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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit
Autoren: Karl Schroeder
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sich innerhalb des Palastrads einen Freiraum geschaffen,
nun hing sie einfach da, und ließ das ringförmige Gebäude um sich herum rotieren. Obwohl ihr Rumpf kaum fünf Meter über dem höchsten Dachfirst schwebte, war sie immer noch schwerelos, weil sie die Rotation der großen Konstruktion nicht mitmachte. Sie donnerte gleich einer wütenden Wolke an den Fenstern der Hofdamen vorbei und rüttelte an den Fenstersimsen von Dienern, Zofen und Hofbeamten – aber nicht die Trennung bewegte sich, sondern alles andere. Das Schiff wartete mit hängenden Kabeln, von Rauch umwogt, auf die nächste Aktion des Feindes.
    Diese Aktion war so einfallslos, dass Antaea darüber gelacht hätte, wäre Kestrel über die Schäden am Palast nicht so bestürzt gewesen. Vom Schwimmbad sank an einem der wenigen unversehrten Kabel langsam eine voll besetzte Fahrstuhlkabine herab; Sempeterna, Chaison und ein Trupp Gardisten standen dicht gedrängt darin.
    Kestrel wandte sich ab. »Wie gut sind Sie im Weitsprung? «, fragte er.
    Antaea lächelte zuversichtlich. »Bei mir zu Hause war das die übliche Art, sich fortzubewegen.« Sie hatte als Kind viel Zeit im freien Fall verbracht und hatte wie die meisten anderen Kinder gelernt, mühelos bis zu fünfhundert Meter weit von einem Gebäude zum anderen zu springen und punktgenau zu landen. Verfehlte man sein Ziel, dann hing man eben in der Luft oder blamierte sich vor seinen Freunden. Obwohl sie müde, hungrig und körperlich angeschlagen war, würde sie den Abstand zwischen dieser Stelle und der Trennung ohne Schwierigkeiten überwinden.

    Â»Hauptsache, sie schießen nicht auf uns, wenn sie uns kommen sehen«, murmelte Kestrel, als er die Füße auf die Seitenwand des Schwimmbadgebäudes setzte.
    Â»Wer?« Ach so. Der Rauch um die Trennung lichtete sich allmählich, und sie sah, dass die gepanzerten Hangartore langsam aufgekurbelt wurden. Männer mit Schusswaffen und Schwertern drängten sich an den Türen und warteten auf den richtigen Moment, um vom Schiff auf die Dächer des Palasts zu springen.
    Antaea richtete den Blick wieder auf das ganze Schiff und konzentrierte sich. Dann stießen sie und Kestrel sich ab und fassten sich gleich darauf an den Händen.
    Granatsplitter und Kugeln pfiffen ihnen um die Ohren, vor ihnen rotierten die Dächer des Palasts, und sie befanden sich auf einer Flugbahn, auf die sie keinen Einfluss mehr hatten. So schwebten sie gemächlich Hand in Hand auf die qualmende Trennung zu.
    Â 
    Â»Sie haben ihn umgedreht! Ich hätte es wissen müssen – Sie beide standen sich schon immer zu nahe.« Sempeterna schoss aus dem Fahrstuhl, und seine Wachen mussten rennen, um ihn einzuholen. »Kestrel! Dass er mich verraten konnte …«
    Chaison schüttelte den Kopf. »Vielleicht liegt es daran, dass Sie uns damals in Hale töten lassen wollten.«
    Â»In Anbetracht dessen, was Sie sich soeben geleistet haben, hatte ich aber doch Recht?« Der Pilot hielt an und musterte Chaison empört. »Und was jetzt? Wird Ihr Schiff meinen Palast in die Luft jagen?«
    Ãœber Sempeterna löste sich ein Stück Stuck von der Decke. Es wurde durch den Corioliseffekt seitlich abgelenkt und landete in einer Wolke aus weißem Staub
einen Meter neben ihm. Chaison hörte es in den Wänden ächzen. »Vielleicht ist das gar nicht mehr nötig«, überlegte er. »Wenn genügend von diesen Kabeln durchtrennt würden …«
    Der Pilot zog die Stirn in Falten, dann wandte er sich an einen seiner Offiziere. »Bringen Sie alle außer den Sicherheitsleuten in die Schutzräume, und verschließen sie die Türen! Nur für alle Fälle.«
    Â»Wir müssen den Streit durch Verhandlungen beilegen«, fuhr Chaison fort. »Zum Glück ist das möglich .«
    Â»Wir brauchen nichts dergleichen zu tun«, fuhr ihn der Pilot an. »Sie halten das« – er wies auf die Gebäude ringsum – »für eine Krise? Sie und ihre kleine Rebellenhorde können den Palast haben. Es ist nur ein Gebäude. Aber Sie werden niemals …« Ein Hauptmann der Palastgarde kam, den gefiederten Helm schief auf dem Kopf, durch den Korridor gerannt.
    Â»Sie lassen sich vom Dach herunter!«, rief er. »Dreißig – vierzig Mann, und weitere folgen.«
    Sempeterna höhnte: »Und wie viele seid ihr ? Zweihundert? Holt sie
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