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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher
Autoren: Martin Mucha
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Geld, das man hat, eine Bürde sein kann. So gesehen, war ich fast froh, dass ich es doch noch losgeworden war, aber eben nur fast. Lieber unglücklich und reich als arm. Außerdem hatte ich in der ganzen Aufregung vergessen, meine Seele auszulösen, oder zumindestens den Vertrag in meinen Besitz zu bringen. Aber da es Seelen ohnedies nicht gibt, nahm ich die Angelegenheit auf die leichte Schulter.
    Am nächsten Morgen frühstückte ich, eigentlich war es schon Mittag, knapp vor eins. Anschließend telefonierte ich ein bisschen mit Greg, erzählte ihm, so viel ich für richtig hielt, und wünschte ihm alles Gute. Ich glaube, er ist wieder in die USA zurück. Elena kam mir in Zukunft nicht mehr in die Quere und ich meinerseits hatte keinerlei Interesse, daran etwas zu ändern. Später sah ich sie noch hier und da im Kreditbüro, das sie anscheinend weiterführte. Einzig und allein an die wunderbare Katze denke ich noch manchmal.
    Die Polizei ließ mich in Ruhe, was ich auf die schützende Hand von Erich zurückführte, die ja ursächlich für den ganzen Deal verantwortlich gewesen war. Eine SMS von Mike kam dann auch noch, irgendwas war mit meiner Wohnung schiefgegangen: »Auf absehbare Zeit unbewohnbar«, hatte er geschrieben. Das würde ein langer Sommer im Institut werden. Was meine Chefin betrifft, so fand ich am nächsten Morgen einen Umschlag mit einer Karte drin. Darauf ein paar Zeilen, sie bedankte sich für die Blumen und teilte mir mit, dass sie ein Scheidungsverfahren eingeleitet hatte und nun zur Entspannung in die Toskana fuhr. Über all dem in der Karte Gesagten hing unbestimmt eine Drohung: Schweigen Sie wie ein Grab, ansonsten …, aber da ich gar nicht vorhatte, irgendwem von dem Erlebten zu berichten, schreckte mich das nicht. Die Sieben Furien waren also in der Toskana, somit hatte ich das Institut wieder ganz für mich alleine. Das nennt man dann wohl Einsamkeit, und wer einsam ist, der kommt ins Grübeln. Wer grübelt, denkt an die Liebe. Ich für meinen Teil werde dann immer sentimental. Das führte dazu, dass ich mich zur Kärntnerstraße aufmachte, denn dort befindet sich Sir Anthony. Ich hatte 1500 Euro und einen Plan. Der hatte mit Blumen zu tun und war mir oben auf der Baumgartner Höhe gekommen, als der Vogel sang und die Morgenluft kühl in den Blättern spielte, damals, als ich an Jorinde und Joringel denken musste, und die rote Blume mit dem Tautropfen.
    Sir Anthony ist ein Herrenausstatter, obwohl es unter Umständen angebracht ist, den unbestimmten Artikel durch den bestimmten zu ersetzen. Unter der fachkundigen Anleitung des Personals, das über meine zerknitterte Discount-Aufmachung sichtbar die Nase rümpfte, dauerte es nur ein paar Stunden, bis in den knappen Grenzen, die mir der Geiz von Mutter Kirche setzte, ein Anzug gefunden war, samt Krawatte und Hemd. Schuhe gingen sich leider keine mehr aus, aber ich hegte die Hoffnung, dass das nicht so auffallen würde.
    Etwa um sechs verließ ich das Geschäft, eingekleidet in einen wunderbar leichten Leinenstoff, der die Vorzüge, die mir Mutter Natur mitgegeben hatte, zur Geltung brachte. Das Grau des Stoffes erzeugte in Verbindung mit der Struktur des Leinens einen optisch sehr angenehm-eleganten Effekt. Dazu trug ich ein eierschalenfarbenes Hemd und eine Seidenkrawatte in dezenten Farben mit persischem Muster. Das hatte ich von Korkarian abgeschaut, und insgeheim freute es mich, dass außer mir nicht viele wussten, dass dieses Muster eigentlich einen stilisierten Uterus darstellt. Was doch Ursache für etliche nette Reflexionen sein kann.
    Dergestalt ausstaffiert, machte ich mich auf zum Blumenladen in der Josefstädterstraße. Dort trat ich ein, es war kurz nach sechs.
    »Sie schon wieder. Das letzte Mal kommen Sie, bevor wir geöffnet haben, diesmal knapp nach Ladenschluss. Meinen Sie, wir haben nur für Sie geöffnet?«
    »Es tut mir leid. Aber erstens wollte ich mich für das letzte Mal bedanken, die Dame hat sich sehr gefreut und betont, wie schön der Strauß gewesen sei.«
    »Sie haben uns doch sicher empfohlen?«
    »Selbstverständlich.« Ich hatte sie ein wenig besänftigt. Ihre beiden Angestellten hatten mit ihren Arbeiten aufgehört und waren näher gekommen.
    »Zweitens aber brauche ich wieder einen Strauß.«
    »Für dieselbe Dame?«
    »Nein, für eine andre. Diesmal aber explizit romantisch.«
    »Aha.« Sie schaute mich über den Rand ihrer Brille hinweg scharf an. Das Rechnungsbuch, in das sie mit Tischlerblei
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