicken, wer überhaupt zum Dienst erscheint.«
    »Also, Vik Mulholland hat seinen freien Tag, will aber trotzdem später reinschauen.« Wyngate bemerkte die lange Pause am anderen Ende der Leitung und erklärte: »Das ist der, der aussieht wie …«
    »Ja, DC Wyngate. Ich weiß, wer es ist.« Einen Cop, der aussah wie der hübschere Bruder von Johnny Depp, vergaß sie nicht so leicht. »Danke für die Mitteilung«, sagte Quinn nicht ohne Sarkasmus in der Stimme und legte auf. Inzwischen fehlten über sechzig Prozent der Abteilung entweder wegen Grippe oder wegen Halsentzündung, und außerdem war es kurz vor Weihnachten. Glücklicherweise gab es gegenwärtig nicht besonders viel zu tun.
    Sie sah auf die Uhr – Viertel vor zwölf. Die Besprechung war für Mittag angesetzt, aber sie würde fünf Minuten früher damit anfangen, nur um die ewig Saumseligen unter Druck zu setzen. Sie hörte, wie sich die verbliebene Abteilung auf der anderen Seite der Jalousie versammelte. Wie gewöhnlich trug sie ein makelloses marineblaues Kostüm, das sie als ihre Uniform betrachtete. Das rote Haar hatte sie streng zurückgebunden, ihre Lippen jedoch waren blass. Sie öffnete ihr Kosmetiktäschchen, trug sorgfältig ihren bordeauxroten Lippenstift auf, spitzte die Lippen und beobachtete in ihrem kleinen Schminkspiegel in der Klappe der Tasche, wie die Unterlippe die Farbe auf die Oberlippe aufbrachte. Das gehörte zu ihren kleinen Ritualen. Die Schauspielerin Beryl Reid hatte einmal gesagt, nur wenn sie die richtigen Schuhe trage, könne sie ihre Rolle richtig spielen; analog dazu verließ sich DCI Quinn auf ihren Lippenstift. Ohne ihn war sie ein menschliches Wesen; mit ihm wurde sie zur Polizistin. Und zwar zu einer guten.
    Sie vergewisserte sich, dass kein Lippenstift an den Zähnen klebte und keine Haare auf dem Kragen lagen, ehe sie sich wieder ihrem Schreibtisch zuwandte, auf dem nur ein paar Akten lagen.
    Vor sechsunddreißig Stunden war ein Siebenjähriger namens Luca Scott verschwunden. Der Junge lebte mehr oder weniger auf der Straße, und es wäre nicht das erste Mal, dass er ausriss. Die Familie gehörte offensichtlich zur Unterschicht, die zwar keinen festen Wohnsitz vorweisen, sich jedoch stets das neueste Handy-Modell und einen schlecht gelaunten Pitbull leisten konnte. Quinn seufzte. Sie hätte sich ein bisschen mehr Material für die Besprechung gewünscht.
    Die nächste Akte, vierzig Seiten stark, war an alle Reviere in Glasgow und in der gesamten Strathclyde-Region gegangen. Die Rocklegende Rogan O’Neill kam nach Glasgow und würde auf dem Flughafen landen, und beigefügt war auch eine kurze Beschreibung seiner Reiseziele, dazu Einzelheiten über das Hogmanay-Konzert am Silvesterabend, das nun definitiv im Zeichen des Erdbebens in Pakistan stehen sollte, wie es bereits gerüchteweise geheißen hatte. Es gab doch nichts Besseres als eine ordentliche Katastrophe, wenn man einer abflauenden Karriere neuen Schwung geben wollte. Seitenweise ließ man sich über die beteiligten Sicherheitskräfte aus, und es fanden sich außerdem zusätzliche Anweisungen für die Partickhill-Wache. Allerdings kein Wort über zusätzliche Geldmittel oder zusätzliches Personal, wie Quinn auffiel, sondern nur zusätzliche Arbeit. Warum ging das nicht an die Divisionszentrale in Partick statt an dieses winzige Revier, das nur gebaut worden war, um die Lücke zwischen zwei Häusern an einer Stelle zu schließen, wo Görings Luftwaffe zufällig ihre Bomben fallen gelassen hatte? Die Wache in Partick war groß und modern genug, dort standen reichlich Mittel und Personal zur Verfügung. Warum war die Sache also ausgerechnet in Partickhill gelandet? Und ja, warum war sie selbst ausgerechnet in Partickhill gelandet? Nur weil irgendein alternder Rockstar um die Ecke im Hilton wohnen wollte, und zwar – wie es gerüchteweise hieß – nicht ohne die obligatorische Freundin in Gestalt eines blonden Models oder zumindest die Letzte in einer langen Reihe blonder Models. Quinn betrachtete sein Pressefoto. Die Jahre in der kalifornischen Sonne und die Botox-Behandlungen hatten ihm nicht gutgetan; ehrlich gesagt grenzte O’Neills Erscheinung ans Lächerliche. Dem Vermerk zufolge war der Rockstar »Anfang fünfzig«. Quinn rechnete kurz – dieser Zählung nach wäre sie gerade mal Ende dreißig. Wenn der sich ein Jahrzehnt vom Alter
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