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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm
Autoren: Any Cherubim
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Eingangstüren elektronisch, sodass niemand mehr hineinkam. Wir waren besser bewacht als Fort Knox, witzelten wir manchmal.
    Ich lief mehrere Runden um unseren See und sah den Schwänen dabei zu, wie sie majestätisch über das Wasser glitten. Schon als kleine Mädchen liefen Amy und ich Schlittschuh. Natürlich hatte Onkel Finley erst die Dicke des Eises fachmännisch überprüfen lassen, bevor wir darauf laufen durften. Er war ein sehr vorsichtiger Mensch. Wir kannten die genauen Gründe nicht, weshalb Onkel Finley so streng mit uns war. Amy und ich waren immer wohlbehütet und bewacht aufgewachsen. Er liebte uns wie seine eigenen Töchter und las uns so manchen Wunsch von den Augen ab. Jedoch schenkte er Amy mehr Aufmerksamkeit.
    Nach dem vielen Geld zu urteilen, musste er eine wichtige Person mit noch wichtigeren Aufgaben sein. Wir wussten nur, dass er Senator war, für die Forschung arbeitete und viel unterwegs war. Wir stellten keine Fragen und ich hatte den Eindruck, mein Onkel war froh darüber. Insgeheim fragte ich mich schon, was genau er tat. Einmal, als ich in sein Arbeitszimmer ging, hatte er müde ausgesehen. Sein Hemd war zerknittert, die Krawatte hatte er achtlos auf die Stuhllehne geworfen. Seine Stirn zeigte viele Falten. Er saß an seinem Schreibtisch, seine Hände waren zu Fäusten geballt und er rieb sich damit die Schläfen. Sorge spiegelte sich in seinem Blick. So hatte ich ihn noch nie gesehen.
    »Vertrau niemandem, Kleines. Du kannst nie wissen, wer dein Freund oder Feind ist«, hatte er damals gesagt. Es war der einzige Moment, in dem ich ihn so verletzlich gesehen hatte. Ich glaube, dass dies der Grund war, warum er uns nicht sorglos gehen lassen konnte. Möglicherweise hatte er Feinde. Und als er dies damals so zu mir sagte, wusste ich, dass Amy und ich seine Schwachstelle waren. Durch uns war er angreifbar. Also sorgte er dafür, dass man gar nicht erst an uns herankam. Onkel Finley wollte uns beschützen. Doch oft fragte ich mich, wovor? Sonst war er ein fröhlicher Mensch. Er hatte eigentlich immer gute Laune, außer Amy hatte mal wieder etwas angestellt. Dann konnte er schon richtig sauer werden, doch lange hielt es nie an. Schnell verzieh er ihr, auch wenn er mit seinen Bestrafungen konsequent blieb. Manchmal verstand ich nicht, warum er mir gegenüber oft nachtragender war.
    Nach dem Joggen duschte ich ausgiebig und kam noch pünktlich zum Frühstück. Amy hatte in der Zwischenzeit auch den Weg aus dem Bett gefunden, obwohl sie normalerweise noch schlafen würde. Doch heute war Samstag und sie konnte unsere erlaubte Shoppingtour nicht erwarten.
    »Guten Morgen, Jade! Wie war das Laufen?«, begrüßte mich Agnes. Sie schenkte gerade Kaffee in eine Tasse ein, als ich die Küche betrat. Amy saß auf ihrem Hocker, in der einen Hand hielt sie ein Marmeladentoast und mit der anderen blätterte sie gerade in einem Modemagazin.
    »Guten Morgen«, grüßte ich gut gelaunt zurück. »Es ist zwar noch frisch draußen, doch zum Laufen richtig angenehm.« Ich setzte mich an die Theke, während meine Schwester weiter selbstvergessen in ihrem Magazin blätterte. So vertieft sie in ihrer Zeitschrift las, bemerkte sie nicht, wie ein blauer Schweif sie umgab. Manchmal, wenn sie mit ihren Gedanken so beschäftigt war, vergaß sie schon mal, ihre Emotionen vor mir abzuschirmen. Jedes Mal schmunzelte ich darüber. Ich ließ mir nichts anmerken und bestrich mein Toast mit Butter und biss genüsslich hinein.
    »Jade? Hast du schon von dem neuen Club in New York City gehört«, fragte sie mich und ich hörte die Begeisterung in ihrer Stimme. Ich überlegte kurz und schüttelte den Kopf. »Nein, hab ich nicht! Warum?«
    »Er ist neu und heißt Collections, soll der angesagteste Club der Stadt sein. Die Promis und die besten DJs geben sich dort die Klinke in die Hand. Ich will da unbedingt mal hin, du nicht auch?« Begeistert funkelten ihre Augen. Auch wenn sie selbst wusste, dass Onkel Finley ihr es nie erlauben würde, in diesen Club zu gehen, reizte es Amy schon sehr.
    »Na, lass das nicht deinen Onkel hören, Amy«, mischte sich Agnes ein und bedachte sie mit einem warnenden Blick.
    »Ja, ja. Ich weiß schon«, gab sie knurrig zurück. Sie blätterte eine Seite weiter und war schon bei einem anderen Thema. »Auf jeden Fall will ich heute bei Bloomingdales oder bei Macy's vorbeischauen.« Ein sanftes Orange schauerte kurz auf, bevor sie es abstellte. Sie war aufgeregt.
    »Wann geht es los?«, wollte ich
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