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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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bittende Ausdruck des Menschen in der rechten Hälfte des Bildes, die wie flehend ausgestreckten Hände, das Sinnbild eines Kindes, das eben den ersten Funken der Intelligenz gesehen hat; auf der anderen Seite wissend, ja weise der Erste Aggressor – zumindest interpretierte man den Ausdruck in den Zügen des Ersten Aggressors so, und Ronnegart war überzeugt, daß die Interpretation stimmte. Der Erste Aggressor war zwei Köpfe größer als der Mensch auf dem Bild – seinen Körper aus grünem Gallert umschloß ein Gewand, das bis zum Boden reichte und seine Füße verdeckte. Sein Schädel war rund, mit schwarzen Knopfaugen und kurzen Antennen. Im Inneren des Kopfes befanden sich rote, knotige Stricke, die Hauptstränge der Nerven. Er hatte keine Lider und keine Haare, und wäre man nicht an den Anblick des Aggressors gewöhnt gewesen, so hätte man an einen schwachsinnigen Wasserkopf denken können. Die Tatsachen jedoch leugneten auch nur die geringste Spur von Schwachsinn; die demütige Haltung von Oberst Beauregard auf dem Bild bewies den Rest.
    Ein Gong ertönte, und das Pausenzeichen verschwand. Ein menschlicher Sprecher mit markanter Stimme erschien. Er begrüßte die Zuschauer, dann kündigte er das Programm an:
    »Heute Abend zeigen wir Ihnen ein Beispiel der Vollkommenheit des Ersten Aggressors und seines Staates. Am Exempel eines Hochverräters werden wir die Arbeitsweise und Unfehlbarkeit des Staates demonstrieren, persönliche Inquisition wird zu Ihrer Erbauung den Abend beschließen.«
    Wieder ertönte der Gong, während das Gesicht des Sprechers verschwand. Ronnegart nickte zufrieden. Es würde unterhaltsam werden und ihn von seinen Gedanken ablenken.
    Das Bild zeigte nun ein gigantisches, rundes Gebäude, über dem Dutzende von Fahrzeugen in der Luft schwebten, fuhr im Inneren des Gebäudes die Gänge entlang.
    »Dies ist die Zentralkartei des Staates in London. Hier werden sämtliche Daten erfaßt, die den Staat jemals interessieren könnten. Die Rechenmaschine vor Ihnen ermittelt in Sekundenbruchteilen die Antwort auf jede sinnvolle Frage. Hier wurde zum ersten Male die Fährte des Verräters aufgenommen, von dem wir Ihnen berichten wollen. Und damit, meine Damen und Herren, sind wir beim Fall
     
    Walter
    Ronnegart «
     
    Der Name flimmerte über den Bildschirm, und Ronnegart starrte wie hypnotisiert auf die Worte. Dann verschwand der Text, und er starrte in sein Gesicht, das der Spion auf dem Fernsehempfänger photographierte. Seine Augen traten aus ihren Höhlen, sein Mund stand offen, und das Entsetzen brannte rot auf seinen Wangen. Der Spion hob sich vom Fernsehapparat, schwebte langsam in einem Kreis um Ronnegart. Plötzlich brach Ronnegart der Schweiß aus, war auf der Stirn, in seinem Nacken. Seitlich von ihm hielt der Spion an, zeigte sein Profil.
    »Sehen Sie sich den Verräter an!«
    Ronnegart schüttelte schwach den Kopf, schloß die Augen.
    »Wie Sie selbst bemerken, zeigt er keine Spur von Reue, nicht die geringste Einsicht«, zischte die Stimme.
    Wie war das möglich? Wieso brachten sie den Fall eines Bewährten ersten Grades auf dem Bildschirm? Sie trafen doch damit ihr eigenes System. Sie gaben zu, daß sie eine falsche Auswahl getroffen hatten, daß sie ergebene Beamte nicht von Verrätern zu unterscheiden vermochten. Ronnegart, der sich halb erhoben hatte, sank zurück.
    Bild und Text gingen über ihn hinweg, beschäftigten sich mit seinem Vorleben. Eine scheinbar normale Erziehung im Kinderhort wurde geschildert, das Heranwachsen, die Zeit der Prüfungen. Gute Leistungen wurden ihm mit höhnischer Stimme bescheinigt; mehrmals zeigte sich als Schatten im Hintergrund die Zentralkartei; man sah Leute, die Formulare in der Hand wogen und überraschte Gesichter machten.
    Der Film war sauber gemacht. Langsam steigerte er die Spannung, indem er die Fakten beinahe zögernd preisgab. Die Drohung in Ronnegarts Leben kam aus dem Umstand, daß es absolut normal verlaufen, daß es makellos war. Jeder hätte dieses Leben führen können und wäre stolz darauf gewesen. Wo war der Haken, was mußte man vermeiden, um nicht wie Ronnegart zu enden?
    Zwischendurch sah man immer wieder Bilder von Ronnegart, wie er schweißgebadet auf dem Bett lag, die Augen krampfhaft zur Decke gerichtet. Den Fernseher wagte er nicht auszuschalten.
    »Er verrichtete seine Arbeit mit der Pünktlichkeit und Ergebenheit«, sagte der Sprecher, »die man von ihm erwarten konnte.«
    Ronnegart wurde gezeigt, wie er sich
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