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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel
Autoren: D.G. Compton
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den schönsten Häusern. Du solltest sehen, wo ich wohne, Mutter. Es ist …«
    »Wir haben auch ein feines Haus, Junge. Siehst du all diese Ledereinbände – richtiges Leder, wirklich. Dies ist nicht mehr die Ferry Lane, es ist die Schulman-Villa. Du erinnerst dich an die Schulman-Villa.«
    Er erinnerte sich gut. Zehn Schlafzimmer, die Wohnräume des Dienstpersonals nicht mitgerechnet. »Die Stadt ist großartig, Mutter. Da gibt es Restaurants, Kunstausstellungen, hübsche Mädchen, richtige Theater …«
    »Das Haus vom alten Schulman. Du mußt dich daran erinnern. Millionär war er.«
    »Mir gefällt die Stadt, Mutter.«
    Sie machte eine Pause. »Wir haben hier oben auch schöne Mädchen, weißt du.«
    Sie kannte das Drehbuch so gut wie er. Manchmal schien sie eine Zeile ausgelassen zu haben, aber die schob sie dann später nach.
    Nun war seine Frage fällig. »Wieviel Mädchen?«
    Und sie antwortete: »Genug.« Bedeutungsschwer.
    Damit meinte sie zwei oder drei, so daß ein unausgesprochenes Urteil über seinen unmoralischen Lebenswandel darin enthalten war, über die Unmoral der Welt. Zwei oder drei waren sicherlich genug für jeden anständigen Mann … Aus diesem Grund hatte er eine Zeitlang versucht, ihren Einblendungen auszuweichen. Bis sie die Gewohnheit angenommen hatte, ihre Video-Einblendungen in seine Arbeitszeit zu verlegen.
    Trotzdem, das Drehbuch war das Drehbuch. »Wieviel Mädchen?« fragte er.
    Und sie antwortete nicht, sagte nicht »Genug«, sagte überhaupt nichts.
    Statt dessen nahm sie die Hände auseinander und zupfte erstaunlicherweise am Saum ihrer besten Sohntags-Strickjacke.
    Schließlich, kaum hörbar: »Scudder würde sich freuen, wenn du heraufkämst.«
    »Scudder?« Scudder Laznett? Er bemühte sich, diese neue Abweichung zu verarbeiten. Gewöhnlich kam die Einladung später, verbunden mit dem Vorwurf. Aber ohne Scudder zu erwähnen. Sein Vater wurde nie hineingezogen.
    »Du meinst, dir würde es gefallen?«
    »Das weißt du, Junge.«
    Viel zu schnell. Also blieb das andere. Eine gewisse Neugierde regte sich, aber in diesem Stadium kaum mehr.
    »Sag mal, Mutter – wie geht es ihm?«
    »Scudder?« Es schien sie jetzt eine Anstrengung zu kosten, auch nur den Namen wiederzuerkennen. »Ich glaube, er ist unterwegs. Jemandes Datenanschluß, jemandes Fernseher. Du weißt, wie es geht.«
    Vielleicht wurde sie taub. »Nicht wo, Mutter – wie geht es ihm?«
    »Scudder? Flink wie ein Eichhörnchen. Jedenfalls keine gegenteiligen Bemerkungen.«
    Wie immer, die eingefleischte Gleichgültigkeit von sechsunddreißig Jahren unheiliger Ehe. Alles bis aufs Haar genau. Aber sie wurde nicht taub. Und er konnte die Untertitel so gut lesen wie jeder andere. Wenn sie ihm das erste Mal nicht geantwortet hatte, dann deshalb, weil sie nicht gewollt hatte.
    Natürlich mußte sie eine Veränderung in seinem Vater bemerkt haben, falls es eine solche gegeben hatte, und zumindest einen Anschein von Sorge erkennen lassen, nach sechsunddreißig Jahren. Vielleicht also war es das. Vielleicht war Scudder krank.
    »Ich werde kommen.«
    »Wirklich?«
    »Ich werde am Montag kommen.« Keine Frage. Wenn Scudder krank war, wenn sein Vater krank war, war es nicht mehr als seine Pflicht und Schuldigkeit. »Das ist der Goldene Huppeltag, in Gottes Namen. Ich werde am Montag kommen.«
    »Und die Woche bleiben?«
    Sein Vater krank. Womöglich lag er im Sterben. »Und die Woche bleiben. Natürlich.«
    Maudie befingerte ihren besten Sohntags-Seidenschal. »Ich fragte nur wegen des Zimmers.« Sie schien auf einmal schüchtern, als bedauere sie ihren Eifer. »Nicht, daß es an Platz fehlte, aber ich werde eins herrichten müssen.«
    »Das wäre großartig. Ich freue mich darauf.«
    Er konstruierte bereits Begründungen. Siebzehn und siebzehn, ein Wendepunkt … vielleicht der rechte Zeitpunkt, um zurückzukommen, sich ein für allemal zu befreien, und dann weiterzumachen. Klare Verhältnisse schaffen. Unsentimental, einem kranken, vielleicht sterbenden Vater bei weitem vorzuziehen. Und siebzehn war wirklich eine merkwürdige, sonderbare Zahl.
    »Ich würde dich niemals drängen, Junge«, sagte Maudie abwiegelnd. »Nicht, wenn du zu tun hast.«
    »Ich werde Arbeit mitbringen. Ihr habt doch Bildschirm-Querverbindungen, nicht?«
    »Zehn Kanäle. Darauf kannst du dich bei Scudder verlassen.«
    »Dann werde ich also meine Arbeit mitbringen. Bis Montag, dann. Um die Mittagszeit.«
    »Nur, wenn du auch wirklich nichts Besseres vorhast,
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