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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
Autoren: Nancy Krahlisch
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über das Bord-Programm an. Während ich an ihn denke, nimmt meine Nervosität noch weiter zu. Wie wird das Wiedersehen? Ob er sich verändert hat, jetzt, wo er Kapitän ist? Wenn ich ehrlich bin, hatte ich immer etwas Angst vor seiner Beförderung. Wenn er an Bord der Chef ist, wie wird er dann zu Hause sein? Führt er sich zu Hause dann auch als Boss auf? Ist er dann einer, der auch zu Hause sagt, wo es langgeht, ganz ohne Rücksicht zu nehmen? Einer, der verlernt hat, »Bitte«, »Danke« und »Entschuldigung« zu sagen? Während ich darüber nachdenke, schlafe ich irgendwann ein.

    Wir sind früh dran. Zu viert sitzen wir im Bus und sind auf dem Weg zum Flughafen. Hoize, Kirchi, Dammerl und ich. Dammerl wohnt eigentlich in Passau, heute Morgen kam er aber direkt von einer Karnevalsparty aus Köln. Geschlafen hat er nicht.
    Auf meinem Schoß liegt Heriberts Winterjacke. Ich habe sie mitgenommen, dabei ist es heute gar nicht richtig kalt. Die Sonne scheint, es sind fast zehn Grad plus. Aber Heribert kommt aus Florida. Sicher ist ihm kalt, wenn er in Berlin landet.
    Als er im September losgeflogen war, trug er seine Lederjacke. Damals war Sommer. Langsam schiebt sich der Bus durch die Berliner Straßen. Die drei Jungs aus Bayern unterhalten sich. Ich sehe aus dem Fenster. Irgendwie kann ich es noch immer nicht glauben: Heribert ist nun fast zu Hause.
    Fünfeinhalb Monate sind seit unserem Abschied vergangen. Wie wird er wohl aussehen? Ob er wieder fremdelt? Ich kann es kaum erwarten, ihn endlich zu umarmen. Bei diesem Gedanken drücke ich seinen Mantel noch ein bisschen fester an mich. Ich erinnere mich, wie ich schon einmal mit seinem Wintermantel im Bus saß. Allerdings in der entgegengesetzten Richtung. Es war vor ein paar Jahren, ich hatte Heribert zum Flughafen gebracht. Es war Winter, und Heribert flog nach Singapur. In Singapur brauchte er seinen Mantel nicht, also gab er ihn mir wieder mit nach Hause. Es war schrecklich. Ich saß im Bus, der Abschied lag noch keine Stunde zurück, und ich war unendlich traurig. Ich hielt seinen Mantel fest im Arm. Es war, als würde ich Heriberts Hülle festhalten, während sein Körper sich gerade von mir entfernte. Ich roch an seinem Mantel, drückte ihn fest an mich und weinte die ganze Zeit. Es war unser schlimmster Abschied.
    Als wir am Flughafen ankommen, warten Heriberts Schwester Maria, mein Bruder Peter und Heriberts Freunde Hartl und Wiebke aus Nürnberg schon auf uns. Hartl und Wiebke haben das Thema Verkleidung sehr ernst genommen. Sie tragen Streifenshirts, haben Kapitänsmützen auf den Köpfen, und an ihren Unterarmen leuchten sogar ein paar selbstgemalte Tätowierungen. Ich bin begeistert.
    Zu acht gehen wir zur Anzeigentafel und sehen, dass auch das Flugzeug aus Paris mit Verspätung in Berlin ankommen wird. Wir haben noch fast eine Stunde Zeit und setzen uns zunächst in ein Café. Hier verteile ich erst einmal die Mützen.
    »Und warum trägst du keine?«, will Hoize von mir wissen.
    »Ich dachte, es wäre schöner, wenn Heribert erst mal nur mich sieht, ohne Mütze. Und ihr euch noch kurz versteckt. Dann ist doch die Überraschung größer«, antworte ich. Die anderen finden das gut. Sie schlagen sogar vor, am Ausgang zu warten. Somit hätten Heribert und ich wenigstens ein paar Minuten Wiedersehensfreude für uns. Ich bin natürlich einverstanden.

    Die Zeit des Wartens vergeht unglaublich langsam. Minuten erscheinen mir wie Stunden. Ich bin so aufgeregt, dass ich nicht einmal meinen Kaffee trinken kann, ohne dass mein Magen zu rebellieren beginnt. Zur Ablenkung mache ich ein paar Fotos vom Kapitänstisch. Die Gäste an den anderen Tischen des Cafés blicken neugierig zu uns herüber. Alle paar Minuten stehe ich auf und gehe zur Anzeigentafel. Ich sehe nach, ob etwas Neues angeschlagen steht. Ich kann einfach nicht still sitzen.
    »Gelandet« lese ich plötzlich auf der Tafel. Ich verabschiede mich schnell von den anderen. Wir verabreden, dass ich kurz auf Peters Handy anrufe und es ein paar Mal klingeln lasse, sobald ich mich mit Heribert auf den Weg zum Ausgang mache.
    Schnellen Schrittes laufe ich zum Gate 15. Als ich ankomme, stehen schon ein paar andere Wartende an der Glasscheibe und sehen zum Gepäckband. Passagiere kann ich noch nicht erkennen. Ich komme rechtzeitig. Ich sichere mir einen guten Platz an der Scheibe und atme noch einmal tief durch. Vor lauter Aufregung ist mir ganz übel. Ich kann nicht glauben, dass Heribert gleich vor mir stehen
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