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Sean King 03 - Im Takt des Todes

Titel: Sean King 03 - Im Takt des Todes
Autoren: David Baldacci
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nicht hören, aber ich konnte. Dann ist Daddy zu mir gekommen und hat mit mir gesprochen. Er hat gesagt, dass Mami und Daddy mich lieben, dass alles nur ein böser Albtraum gewesen sei. Ein Albtraum, hat er gesagt. Er hat mir gesagt, ich solle diesen schlimmen Traum vergessen und nie darüber reden.« Sie brach wieder in Tränen aus. »Und das habe ich auch nie getan. Ich verspreche es dir, Daddy, ich habe nie jemandem etwas gesagt. Ich schwöre.« Sie schluchzte immer heftiger. »Ich habe ihn getötet. Ich habe diesen Mann getötet.«
    »Beruhige dich, Michelle«, sagte Horatio, und sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück.
    Horatio wusste, was Michelle zerstörte: dass sie das alles in ihrer Seele behielt. Es war wie eine Wunde, die nie gesäubert worden war. Die Infektion würde sich verschlimmern und tödlich enden. Michelle hatte das Wissen um den Ehebruch ihrer Mutter und die Tatsache, dass ihr Vater einen Tod vertuscht hatte, ihr Leben lang mit sich herumgetragen. Und doch wusste Horatio, dass dieses Wissen im Vergleich zu den Schuldgefühlen verblasste, einen anderen Menschen getötet zu haben.
    Er erinnerte sich, was sie einmal gesagt hatte, als sie noch in Babbage Town gewesen waren: dass ihr Problem vielleicht daher rühre, dass sie mit sechs jemanden brutal getötet habe. Damals hatte Horatio gedacht, Michelle wolle ihn provozieren, doch in Wahrheit hatte ihr Unterbewusstsein zu ihm gesprochen. Er hatte es nur nicht auf Anhieb erkannt.
    Horatio glaubte nicht, dass Michelle das Gesicht des toten Mannes auf der Ladefläche ihres SUV oder auf dem Boden in ihrem Schlafzimmer sah. Er glaubte nicht, dass sie überhaupt etwas sah. Es war mehr, als würde sie irgendetwas Schreck-liches fühlen, ohne zu wissen, was es war. Ihre Reaktion war gewesen, das zu verdecken, physisch zu erreichen, wozu sie psychisch nicht in der Lage war.
    Horatio wartete noch ein paar Sekunden und sagte dann: »Okay, Michelle, kannst du mir von der Rosenhecke erzählen?«
    »Daddy hat sie eines Nachts abgeholzt. Ich hab ihn von meinem Fenster aus gesehen.«
    Horatio lehnte sich zurück und erinnerte sich daran, dass Frank Maxwell die Hecke als Geschenk für seine Frau zum Hochzeitstag gepflanzt hatte. Offensichtlich hatten die Maxwells diesen Albtraum überstanden, indem sie ihn schlicht begraben hatten. Und doch gab es dort draußen auch eine Familie, die sich seit dreißig Jahren fragte, was mit dem Toten geschehen war. Und seit all diesen Jahren lagen seine Knochen irgendwo in den Hügeln von Tennessee. Eines Tages würden die Maxwells sich dem stellen müssen, was sie getan hatten, zumindest in den verborgenen Kammern ihrer eigenen Seelen, wenn nicht gar vor einem Strafgericht. Horatio schaute wieder zu Michelle. »Ruh dich jetzt aus. Ruh dich aus.«
    Er verließ das Zimmer und sprach mit Sean, erzählte ihm aber nichts von dem, was Michelle ihm enthüllt hatte. »Und ihr kann ich es auch nicht sagen«, erklärte er Sean.
    »Und was hat das jetzt genützt?«
    »Da ihr Unterbewusstsein nun enthüllt hat, was es weiß, nimmt das vielleicht ein wenig Druck von ihrem Bewusstsein. Auch kann ich jetzt eine Therapie entwerfen, die ihr helfen wird. Tatsächlich kann ich ihrem Unterbewusstsein in einer weiteren Hypnosesitzung Dinge suggerieren, die das Problem vielleicht sogar ein für alle Mal lösen werden.«
    »Warum tust du das nicht direkt?«
    »Weil es ihr Unterbewusstsein einer Belastung aussetzen könnte, die sich vielleicht als schädlich erweisen könnte.«
    »Und was kann ich tun?«
    »Du könntest verständnisvoller sein, was ihre kleinen Macken angeht. Das wäre schon mal ein Anfang.«
    Horatio kehrte in seine Praxis zurück und holte Michelle vorsichtig aus der Trance zurück.
    »Und? Was habe ich gesagt?«, fragte sie ängstlich.
    Horatio antwortete: »Weißt du, ich denke, wir haben heute wirklich große Fortschritte gemacht.«
    »Du wirst es mir nicht sagen … oder, du kleiner Bastard?«, stieß Michelle hervor.
    »Ah, das ist die Michelle, die ich zu lieben und zu fürchten gelernt habe.«
    Nachdem sie Horatio verlassen hatten, sagte Michelle zu Sean: »Wirst du es mir erzählen, oder wirst du nicht?«
    »Ich kann nicht, denn er hat auch mir nichts erzählt.«
    »Komm schon. Erwartest du wirklich, dass ich dir glaube?«
    »Das ist die Wahrheit.«
    »Kannst du mir denn gar nichts sagen?«
    »Doch. Ich werde keine Scherze mehr darüber machen, dass du so schlampig bist.«
    »Das war’s? Dafür habe ich meine Seele
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