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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
Autoren: Nancy Krahlisch
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nach 2 Uhr morgens, als ich endlich am Wohnheim ankam. Ich war müde, aber andererseits auch viel zu aufgekratzt, um direkt ins Bett zu gehen. Außerdem wollte ich noch kurz auf diese Party. Ich war verabredet. Mit Meike, meiner Freundin aus dem Studiengang. Meike und ich fuhren jeden Morgen gemeinsam mit der Straßenbahn zur Hochschule, saßen während der Vorlesungen nebeneinander und zogen an den Wochenenden durch die Clubs. Wir hatten viel Spaß zusammen. Seit kurzem hatte Meike allerdings einen Freund. Einen Pilotenschüler der Lufthansa. Er hieß Laurent, kam aus Luxemburg und hatte einen herrlichen Akzent. Ich mochte ihn, war aber auch etwas skeptisch. Was würde aus unseren Partynächten, fragte ich mich.
    Meike wohnte genau wie ich im Luisental, diesem riesigen Komplex aus mehreren Wohnheimen am Rande der Stadt. Sie erzählte mir vor ein paar Tagen, dass sie an diesem Abend im Café Lui sein würde. Spanische Freunde von Laurent hätten eine Party organisiert. Ich versprach, auf dem Heimweg vorbeizuschauen.
    Noch bevor ich das Wohnheim betrat, hörte ich die laute Musik und die noch lauter mitgrölenden Spanier. Die Party war noch in vollem Gange. Ich lief vorbei an den Fahrradständern, den orangefarbenen Briefkästen, vorbei an den Toiletten, die zum Partyraum gehörten und vor denen nun zahlreiche Mädchen Schlange standen. Ich suchte Meike, konnte sie aber nicht entdecken. Ich hielt nach ihren blonden langen Haaren Ausschau. Ich lief quer durch den Raum zur Tanzfläche. Eine Discokugel drehte sich an der Decke. Das Licht war gedimmt, nur die Tanzenden wurden von den flackernden Scheinwerfern beleuchtet. Ich überlegte, ob ich wieder gehen sollte. Auf dem Weg nach draußen sah ich Ömer, einen netten Türken, der Jura studierte und mit einem Kollegen aus der Jazz-Bar zusammenwohnte. Ömer saß allein auf einem Barhocker direkt neben der Tür. Ich blieb kurz stehen, um ihn zu begrüßen. Ömer war nüchtern, er trank nie Alkohol und beschwerte sich sofort über die viel zu lauten betrunkenen Spanier. Schon vor Stunden hätte er ins Bett gehen wollen, er müsse lernen, sagte er. Am Montag schreibe er eine wichtige Klausur. Er deutete mit dem Zeigefinger zur Decke und schüttelte den Kopf. Sein Zimmer lag genau über dem Partyraum. Plötzlich hatte ich ein Déjà-vu. Ich erinnerte mich an die letzte Party im Wohnheimcafé. Damals hatten wir genau dieselbe Unterhaltung. Wie konnte ich das vergessen? Ich hatte keine Lust auf dieses Schlechte-Laune-Thema und überlegte, was ich sagen könnte, um schnell wieder zu verschwinden.
    Doch dann sah ich Heribert. Er stand plötzlich neben mir. Er sah gut aus, war braungebrannt und hatte seine langen schwarzen Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Er hatte ein schönes warmes Lächeln. Mir gefielen seine Augen, die er zusammenkniff, wenn er lachte.
    »Hier Ömer, die geht aufs Haus«, sagte er und drückte dem schlechtgelaunten Ömer eine Flasche Cola in die Hand. Mich lächelte er kurz an, dann verschwand er wieder. Ich sah ihm nach und beobachtete, wie er hinter den Tresen ging. Also auch ein Kellner, dachte ich und hatte bereits entschieden, noch etwas zu bleiben. Zu meinem Glück stand ein paar Sekunden später auch Meike neben mir. Sie umarmte mich stürmisch, strahlte mich mit ihren großen blauen Augen an und schien sich wirklich zu freuen, mich zu sehen. Wir unterhielten uns etwas. Ich dachte, Meike wüsste vielleicht mehr über den Kellner. Doch sie verneinte. Ömer, der noch immer neben uns saß und darauf wartete, dass dieser Abend endlich zu Ende ging, hatte unser Gespräch belauscht.
    »Er ist Brasilianer. Oder zumindest seine Mutter kommt aus Brasilien. Geboren ist er aber in Hamburg.«
    Brasilien, dachte ich, das klingt exotisch. Ich kam aus Falkenberg/Elster, einer kleinen Stadt im Süden Brandenburgs. Meike, Ömer und ich sahen zum Tresen, der brasilianische Kellner bemerkte das und lächelte uns zu. Ich wurde rot und drehte mich schnell wieder weg. Meike fing an, laut zu lachen, was die Situation natürlich noch schlimmer machte. Mit dem Ellenbogen versetzte ich ihr einen Stoß in die Seite.
    »Los, geh zur Bar und hol dir ein Bier«, forderte sie mich auf. »Und mir kannst du auch gleich eins mitbringen.« Sie zwinkerte mir zu und verschwand in Richtung Tanzfläche.
    Ich ging zur Bar und hoffte, dass mein Gesicht unterdessen wieder seine normale Farbe angenommen hatte.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Hallo! Ich glaube, wir kennen uns noch nicht«, sagte er
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