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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen
Autoren: Nora Roberts
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Pistole auf einmal neben dem Messer mit der langen, scharfen Klinge wirkte. Caroline achtete nicht weiter auf die Derringer. All ihre Konzentration und Angst richtete sich auf das glitzernde Silber.
    »Josie, so kannst du Dwayne doch nicht beschützen.«
    »Glaubst du mir etwa nicht?« Fast hätte Josie laut herausgelacht. Ein Teil ihrer selbst vollführte wahre Freudensprünge. »Tröste dich: Damit bist du in bester Gesellschaft, Caro. Keiner – am allerwenigsten unser hochgeschätzter Special Agent – hätte es einer Frau zugetraut.
    Such doch jemanden, der Frauen haßt, habe ich ihm gesagt.
    Aber er hat es nicht kapiert. Du dagegen weißt, daß niemand so abgrundtief hassen kann wie eine Frau.«
    Der Schock fuhr Caroline durch sämtliche Glieder, während draußen das Zischen, Prasseln und Knallen richtig losging.
    »Warum solltest du hassen?«
    »Ich habe meine Gründe, jede Menge sogar.« Josie trat näher heran. Ihre goldenen Augen funkelten vor dem Hintergrund des taghell erleuchteten Himmels. »Ich muß meine Familie schützen. Ich muß mich selbst schützen. Und jetzt bin ich wieder dazu gezwungen. Diesmal wird es mir allerdings keinen Spaß machen, weil ich dich mag, weil ich Hochachtung vor dir habe. Mir ist auch klar, wie sehr es Tucker treffen wird.« Sie bemerkte, daß Caroline zurückwich. »Bitte laß das. Zwinge mich nic ht, dich zu erschießen. Du hättest keine Chance. Keiner würde etwas hören.«
    Nein, niemand würde sie hören. Sie könnte schreien so wie Edda Lou damals –, und keiner würde etwas mitbekommen. Die Derringer war genau auf ihre Kehle gerichtet. Eine winzige Kuge l würde genügen. Ein unscheinbarer Tod.
    »Ich will dich auch nicht leiden sehen«, fuhr Josie fort. »Bei dir soll es anders sein als bei deinen Vorgängerinnen.«
    Versuch zu denken! befahl Caroline sich. Etwas mußte ihr doch helfen. Die Familie konnte der Schlüssel sein. Wenn ihr doch nur ein Weg einfiele, ihn auch zu benutzen! »Tucker und Dwayne werden leiden, Josie.«
    »Ich weiß. Ich werde sie trösten.« Ihr Blick schweifte für einen Moment ab, weil draußen goldene Funken durch die Luft stoben. »Ein hübscher Anb lick, nicht wahr? Die Longstreets veranstalten hier in Sweetwater seit über hundert Jahren Feuerwerke. Das ist mehr als nur Tradition. Ich weiß noch gut, wie Daddy mich auf den Schultern getragen hat, damit ich dem Himmel näher sein konnte. Er hat mich gern seine kleine Rakete genannt. Mama hat immer nur zugesehen und nie ein Wort gesagt. Sie wollte mich nicht haben, weißt du.«
    »Das glaube ich nicht.« Wie lange dauerte das Feuerwerk denn noch? Sie mußte Zeit gewinnen. Sie hoffte, daß Tucker oder sonst jemand im Haus nach ihr suchen würde.
    »Du glaubst mir nicht? Ich will’s dir gern erklären. Wir haben ja noch Zeit. Danach wirst du eher verstehen, warum ich so handeln muß. Das wird es uns beiden erleichtern. Austin Hatinger war mein Vater.« Josie mußte über Carolines bestürzte Miene grinsen. »Du hast dich nicht verhört, dieser bigotte Heuchler und feige Drecksack ist mein leiblicher Vater. Er hat meine Mutter vergewaltigt und ich bin das Ergebnis. Sie wollte mich nicht haben, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als mich auf die Welt zu bringen.«
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Sie war sich sicher. Ich habe sie zufällig gehört, wie sie es Delia in der Küche erzählte. Delia wußte als einzige Bescheid.«
    Weil das Messer ihr genügte, ließ Josie die Derringer in die Tasche gleiten. »Daddy hat sie kein Sterbenswörtchen gesagt, wohl aus Angst vor ihm. Und um die Familie und um Sweetwater. Also trug sie mich aus und fand sich mit mir ab.
    Aber sie beobachtete mich ständig, ob ich nicht auch so würde wie mein leiblicher Vater.«
    »Josie!«
    »Ich war längst erwachsen, als ich es herausfand. Sie hatte mich mein ganzes Leben lang belogen. Meine schöne Mutter, die feine Dame, die Frau, der ich immer nachgeeifert hatte, war eine hundsgemeine Lügnerin.«
    »Sie wollte dir doch nur Kummer ersparen.«
    »Sie haßte mich. Ich erinnerte sie jeden Tag aufs neue an die Zeugung im Dreck vor Austins Haus, wo sie vergeblich um Hilfe schrie. Bestimmt hat sie sich danach ständig gefragt, ob sie nicht auch mitbeteiligt war. Warum sie überhaupt dorthin gegangen war. Ob sie wirklich nur Mitleid für Austin und seine arme Frau hatte.«
    »Das kannst du doch deiner Mutter nicht vorwerfen, Josie!«
    »Aber ich kann ihr vorwerfen, daß sie mich mit einer Lüge
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