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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen
Autoren: Nora Roberts
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Vergaser wieder hinzukriegen! In Jackson würde er den anderen schon zeigen, wie man Autos repariert. Über kurz oder lang, würde er sich auch selbständig machen, und dann konnte sich Marvella Truesdale in Innocence ihre blauen Kulleraugen nach ihm ausheulen.
    Eines Tages würde er dann zurückkommen. Ein Lächeln huschte bei diesem Gedanken über sein markantes Männergesicht, und seine schokoladenbraunen Augen leuchteten, daß Marvella Herzklopfen bekommen hätte. Jawohl, er würde zurückkommen! Und die Zwanzigdollarscheine würden nur so aus den Taschen seines maßgeschneiderten italienischen Anzugs quellen. Aus seinem Fuhrpark würde er sich seinen klassischen Cadillac herauspicken und durch die Stadt rauschen. Mit soviel Reichtum würden selbst die Longstreets nicht mehr mithalten können.
    Marvella aber würde sich nach ihm verzehren. Vor Larssons Laden würde sie stehen und ihre knochigen Hände vor den großen Brüsten ineinander verkrallen. Dicke Tränen würden bei seinem Anblick ihre Wangen hinunterkullern.
    Und wenn sie sich schluchzend vor ihm auf die Knie warf und beteuerte, wie leid ihr all ihr Nörgeln tat, würde er ihr vielleicht – aber wirklich nur vielleicht – verzeihen.
    In seinem Wunschdenken vergaß Bobby Lee ganz seinen Zorn. Während die Sonnenstrahlen langsam die schneidend kalte Luft erwärmten, ging er zu den fleischlichen Aspekten ihrer Aussöhnung über.
    Er wollte mit ihr nach Sweetwater fahren. Diese herrliche alte Plantage hätte er bis dahin längst den Longstreets abgekauft.
    Marvella würde vor lauter Ehrfurcht nach Luft schnappen. Und er, der romantische Gentleman, würde sie die breiten, geschwungenen Treppen zur Veranda hinaufführen.
    Obwohl – oder vielmehr weil – er in Sweetwater gerade mal das Erdgeschoß gesehen hatte, ging seine Phantasie mit ihm durch. Das Schlafzimmer, in das er die zitternde Marvella tragen würde, ähnelte einer Hotelsuite in Las Vegas – sein gegenwärtiger Inbegriff alles Luxus’.
    Schwere rote Vorhänge, ein herzförmiges Bett, so groß wie eine Wiese, ein Teppich, so dick und weich, daß man darin waten konnte. Dazu spielte Musik. Irgend etwas mit Klasse Bruce Springsteen oder Phil Collins schwebten ihm vor. Genau, bei Phil Collins wurde Marvella immer ganz geil.
    Und dann würde er sie auf das Bett legen. Sobald er sie küßte, würde sie nasse Augen bekommen. Sie würde ihm sagen, wie dumm sie doch gewesen sei, daß sie nur ihn liebe und den Rest ihres Lebens an seiner Seite verbringen wolle, um ihn glücklich zu machen.
    Dann würde er mit den Händen über ihre unglaublich weißen Brüste mit den rosa Spitzen streichen und sie ein kleines bißchen drücken, so wie sie es gern hatte.
    Langsam würde sie die Schenkel spreizen, ihre Finger würden sich in seine Schultern bohren und tief aus ihrer Kehle würde dieses Schnurren kommen. Und dann…
    Die Leine wurde straff. Mit einem Blinzeln setzte Bobby Lee sich auf. Es tat weh, denn die Jeans spannte sich um sein geschwollenes Glied. Er holte die Leine mit einem wütend zappelnden, dicken Fisch ans fahle Morgenlicht. Weil er sich aber vorstellte, Marvella wäre da und er würde ihn ihr zuwerfen, zog er zu schwungvoll, und seine Beute verfing sich mitsamt der Schnur im Schilf. Fluchend sprang er auf und watete ins Wasser, denn eine gute Angelleine ist mindestens ebenso wertvoll wie die Beute am Haken.
    Das Tier versuchte sich noch immer zu befreien. Er hörte es mit dem Schwanz auf das Wasser klatschen. Grinsend riß Bobby Lee an der Leine. Sie blieb hängen. Erbost trat er gegen eine verrostete Dose und drang weiter in das hohe Schilf vor.
    Plötzlich glitt er aus und landete auf beiden Knien. Und starrte Arnette Gantrey genau in die Augen.
    Ihre erstaunte Miene spiegelte die seine wider – geweitete Augen, ein aufgerissener Mund und unnatürlich weiße Wangen.
    Der Fisch lag zappelnd zwischen ihren verstümmelten nackten Brüsten.
    Bobby Lee sah auf den ersten Blick, daß das Mädchen tot war. Aber das war noch gar nicht das Schlimmste. Den entsetzlichsten Anblick bot das Blut. Es war aus einer Unmenge von zerklüfteten Löchern in ihrem Fleisch gequollen, war im Boden um die Leiche herum versickert, hatte ihre wasserstoffblonden Haare in eine rote, verkrustete Masse verwandelt und bildete um den tiefen Riß in ihrer Kehle ein rotes Halsband. Auf allen Vieren wich er zurück. Doch das bemerkte er genausowenig wie die rauhen Tierlaute, die aus seiner Kehle drangen. Nur daß er in Blut
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