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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht
Autoren: Brigitte Aubert
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sagen: Ein Festmahl muss her!«
    »Das ist zu teuer!«, wehrt Diana ab. »Bo, kommst du?«
    Ich komme.
    Egal, wohin wir gehen, ich will mir auf keinen Fall die Gesichter der anderen Gäste entgehen lassen.

EPILOG
    Draußen ist so schönes Wetter, dass viele Patienten im Park sind. Rollstühle, Besucher, weiß gestärkte Hauben . In meinem hellbeigen Seidenkostüm finde ich mich sehr elegant. Selbstsicher gehe ich auf den Eingang zu.
    Die Dame am Empfang lächelt mich freundlich an, doch beim Anblick meiner versehrten Hand zuckt sie zurück.
    »O mein Gott, Madame Ancelin! Also, Sie sind ja wirklich vom Pech verfolgt!«
    Wenn sie wüsste, wie sehr sie damit Recht hat, denke ich bei mir. Ich erzähle ihr, wie es passiert ist:
    »Ein dummer Unfall, der Finger ist mir beim Zuschlagen einer Autotür zerquetscht worden.«
    Sie schaudert vor Entsetzen.
    »Dennoch, Sie sehen einfach glänzend aus!«, meint sie liebenswürdig.
    »Heute habe ich Geburtstag, und da habe ich mir eine Sitzung bei der Kosmetikerin gegönnt.«
    »Da haben Sie ganz Recht!«
    Es stimmt, heute ist tatsächlich mein Geburtstag. Doch ich hatte keinen Termin bei der Kosmetikerin, sondern ich war beim Chirurgen. Es ging um die geplante Operation. Ich muss für einige Zeit von der Bildfläche verschwinden. Vorher will ich mich aber noch von Violette verabschieden, der das herzlich egal ist.
    Was eindeutig beweist, dass man alles im Leben nur für sich selbst macht.
    Als ich die Tür zu ihrem Zimmer öffne, fährt ein leichter Luftzug durch ihre weißen Haarsträhnen. Sie schläft, auf dem Rücken liegend, mit offenem Mund. Eine Woge der Zärtlichkeit ergreift mich beim Anblick dieser Frau, die mich in ihren Armen gehalten hat und nun meinen Namen nicht mehr weiß. Ich nähere mich leise und beuge mich über sie, um sie zu küssen. Und in diesem Augenblick sehe ich ihre weit geöffneten Augen. Sie sieht mich an, so wie sie es stets getan hat: ohne mich wahrzunehmen.
    Ich berühre ihre Stirn, die Haut ist so weich wie die eines Säuglings. Ich schließe ihr die Augen und hauche ihr einen Kuss auf die runzlige Wange. Als ich ihr Lebewohl sage, stelle ich mir dabei vor, dass der kleine Lufthauch, den ich beim Eintreten verspürt habe, ihre entkräftete Seele war, die davonflog.
    Die Tür öffnet sich, und die Oberschwester kommt mit einem breiten Lächeln herein.
    »Nun, alles in Ordnung? Ruht sie sich ein wenig aus?«
    »Sie ist mausetot«, sage ich so anmutig wie möglich.
    Und als sie auf das kleine weiße Bett zueilt, gehe ich hinaus.
    Es ist so schönes Wetter draußen.
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