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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm
Autoren: Any Cherubim
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uns schon oft mit kleinen Geschichten aus seiner Jugend zum Lachen brachte. So wussten Amy und ich nur, dass sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Erinnerungen an sie haben Amy und ich nicht, nur einzelne Fotos, die im Haus verteilt hingen. Ein großes Familienfoto hing im Wohnzimmer, direkt über dem Kamin. Mum und Dad, mit zwei kleinen Babys.
    Amy und ich kamen sehr nach unserer Mutter. Von ihr hatten wir die grün-grauen Augen, das Schokoladenbraun ihrer Haare und die vollen Lippen. Unser Vater Aaron strahlt stolz in die Kamera, während er Amy im Arm hält und Mum mich.
    Eine stille Sehnsucht überkam mich jedes Mal, wenn ich das große Familienbild betrachtete. Es gab eine unsichtbare Verbundenheit, die ich zu meiner Mutter besonders empfand, ohne genau zu wissen, warum.
    Als Amy und ich ein Jahr alt gewesen waren, zogen wir von Portland nach Bayville in der Nähe von New York. Dort kaufte Onkel Finley eine Villa mit einem großen Grundstück, das fortan unser Zuhause war. Er stellte Agnes, unsere Haushälterin, und ihren Mann Ron als Gärtner ein. Sie bezogen ein kleines Häuschen nicht weit von unserem Grundstück entfernt. Agnes und Ron waren so etwas wie Großeltern für uns. Vor allem Agnes umsorgte Amy und mich wie eine Mutter. Sie bekochte uns, sorgte für saubere Wäsche in unseren Schränken und erzog uns zu selbstbewussten jungen Damen.
    Das Grundstück war riesig. Onkel Finley hatte einen kleinen See anlegen und ein weiteres Gästehaus bauen lassen, das nun seit ein paar Monaten Mr. Chang bewohnte. Als Amy unbedingt Tennisunterricht nehmen wollte, ließ er selbst dafür einen Platz errichten. Damals gab es hitzige Diskussionen, warum sie nicht - wie ihre Freunde - an einem offiziellen Ort spielen konnte. Jedoch war sein Angebot, dass sie alle auf dem Grundstück trainieren durften verlockend und es dauerte nicht lange, da hatten wir fast täglich Gäste aus der Schule da, die selbst mir das Tennisspielen schmackhaft machten. Gedanken, warum unser Onkel es nicht mochte, dass wir in einem örtlichen Verein spielten oder trainierten, machte ich mir damals nicht so sehr. Aber merkwürdig fand ich es schon.
    Unser Haus bot mittlerweile wirklich alles, was unsere jugendlichen Herzen begehrten. Der Pool, der zehn Meter vom Haus entfernt war, glitzerte uns türkisblau entgegen. Das absolute Highlight war der alte Geräteschuppen, den Onkel Finley für uns hatte umbauen lassen. Direkt neben dem Tennisplatz entstand innerhalb weniger Wochen ein Sport- und Spaß-Center für uns. Zuerst verstand ich den Sinn darin nicht. Doch mit der Erklärung, dass er Ruhe im Haus brauchte, wenn Geschäftspartner kamen, gab ich mich zufrieden. Schließlich fanden wir es aufregend, unseren Schuppen in eine Disco, ein Kino und in eine kleine Sporthalle zu verwandeln, in der wir problemlos ein ganzes Flugzeug hätten unterbringen können. Man konnte es fast vergleichen mit der Turnhalle unserer Schule, nur war sie ausschließlich für Amy und mich bestimmt. Hier konnten wir laut sein, toben, feiern, aber auch trainieren.
    Mit 16 wurde Amy rebellisch. Sie war nicht mehr damit zufrieden, ständig zu Hause auf dem Grundstück zu sein. Sie wollte sich mit Jungs verabreden und abends ausgehen. Onkel Finley jedoch war streng, was dieses Thema betraf. Ich selbst hatte nicht so sehr das Bedürfnis, konnte meine Schwester aber verstehen. Es reichte ihr einfach nicht mehr aus, Freunde in unserem C.O.B (Center of Body), wie wir unser Spielhaus liebevoll nannten, zu empfangen. Sie wollte raus, ihre Freiheit genießen. Die Regeln, die Onkel Finley dazu aufstellte, waren besonders für meine Schwester schwer einzuhalten. Unsere Bodyguards begleiteten uns ständig, egal wohin. Wir waren somit nie unter uns. Das hieß, selbst wenn wir nach langem Bitten und unter strengen Auflagen, mal ins Kino durften, saßen sie eine Reihe hinter uns.
    »So kann ja nie was laufen mit Chris«, hatte sie sich bei mir wieder einmal beschwert. Er war ihr neuer Schwarm und sie legte alles daran, mit ihm allein zu sein, in der Hoffnung, dass sie endlich einen Schritt weiter kamen, als immer nur Händchen zu halten.
    Jetzt waren wir beide fast achtzehn und immer noch hatte sich nichts an Onkel Finleys kurzer Leine verändert. Genau wie damals durften wir unser Grundstück nicht ohne unsere Gorillas verlassen. Wir wurden zur Schule gebracht und wieder abgeholt, was wir mittlerweile jedoch beide in Ordnung fanden, da Clive uns schon mal selbst das Auto
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