Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde
Autoren: Silver Eve
Vom Netzwerk:
und warf es Malthus zu, der es auffing und in einer Ledertasche verstaute, die er um die Schulter trug. Routiniert legte Alastor das Feuerband um die Schwarze Seele.
    „Du hältst dich am besten ganz raus“, zischte Alastor dem Dritten am Tisch zu, der sich ebenfalls von seinem Platz erheben wollte und nun in merkwürdig gebeugter Haltung, halb stehend, halb sitzend, und aus mit entsetzt aufgerissenen Augen das Geschehen verfolgte. Kraftlos ließ er sich auf seinen Stuhl zurücksinken.
    „Und nun wieder zu dir.“ Alastor packte den Mann mit dem Skarabäus auf dem Arm an der Gurgel und hob ihn aus seinem Stuhl. Vergeblich versuchte der Mann sich zu befreien. „Gehen wir doch ein bisschen an die frische Luft, damit wir uns in Ruhe unterhalten können.“
    Er führte ihn durch eine Hintertür hinaus in eine schmale Sackgasse, wo die Mülltonnen des Lokals standen und sie alleinwaren. Alastor griff ein wenig fester zu. „Wie heißt du eigentlich, Kumpel?“
    „Mick“, brachte er mit Mühe hervor.
    „Sehr schön, Mick. Dann erzähl mal, aber möglichst etwas, womit ich was anfangen kann. Das könnte mich dazu bewegen, dich am Leben zu lassen.“

3. KAPITEL
    Sogar Äffchen fallen vom Baum.
    J APANISCHES S PRICHWORT
    Ashton Memorial Park, Whitby, Ontario
    E s war die einfachste Grundregel: Sei stets auf der Hut und traue niemandem . Das war das Erste, was Butcher ihr beigebracht hatte. Naphré war sich klar darüber, dass sie sich selbst zuzuschreiben hatte, in dieser misslichen Lage gelandet zu sein. Hätte sie Regel Nummer eins befolgt, wäre es ihr nicht passiert.
    Sie spürte die Mündung der großkalibrigen Glock im Nacken. Butcher hatte sie überrumpelt. Es war ganz leicht für ihn gewesen. Sie hatte nicht aufgepasst.
    „Was hab ich heute für ein Glück“, murmelte sie.
    „Wieso das?“
    „Dass du nicht die Zweiundzwanziger genommen hast.“
    Die kleinkalibrige Zweiundzwanziger war ein technisches Wunder. Wenn das Geschoss in den Kopf eindrang, konnte es passieren, dass es wie eine Flipperkugel innen von den Schädelknochen abprallte und das Gehirn dabei in einen blutigen grauen Brei verwandelte. Man konnte so einen Schuss überleben, hatte aber nichts mehr davon, denn sämtliche Funktionen des Großhirns waren dann erloschen. Dann lebte man weiter, aber ungefähr auf dem intellektuellen Niveau eines Seeigels. Kein sehr angenehmer Gedanke. Da war Naphré die Glock schon lieber. Ein Genickschuss bedeutete den augenblicklichen Tod. Eine schnelle, saubere Angelegenheit, denn um die Schweinerei, die dabei entstand, brauchte man sich selbst ja nicht mehr zu kümmern.
    Naphrés Problem war bloß, dass der Tod für sie nicht das Ende bedeutete. Das war die Folge einer Abmachung, die sie in ihrer damaligen Naivität vor sechs Jahren in einer kalten, regnerischenNacht, die Hände voll Blut und das Kreischen von berstendem Metall noch in den Ohren, getroffen hatte. Sie hatte vollkommen unter Schock gestanden, war jedoch auch nicht in der Lage gewesen, abzuschätzen, dass sie vom Regen in die Traufe geraten würde.
    „Hände bitte hinter den Kopf“, befahl Butcher in ruhigem Ton.
    Naphré gehorchte. In ihrem Hirn arbeitete es fieberhaft. Es galt, Zeit zu gewinnen. Jede Minute, die sie herausschlagen konnte, war eine Minute, in der ihr vielleicht ein Plan einfiel, damit sie sich doch noch retten konnte. „Hör mal, Butcher …“
    „Es ist ein Job wie jeder andere. Keine Sentimentalitäten. So haben wir es doch immer gehalten, nicht?“
    „Richtig. Keine Sentimentalitäten.“
    Ohne den Kopf zu bewegen, ließ sie den Blick über den leeren Parkplatz und die Straße dahinter schweifen. Die Pistole steckte noch in ihrem Holster, auch ihr Messer steckte noch hinten im Gürtel. Aber weder das eine noch das andere nützten ihr. Ehe Naphré eine der Waffen hätte erreichen können, hätte Butcher längst abgedrückt.
    Eigentlich hatte sie gar nicht damit gerechnet, dass sie heute ihre Waffen brauchte. Auf der Fahrt hierher hatten sie und Butcher sich über das Erdbeben in Neuseeland unterhalten, von dem die Zeitungen aktuell voll waren. Die Fahrt war ganz entspannt gewesen, und sie hatten keine Eile. Jetzt fiel Naphré ein, dass Butcher ihr letzte Nacht erzählt hatte, er hätte schon alle Informationen über die Zielperson bei diesem Job. Das hätte sie aufhorchen lassen müssen. Nun, da der Groschen endlich gefallen und ihr aufgegangen war, dass niemand als sie selbst diese Zielperson war, war es zu spät.
    Saru
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher