Seelenmoerder
der Meinung, dass man Holden am wahrscheinlichsten im Knast von Yuma findet, falls er wirklich im Westen ist.«
Ryne bohrte weiter, bis er sicher war, alles erfahren zu haben,
was die Frau wusste. Als er gerade zum Schluss kommen wollte, fiel ihm noch etwas ein. »Sie haben nicht vielleicht ein Foto von Holden, oder? Eine Aufnahme aus dem Highschool-Jahrbuch vielleicht?«
»Klar, da ist er wahrscheinlich mit drauf. Die meisten Staties haben natürlich keine Einzelfotos von sich machen lassen, aber unser Direktor hat Wert darauf gelegt, dass die Leute, die die Bilder fürs Jahrbuch machen, auch die Staties mit aufnehmen.«
»Könnten Sie das Bild raussuchen und es mir faxen?«, fragte Ryne und gab ihr seine Faxnummer.
»Mal sehen«, antwortete sie zögerlich. »Wenn Sie mir sagen, worum es überhaupt geht. Steckt Holden in Schwierigkeiten? Ich wette ja. Wollen Sie ihn verhaften?«
Ryne rieb sich eine Schläfe, um das Pochen zu lindern, das dort plötzlich aufgetaucht war. Es fiel ihm schwerer als sonst, diplomatisch zu bleiben. »Ich gehe nur einer Spur nach und darf Ihnen nichts Näheres darüber sagen, Ms Paulus. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Hilfe uns bei laufenden Ermittlungen enorm weiterhelfen könnte.«
Auf einmal klang sie euphorisch. »Enorm?«
»Unbedingt, Ma’am«, erwiderte er ernst, lehnte sich zurück und sah zur Decke. Irgendein Witzbold hatte mehrere Bleistifte hinaufgeworfen, die in den weichen Fliesen stecken geblieben waren. Wahrscheinlich während eines ähnlichen Gesprächs wie diesem.
»Also, Sie können darauf zählen, dass ich alles tun werde, um Ihnen zu helfen. Ich mache mich gleich an die Suche.«
Angesichts ihres enthusiastischen Tonfalls zweifelte er nicht daran. Als er an sein vorheriges Gespräch mit Abbie dachte, fiel ihm noch etwas ein. »Könnten Sie mir auch Fotos von allen Mitschülern schicken, mit denen Holden befreundet war?«, fragte er.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch weiß, mit wem er sich herumgetrieben hat. Wie gesagt, wir verkehrten nicht …«
»… in denselben Kreisen, ich weiß. Aber vielleicht kann ja eine Freundin Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.«
»Vielleicht.« Sie klang unsicher. »Mal sehen, was sich machen lässt.«
»Vielen Dank. Ich bin wirklich froh über Ihre Unterstützung.« Ryne blickte auf und sah Captain Brown auf seinen Platz zukommen. »Wenn Sie mir die Bilder so schnell wie möglich schicken könnten, wäre uns das eine große Hilfe.«
Er beendete das Gespräch im selben Moment, als Brown neben ihm stehen blieb, und sah fragend zu ihm auf.
»Ich habe gerade mit Commander Dixon telefoniert«, sagte Brown. »Er kommt in zehn Minuten in mein Büro und will eine Zusammenfassung der Ermittlungsergebnisse hören.«
Guter Gott. Ryne schaffte es gerade noch, ein Stöhnen zu unterdrücken. Konnte dieser Tag noch schlimmer werden? »In Ordnung. Ich trage ihm mein jüngstes Ermittlungsprotokoll vor.«
Browns breites, sommersprossiges Gesicht war finster. »Bringen Sie lieber ein bisschen mehr mit. Er will Blut sehen, Ryne. Er spricht schon davon, Sie als leitenden Ermittler von diesem Fall abzuziehen.«
In solchen Momenten vermisste Ryne den Alkohol.
Er lümmelte auf seinem Schreibtischstuhl, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete die Stifte, die aus den Deckenfliesen hingen. In früheren Zeiten war Jim Beam nach einem langen, miesen Tag ein verdammt guter Freund gewesen. Und bei Gott, dieser Tag war die Mutter aller miesen Tage.
Doch es war nicht der Alkohol, nach dem er sich jetzt sehnte. Und auch keine dieser gesichtslosen Frauen, die ein Glas nach dem anderen mit ihm geleert hatten und ihn dann für eine andere Art von Zeitvertreib zu sich nach Hause eingeladen hatten.
Er sehnte sich nur nach einer einzigen Frau, und zwar nach der, die heute hinausgegangen war und ihm unmissverständlich erklärt hatte, dass die Sache zwischen ihnen für sie beendet war.
Trübsinnig musterte er die Decke. Dass sich Abbie von ihm losgesagt hatte, war noch weitaus schlimmer als alles andere, was in den letzten Stunden geschehen war, obwohl sie in jeder Hinsicht die Hölle gewesen waren.
McElroy mischte sich nach wie vor störend in die Ermittlungen ein. Der Idiot war zu Dixon gegangen, um sich wieder einsetzen zu lassen, und das Ergebnis war absehbar gewesen. In seinem Bestreben, sich als unersetzlich darzustellen, hatte er vorgegeben, immer noch an den Ermittlungen beteiligt zu sein, und zu diesem
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