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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel
Autoren: D.G. Compton
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eins. Und als die Bewegung andauerte, feuerte er in rascher Folge noch zweimal. Die Distanz war weniger als fünfzig Meter. Pete wollte sich auf ihn stürzen, aber der Leutnant stellte ihm ein Bein, und er landete bäuchlings im Kies vor Scannels Wagen.
    Aber die Ablenkung hatte ausgereicht. Eine Sekunde später erschien Maudie unversehrt am Ende der Büsche.
    Sie hatte ihre Schürze mit einer weißen vertauscht, die frisch gewaschen und gebügelt war. Auch ihr Haar sah frisch frisiert aus, glatt zurückgekämmt, bis es weh tat. Sie hatte die Hände in Hüfthöhe ineinander gelegt und kam ruhig und furchtlos auf sie zu, als ob nichts Besonderes vorgefallen wäre.
    Ein paar Schritte vor dem vorderen Streifenwagen machte sie halt. »Schande über Sie, Ev Scannel!« sagte sie. »Einfach so auf eine alte harmlose Frau zu schießen.«
    Pete rappelte sich auf. »Um Gottes willen, Mutter, du hättest getötet werden können.«
    »Kaum zu befürchten.« Sie wandte sich zum Leutnant. »Ich kenne Sie, Dan Harker. Schießen Ihre Männer alle so schlecht?«
    Lieber Gott. Zuerst Räuber und Gendarm, jetzt Wildwestdrama …
    Harker runzelte die Stirn. »Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie sich da heraushielten, Madam.«
    »Das glaube ich Ihnen gern. Genauso, wie ich Ihnen verbunden sein würde, wenn Sie und dieser Dummkopf Scannel sich in Ihre Wagen setzen und dorthin zurückfahren würden, woher Sie gekommen sind. Hier gibt es nichts für Sie.«
    »Ich wünschte, das wäre wahr, Madam. Aber so ist es nicht. Ihr Mann …«
    »Sie sind hier nicht erwünscht, sage ich. Friedliche Leute zu stören. Dies ist Privatbesitz. Sie …«
    »Ich diskutiere nicht, Mrs. Laznett. Wir handeln aufgrund von Informationen, die uns zugegangen sind. Und wenn Sie sich nicht zurückhalten und sich uns in den Weg stellen, werde ich gezwungen sein …«
    »Und ich brauche nicht dreimal zu raten, um zu wissen, woher Sie diese Information haben. Der Junge da mit dem Staub an den Knien. Und wenn Sie eher auf ihn hören als auf …«
    »Bitte, Mutter!« Pete konnte es, konnte sie nicht länger ertragen. »Diese Leute haben ihre Pflicht zu tun. Sie …«
    Maudie spuckte derb und erschreckend unerwartet auf den Kies vor seinen Füßen. »Mutter?« sagte sie. »Wer ist das?«
    Danach herrschte Stille. Nur das Summen des Lautsprecher-Verstärkers und das leise Rauschen der See an den Felsen unterhalb des Hauses. Pete schloß die Augen, die Ohren. Er fühlte sich wie abgehäutet, wie rohes Fleisch auf dem Hauklotz des Metzgers. Maudie ließ sich ihre Spiele nicht nehmen, dachte er betäubt. Sie gab nie nach.
    Leutnant Harker berührte seinen Ärmel. »Ich werde das schon machen, Mr. Laznett. Sie wollten etwas für mich erledigen, glaube ich.«
    Das Mikrofon war noch in seiner Hand, das Kabel schlängelte sich am Boden hin. Er trat zum Wagen und hängte es in seine Halterung. »Das werde ich nicht brauchen«, sagte er.
    Er ging zur Hausecke. Niemand versuchte ihn zurückzuhalten. Einmal blickte er kurz über die Schulter. Ev Scannel hatte Maudie den Arm auf den Rücken gedreht und stieß sie grinsend vor sich her zu seinem Wagen. Sie war jetzt vulgär, schrie und schimpfte, und ihr Gesicht war häßlich, das Haar aufgelöst. Der körperliche Kontakt hatte sie gebrochen, hatte die Isolation zerstört, die ihre einzige Waffe und Verteidigung war. Sie glich einer Geistesgestörten. Pete ging weiter, Sorgfältig bestrebt, deutlich sichtbar zu bleiben, bis er zum Fenster des Arbeitszimmers aufblicken konnte. Hinter ihm schlug eine Wagentür zu. Das Lärmen seiner Mutter verstummte. Ihn kümmerte nicht, warum: er war bloß froh.
    Die Hand über die Augen gelegt, blinzelte er hinauf. Die Hauswand lag im Schatten, der Himmel strahlend blau darüber, die Sonne hinter einem Rauchfang, eingefressen in seine Steine. Die Fensterumrahmung weiß, der Schieberahmen hochgezogen, die Sicherungsstangen gleichfalls weiß vor der Schwärze im Innern. Die Streifenwagen zu seiner Linken waren hinter Gesträuch verborgen. Er war allein.
    »Vater?« Die See war lauter hier. Er hob die Stimme. »Ich weiß, daß du dort oben bist, Vater.«
    Seine Augen machten eine geringfügige Abweichung im Schwarz aus. »Was willst du?«
    Was wollte er? Würde?
    »Scannel ist dies alles nicht wert, Vater. Er ist nichts.«
    »Ja. Nun, ich habe nachgedacht. Und er ist alles, was es gibt.«
    Pete zuckte zusammen. Vielleicht hatte Scudder recht. Scannel, Harker, Besserman, Spencer Rotanzug, Petes Koordinator
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