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Seelenraub

Seelenraub

Titel: Seelenraub
Autoren: Jana Oliver
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küssten.
    Riley schloss die Augen und rief sich den Moment in Erinnerung, den sie vor der Versammlung zusammen verbracht hatten. Sie hatten sich geküsst, und er hatte ihr gestanden, wie viel sie ihm bedeutete. Wenig später hatte ein Dämon versucht, ihn zu töten.
    Riley ließ sich auf die Bank sinken und sog den kräftigen Duft der heißen Schokolade ein, um die bösen Erinnerungen zu verdrängen. Der Versuch schlug fehl, obwohl es in der Vergangenheit immer funktioniert hatte. Stattdessen beschwor ihr Geist pflichtbewusst das Bild ihres Freundes herauf, wie er in seinem Krankenhausbett lag, mit Schläuchen überall und einem Gesicht so weiß wie das Laken.
    Simon bedeutete ihr so viel. Seine ruhige Gegenwart hatte sie nach dem Tod ihres Vaters getröstet. Ihn so kurz nach ihrem Dad zu verlieren war undenkbar, und der Himmel hatte das gewusst. Was hätte sie sonst tun können, außer seinen Bedingungen zuzustimmen? Simons Leben im Tausch dafür, dass Riley dem Himmel einen Gefallen schuldete. Einen richtig großen Gefallen. Die Welt zu retten, zum Beispiel.
    »Warum ich?«, murmelte Riley. »Warum haben sie nicht jemand anderen genommen? Warum nicht Simon?«
    Er war religiös und befolgte sämtliche Regeln. Er wäre der perfekte Kandidat gewesen, um das Ende der Welt zu verhindern. Sie hätten den Deal mit ihm machen können, als er verletzt war.
    Stattdessen haben sie mich ausgewählt.
    Zu Rileys Verdruss hatte sich die heiße Schokolade so weit abgekühlt, dass man sie eigentlich nicht mehr trinken konnte, doch Riley nippte trotzdem daran. Sie hielt den Blick auf den Inhalt des Bechers geheftet, weg vom Fernsehbildschirm. Jemand scharrte mit einem Stuhl über den Boden, um sich an einen Tisch zu setzen. Riley fuhr bei dem Geräusch zusammen und erwartete fast, jeden Moment eine Horde Dämonen durch die Eingangstür drängen zu sehen.
    Die Tasse zitterte in ihren Händen und erinnerte sie daran, wie nah sie einem Zusammenbruch war. Zu viel war in kurzer Zeit über sie hereingebrochen. Noch mehr, und sie würde nicht mehr damit fertig werden.
    Ich muss meinen Dad finden
. Das könnte sie schaffen. Vielleicht. Zumindest war es etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Es war unwahrscheinlich, dass sein Leichnam unter den Trümmern des Tabernakels begraben lag, nicht nachdem ein Nekromant all die Mühe auf sich genommen hat, ihn aus seinem Grab zu beschwören. Das war es schließlich, was Nekros taten: Sie reanimierten Leichen und verkauften sie als unbesoldete Diener an reiche Leute. Inzwischen würden die Leute wohl Schlange stehen, um den Meisterfänger Paul Blackthorne zu kaufen, wenn er nicht bereits verscherbelt war.
    Was ist das wohl für ein Gefühl, tot zu sein und herumzulaufen, als sei man immer noch am Leben?
Bestimmt widerlich und außerdem ziemlich unheimlich. Erinnerte sich ihr Dad daran, wie er gestorben war? Erinnerte er sich an die Beerdigung und wie er begraben wurde? Ein eiskalter Schauder lief Riley über den Rücken. Sie musste unbedingt ihren Verstand einschalten.
    Ich werde ihn finden. Ich werde ihn zurück unter die Erde bringen, und dann hat das ein Ende.
    Ihr Blick wanderte zurück zum Fernseher. Ein Reporter listete minutiös die entsetzlichen Geschehnisse der letzten Nacht auf. Er hatte größtenteils recht – die örtliche Dämonenfängerzunft hatte ihre Versammlung in dem Tabernakel in Downtown Atlanta abgehalten, genauso, wie sie es immer tat. Mitten in der Diskussion waren die Dämonen aufgetaucht. Und dann ging es los.
    »Augenzeugen berichteten, dass mindestens zwei verschiedene Arten Höllenbrut an dem Angriff beteiligt und die Fänger rasch überwältigt waren«, sagte der Reporter.
    Es waren drei Arten, aber wen interessiert das schon?
    Riley runzelte die Stirn. Die Fänger waren nicht überwältigt worden. Zumindest nicht völlig. Sie hatten es sogar geschafft, ein paar dieser Mistviecher zu töten.
    Als sie den Becher mit der heißen Schokolade hochheben wollte, zitterten ihre Hände immer noch. So ging es seit letzter Nacht, und nichts hatte dagegen geholfen. Sie leerte den Becher in kleinen Schlucken, wohl wissend, dass die Leute sie beobachteten und über sie redeten. Jemand machte mit dem Handy ein Foto von ihr.
    O Mann.
    Im Hintergrund konnte sie immer noch den CNN -Reporter hören. »Eine Reihe von Fängern entkam dem Inferno und wurde auf der Stelle von einem höherrangigen Dämon angegriffen.«
    Dieser höherrangige Dämon war ein Dämon fünften Grades gewesen,
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