Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Security

Security

Titel: Security
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
der Lage sein, mit ihr zu schlafen – sie zu berühren, zu riechen, zu schmecken – und ihr direkt den Samen für das erste von vielen weiteren Duplikaten meiner selbst einzupflanzen.
    Ich hätte gedacht, sie würde mich darum bitten, diesen zukünftigen Liebhaber sehen zu dürfen, damit sie feststellen konnte, ob er auch gut genug ausgestattet war, um sie zu befriedigen, oder zumindest hübsch genug, um ihr zu gefallen. Sie war jedoch auf ihren baldigen Geliebten genausowenig neugierig wie auf ihren Nachwuchs.
    Ich führte das mangelnde Interesse auf ihre Erschöpfung zurück. Sie hatte in jenen beschwerlichen vier Wochen zehn Pfund verloren. Sie mußte dieses Gewicht wiedererlangen – und ein paar Nächte ohne Alpträume schlafen, denn diese Träume hatten ihr seit jener Nacht, in der die Zygote implantiert worden war, jede wirkliche Ruhe geraubt.
    Während der nächsten zwölf Tage verschwanden die dunklen Ringe um ihre Augen, und ihre Haut gewann wieder an Farbe. Ihr kraftloses, stumpfes Haar bekam seine Fülle und seinen goldenen Glanz zurück. Ihre eingesunkenen Schultern richteten sich auf, und ihr schlurfender Gang wich der gewohnten Grazie. Sie begann, allmählich wieder etwas Körpergewicht zuzulegen.
    Am dreizehnten Tag ging sie in den kleinen Raum neben ihrem Schlafzimmer, legte ihre VR-Ausrüstung an, setzte sich in den motorbetriebenen Ruhesessel und begann eine Therapie-Sitzung.
    Ich beobachtete ihre Erfahrungen in der virtuellen Welt genauso wie in der realen – und war entsetzt, als mir klar wurde, daß sie sich in jener endgültigen Auseinandersetzung mit ihrem Vater befand, die mit einem tödlichen Messerangriff auf sie enden würde.
    Sie werden sich sicher erinnern, Alex, daß sie dieses eine Todesszenario zwar entworfen hatte, aber während ihrer bisherigen zufallsgesteuerten Sitzungen noch nie darauf gestoßen war. Es würde für Susan emotional verheerend sein, die eigene Ermordung durch ihren Vater dreidimensional und als Kind zu durchleben. Sie konnte nicht wissen, wie tiefgreifend die psychische Wirkung ausfallen würde.
    Ohne das Risiko, eines Tages auf dieses tödliche Szenario zu stoßen, wäre die Therapie weniger wirksam gewesen. In der virtuellen Welt mußte sie daran glauben, daß ihr Vater eine wirkliche Bedrohung darstellte und daß ihr sogar etwas noch Schlimmeres als sexueller Mißbrauch zugefügt werden könnte. Ihre Auflehnung gegen ihn würde nur dann moralisches Gewicht und therapeutischen Wert haben, wenn sie während der Sitzung fest davon ausgehen müßte, daß jeglicher Widerstand furchtbare Folgen nach sich ziehen würde.
    Jetzt war sie letzten Endes doch noch auf dieses blutige Szenario gestoßen.
    Fast hätte ich das VR-System abgeschaltet und sie dadurch gezwungen, diese viel zu realistische Gewalterfahrung zu vermeiden.
    Dann erkannte ich, daß sie sich nicht zufällig in diesem Szenario befand, sondern es ausgewählt hatte. In Anbetracht ihres starken Willens wußte ich, daß ich keine Einmischung wagen durfte, ohne zugleich ihren Zorn zu riskieren.
    Da ich nur noch einen Tag davon entfernt war, ihr in Fleisch und Blut gegenüberzutreten und die Freuden ihres Körpers unmittelbar zu genießen, wollte ich unsere Beziehung nicht belasten.
    Erstaunt schwebte ich in der VR-Welt und sah dabei zu, wie eine achtjährige Susan die sexuellen Annäherungsversuche ihres Vaters zurückwies und ihn dadurch so sehr in Wut versetzte, daß er sie mit einem Hackmesser brutal umbrachte.
    Ich war so entsetzt wie in dem Moment, als Shenk der „roten Musik“ von Fritz Arling gelauscht hatte. Im selben Augenblick, in dem die virtuelle Susan starb, riß sich die wirkliche Susan – meine Susan – hektisch den Helm vom Kopf, streifte die ellbogenlangen Handschuhe ab und stürzte aus dem motorbetriebenen Ruhesessel. Sie war in sauren Schweiß gebadet, hatte eine Gänsehaut am ganzen Körper, schluchzte, zitterte, keuchte, würgte. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig ins Badezimmer, um sich in die Toilette zu erbrechen.
    Wann immer ich während der nächsten paar Stunden versuchte, mit ihr über diese Sitzung zu reden, wich sie meinen Fragen aus.
    An jenem Abend erklärte sie schließlich: „Jetzt habe ich das Schlimmste durchlebt, was mein Vater mir jemals hätte antun können. Er hat mich in der virtuellen Welt getötet, und etwas Grauenvolleres als das kann er nicht machen, also werde ich nie wieder Angst vor ihm haben.“ Nie habe ich ihre Intelligenz und ihren Mut stärker
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher