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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind
Autoren: Robert A. Heinlein
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– aber wann würden sie gefälligst selbst in den Krieg eintreten?
    Ich gab vor, es nicht zu wissen. Da meldete sich Vater: »Lassen Sie die Schwester in Ruhe, Mr. Pratt. Wir kommen noch, wenn auch ein bißchen spät, genau wie Ihr Mr. Chamberlain. Seien Sie bis dahin bitte höflich zu den Amerikanern, die schon hier sind und helfen.«
    »War nicht böse gemeint, Mr. Johnson.«
    »Wurde auch nicht so aufgefaßt. Klemme!« (Mrs. Pratt war eine Operationsschwester, wie ich nie eine bessere gesehen hatte. Sie hielt stets bereit, was ihr Mann brauchte, ohne daß er erst darum bitten mußte. Lange gemeinsame Praxis vermutlich. Ich schätze, daß sie die Instrumente aus seiner Tierpraxis benutzten. Vielleicht bereitete das manchen Leuten Kopfzerbrechen; meiner Meinung nach ergab es Sinn.)
    Nun arbeitete Mr. Pratt an genau dem Tisch, den wir eigentlich für Jubal und Jill vorgesehen hatten. (Was Einzelheiten anbetraf, war unsere historische Forschung alles andere als vollkommen.) Demzufolge beschäftigte sich Jubal im Vorraum mit der Sichtung der Verwundeten und kennzeichnete diejenigen, die Cas und Pol nach Boondock befördern sollten – die Leute, die man sonst ohne Behandlung hätte sterben lassen, da sie als hoffnungslose Fälle galten. Jill ging sowohl Dagmar als auch mir zur Hand und half besonders bei der Anästhesie.
    Vor allem über dieses Thema hatte es bei unseren Drills im Potemkinschen Dorf heftige Diskussionen gegeben. Schlimm genug, mit anachronistischem Operationsbesteck im zwanzigsten Jahrhundert aufzutauchen, aber dann auch noch mit hochmodernen Anästhesieverfahren aus Boondock? Unmöglich!
    Galahad beschloß daraufhin, Druckinjektoren einzusetzen und »Neomorphin« zu verabreichen (der Name ist so gut wie jeder andere; das Medikament war im zwanzigsten Jahrhundert unbekannt). Und so ging Jill in Station und Vorraum herum und verabreichte den Verletzten und Verbrannten die Injektionen, wodurch Dagmar und ich die Hände für die Operationsassistenz frei hatten. Einmal versuchte Jill, Mr. Pratt beizustehen, wurde aber gleich von Mrs. Pratt verscheucht. Letztere benutzte etwas, was ich seit ungefähr 1910 nicht mehr gesehen hatte – Nasen-stöpsel mit Chloroform.
    Die Arbeit nahm kein Ende. Zwischen den Patienten wischte ich den Tisch ab, bis das Handtuch so mit Blut vollgesaugt war, daß ich mehr verschmierte als sauber machte.
    Gretchen meldete ihre Abschüsse von der zweiten Welle – sechzig Bomber hatten angegriffen, siebenundvierzig waren abgeschossen worden. Dreizehn Bomber hatten mindestens eine Ladung abgeworfen, ehe es sie erwischte. Gretchens Mädchen setzten Partikelstrahlen und Nachtsichtgeräte ein; der übliche Effekt bestand darin, daß der Treibstofftank der Maschine explodierte. Manchmal gingen die Bomben mit hoch, manchmal erst dann, wenn sie am Boden aufschlugen. Andere detonierten überhaupt nicht und hinterließen damit den Bombenexperten für den nächsten Tag ein heikles Problem.
    Wir sahen jedoch nichts davon. Von Zeit zu Zeit schlug eine Bombe in der Nähe ein, und dann meinte jemand: »Das war knapp.« Und jemand antwortete: »Zu knapp«. Und wir alle setzten unsere Arbeit fort.
    Eine abgeschossene Maschine erzeugt eine ganz andere Art von Explosion als eine Bombe, und ein Jäger unterscheidet sich wiederum von einem Bomber. Mr. Pratt behauptete, den Absturz einer Spitfire von dem einer Messerschmidt unterscheiden zu können. Vielleicht konnte er das tatsächlich. Ich konnte es jedenfalls nicht.
    Zwischen den Bomberwellen kam es zu Ruhephasen, was allerdings nicht für unsere Arbeit galt. Je weiter die Nacht voranschritt, desto mehr fielen wir zurück. Die Opfer kamen in größerer Zahl, als wir sie versorgen konnten. Jubal kennzeichnete sie daher großzügiger für die Überführung zu Ishtar. Das machte unsere Hilfe zwar augenfälliger, rettete aber auch mehr Leben.
    Während der vierten Bomberwelle am frühen Morgen hörte ich Gretchen sagen: »Yeoman an Horse, Notfall.«
    »Was ist los, Gretchen?«
    »Irgendwas – wahrscheinlich das Trümmerstück eines Flugzeuges – hat unser Tor getroffen.«
    »Beschädigt?«
    »Keine Ahnung, es war einfach weg. Puff!«
    »Horse an Yeoman, Kampf abbrechen. Nehmt das Tor in der Ambulanzstation. Findet ihr es? Habt ihr Richtung und Entfernung?«
    »Ja, aber…«
    »Kampf abbrechen und evakuieren. Los!«
    »Aber Hazel, wir haben doch nur unser Tor verloren! Wir können weiterhin Bomber abschießen!«
    »Moment. Bright Cliffs, bitte
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